160 Jahre Sparkasse in der Vulkaneifel

„Immer an der Seite der Menschen - in guten wie in schlechten Zeiten"

Klaus Schäfer / Alois Manstein, Gerolstein

Heute gehören Sparkassen zum alltäglichen Leben nicht nur in der Eifel ganz selbstverständlich dazu. ,Gefühlt' hat es sie schon immer gegeben. Und dieses Gefühl ist auch gar nicht so schlecht, denn die breite Gründungswelle der Sparkassen fällt in die Mitte des 19. Jahrhunderts. Der Kreis Daun ist auch damals schon durchaus auf der Höhe der Zeit, denn auch hier fällt der ,Sparkassen-Startschuss' bereits 1855.

Wie beginnt die Sparkassengeschichte in Deutschland? Die ersten deutschen Sparkassen werden in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts ursprünglich auf Initiative von Landesherrschaften oder Privatleuten gegründet, um ärmeren Bevölkerungsschichten zu ermöglichen, eine langfristige, sichere und verzinsliche Rücklage für die Bewältigung der Widrigkeiten des Lebens (Krankheit, Alter etc.) zu bilden. Vorläufer der Sparkasse sind Waisenkassen und Leihhäuser, wie beispielsweise die 1749 von der Reichsabtei Salem zur Verwaltung von Waisenrenten eingerichtete Kasse und das Herzoglich-Braunschweigische Leihhaus, das 1765 gegründet wird. Sie entstehen unter Staats- oder Gemeindegarantie mit besonderer Rücksicht auf die vermögenslosen Volksklassen zur Verzinsung ihrer kleinsten Kapitaleinlagen.

Der gesellschaftliche Wandel im Zuge der Industriellen Revolution in Deutschland ist im 18./19. Jahrhundert enorm und bringt massive Veränderungen: Überbevölkerung, Landflucht, Massenarmut und Wegfall zahlreicher traditioneller Vor- und Fürsorgeeinrichtungen. In den großen Handelsstädten sind die Vorzeichen dieses Wandels zuerst erkennbar. Daher ist es nicht erstaunlich, dass dort schon früh Sparkassen gegründet werden. Eine der ersten modernen Sparkassen entsteht 1778 als „Ersparungscasse" der „Hamburgischen Allgemeinen Versorgungsanstalt". Sie gibt auch an Dienstboten, Tagelöhner und Seeleute Sparbücher aus, so dass auch „einfache Leute" ihr Erspartes sicher und gegen Zins anlegen können.

Daun: Geschäftstätigkeit ab 1855

Mitte des 19. Jahrhunderts verbreitet sich dieses Modell immer schneller in allen Landesteilen. Auch die ländliche Eifel folgt rasch der Entwicklung in den städtischen Ballungsräumen. 1855 fällt der „Startschuss" für die Gründung der Sparkasse - exakt am 24. April 1855 verabschieden die Kreisstände das erste gültige Statut.

Wie gestaltet sich die politische Lage damals? Nach dem Wiener Kongress von 1815 gehen die bis dahin unter französischer Herrschaft stehenden linksrheinischen Gebiete an das Königreich Preußen. Ein Jahr später nimmt die königliche Regierung in Trier ihre Arbeit auf und wieder ein Jahr danach wird der sich gerade gebildete Kreis Daun Dienstsitz eines Landrats.

Zunächst entstehen in den preußischen Landen westlich des Rheins Stadtsparkassen, 1822 in Koblenz, 1825 in Trier, 1829 in Aachen. Erst ab 1850 werden die ersten Kreissparkassen gegründet. Am 12. November 1853 fasst der Dauner Kreistag einen wegweisenden Beschluss - hier ein Originalzitat:

„Von den Kreisständen wird das nochmals vorgelegte Statut einer Sparkasse für den Kreis Daun definitiv genehmigt und der Rendant in der Person des Steuereinnehmers Bohlen, die beiden Curatoren außer dem Landrath aber, in den Personen des Gutsbesitzers Nikolaus Hölzer und des Bürgermeisters Carl Becker, beide von Daun, bestimmt. Es wird gewünscht, die Sparkasse recht bald ins Leben treten zu lassen."

Es dauert dann doch noch bis zum 24. April 1855, bis der Kreistag ein neues Statut verabschiedet, unterzeichnet vom Königlichen Landrat Dr. Aschenborn und 13 Kreistagsmitgliedern. Das ist der Startschuss für eine inzwischen 160jährige Erfolgsgeschichte von 1855 bis 2015! Damit alles seine Ordnung hat, gibt es auch von oberster Stelle grünes Licht: der preußische König Friedrich Wilhelm erteilt mit dem Datum des 9. August 1856 seine Genehmigung. Die Kreissparkasse Daun ist übrigens bei der Aufnahme des Geschäftsbetriebes im Jahr 1855 ein Vorreiter in der weiteren Region - lediglich die Kreissparkasse Zell existiert schon seit 1853. Die Kreissparkassen in den angrenzenden Kreisen werden erst später ins Leben gerufen - Mayen 1856, Cochem 1860, Ahrweiler 1865 und Bitburg 1902.

Statut • 1855

Notariatsurkunde 1880

Quittungsbuch • 1868

1855: Impressionen eines Jahres

Was ist das eigentlich für eine Zeit damals, was bewegt die Menschen? Das Jahr 1855 beginnt für die Menschen in Norddeutschland mit der Neujahrsflut, die besonders auf den Ostfriesischen Inseln und im Alten Land viele Deiche brechen lässt und schwere Überschwemmungen bringt. Einige Monate später eröffnet Hamburg als erste Stadt auf dem europäischen Kontinent eine Warmbadeanstalt mit insgesamt 65 Wannenbädern, die gegen ein geringes Entgelt genutzt werden können. In Berlin gibt es den nächsten Meilenstein: Der Drucker und Verleger Ernst Theodor Amandus Litfaß stellt in Berlin 100 Anschlagsäulen für Außenwerbung auf, die später nach ihm benannten „Litfaßsäulen". Und im Rheinland wird sogar fast ein Jahrtausendereignis gefeiert: Mit der Eröffnung der Dombrücke (die spätere Hohenzollernbrücke) gibt es in Köln zum ersten Mal seit über 900 Jahren wieder ein feste Brücke über den Rhein. Außerdem folgen in diesem Jahr, das international durch den Krimkrieg geprägt ist, noch zwei weitere Neuerungen, die für uns heute selbstverständlich sind: Robert Wilhelm Bunsen erfindet den Bunsenbrenner, und erstmals werden Wetterkarten veröffentlicht.

Gemessen an einer Bilanzsumme von über 800 Millionen Euro für das Jahr 2015 erscheinen die ersten bekannten Zahlen aus der Sparkasse Daun unfassbar bescheiden: 1857 betragen die Spareinlagen 917 Thaler und 20 Silbergroschen. In Dokumenten zur Entwicklung des Kreises Daun finden sich weitere Impressionen aus den Anfängen der Finanzgeschäfte in Daun:

„Die 1855 von den Ständen des Kreises Daun errichtete Kreis-Sparkasse hat in den ersten 20 Jahren ihres Bestehens ein recht bescheidenes Dasein geführt. In einer so armen Gegend wie dem Kreis Daun, in dem die Erwerbsmöglichkeiten durchaus ungünstig lagen, konnte sich die Sparkasse auch nur sehr langsam entwickeln. Die Geldgeschäfte lagen meistens in den Händen von Privatpersonen, die Darlehen gewährten und Steigprotokolle handelten. Der Kassenbestand betrug 1859 bei der Übergabe an den neuen Rendanten 287 Reichsthaler 26 Groschen 11 Pfennig. Die Summe der Ausleihungen belief sich auf 1.120 Reichsthaler."

Sparkassenbuch

Grundsätze Kuratorium •

Die Summen sind also damals durchaus überschaubar. Auch die Einwohnerzahl ist deutlich geringer - es gibt im Kreisgebiet etwa halb so viele Einwohner wie heute. Im Geschäftsbericht der Kreissparkasse Daun für das Jubiläumsjahr 1955 wird ein Eindruck der damaligen demographischen Tatsachen vermittelt:

„Im Jahre der Gründung unserer Sparkasse 1855 zählte der Kreis Daun rd. 25.000 Einwohner. Dabei war Hillesheim mit 1.016 Einwohnern der größte und bedeutendste Ort des Kreises. Dann folgte Gerolstein mit 804 Einwohnern und erst an dritter Stelle Daun mit 760, dicht gefolgt von Mehren mit 754 Einwohnern."

Kaiserreich, Krieg und Krise

Die Sparkassen-Idee setzt sich auch im 1871 gegründeten Deutschen Reich unaufhaltsam durch. Sind es 1860 noch etwa 1.200 Institute, steigt die Zahl der Sparkassen bis zum Jahr 1900 auf rund 2.700. Auch wenn jedes Institut durchschnittlich wenig mehr als drei Zweigstellen hat, entsteht ein dichtes Filialnetz. Schon damals kommt auf etwa 7.000 Einwohner eine Sparkassenstelle. Die große Kundennähe drückt sich auch in einer anderen Zahl aus: Statistisch gesehen besitzt in dieser Zeit fast jeder dritte Deutsche ein Sparkassenbuch. Vernetzung ist auch damals schon ein Thema - 1884 wird der Deutsche Sparkassenverband als reichsweite Interessenvereinigung gegründet.

Auch in Daun weitet sich die Geschäftstätigkeit der Sparkasse aus. Am Ende des Jahres 1874 betragen die Spareinlagen immerhin schon 58.182 Thaler, die Ausleihungen belaufen sich auf 56.374 Thaler.

„Trinker und Wucherer erhalten keine Darlehen."
Grundsätze für das Kuratorium der Sparkasse
des Kreises Daun aus dem Jahr 1886

Nach und nach werden Nebenstellen der Dauner Sparkasse eingerichtet, und das Vertrauen der Eifeler in die Geldinstitute wächst sprunghaft. Zum Jahresende 1893 gibt es 1.500 Sparkonten mit Einlagen von insgesamt einer Million Mark! 1904 werden separate Geschäftsräume im neuen Gebäudekomplex des Landratsamtes bezogen. Kurz danach wird Jakob Karls aus Daun als zweiter hauptamtlicher Bediensteter eingestellt. Zum 50jährigen Bestehen der Sparkasse in Daun lässt sich eine sehr erfreuliche Bilanz ziehen: Sie verwaltet zum Ende des Jahres 1905 insgesamt 3 Millionen Mark Spareinlagen. Das Geschäft floriert und 1908 wird Peter Schäfer als dritte Kraft für die Sparkasse eingestellt.

Kriegssparbuchkarten • 1914-18

Das Leistungsspektrum der Sparkassen erweitert sich Schritt für Schritt: Der Giroverkehr wird eingeführt und 1909 das erste Überweisungsnetz organisiert. Damit können die Institute allen ihren Kunden nicht nur eine neue, zeitgemäße Dienstleistung bieten. Die Sichteinlagen auf den Girokonten ermöglichen es ihnen auch, vermehrt kurzfristige Kredite an kleine und mittlere Unternehmen zu vergeben. Während des Ersten Weltkrieges kommt das Wertpapiergeschäft als wichtiges neues Geschäftsfeld hinzu. In dieser Zeit wird die Bevölkerung zur vordringlichen Zeichnung von Kriegsanleihen aufgerufen. Nach dem Ende des Ersten Weltkriegs 1918 setzt sich das Wachstum der Sparkassen fort. Der nächste „Modernisierungsschub" ist in den 20er Jahren die Aufnahme des bargeldlosen Zahlungsverkehrs. Allerdings beeinträchtigt die zunehmende Geldentwertung, die in der „Hyperinflation" von 1923 kulminiert, das Spar- und das Hypothekengeschäft sehr stark. Das Ruhrgebiet ist in dieser Zeit von französischen Streitkräften besetzt, und die Versorgung des Rheinlands mit Zahlungsmitteln aus dem Reich wird zunehmend schwieriger. Die Kommunen müssen Notgeld in Stückelungen bis zu 20-Billionen-Mark-Scheinen drucken. Auch im Kreis Daun ist dies die einzige Lösung, um die Wirtschaft in Gang halten zu können. Ende 1923 wird die Rentenmark eingeführt. Der Umrechnungskurs: Aus einer Billion Mark wird eine (!) Rentenmark.

Trotzdem geht es weiter voran - auch in der Ei-fel: Zwischen 1920 und 1925 kommt die Sparkasse ihren Kunden näher und eröffnet drei zusätzliche, hauptamtlich besetzte Zweigstellen in Gerolstein, Jünkerath und Hillesheim. 1920 erfolgt in Daun die Einführung des Depositen-und Kontokorrentverkehrs unter Verwendung von Schecks und Giroüberweisungen.

Nachdem sich die Währungsverhältnisse 1923/24 stabilisieren, beginnt für die Sparkassen und ihre Kunden in ganz Deutschland eine kurze Zeit der Normalisierung. Im Vertrauen auf die neue Währung - zunächst die Rentenmark und dann die Reichsmark - fangen die Menschen bald wieder an zu sparen. Man spricht damals sogar von einem „Sparwunder". Die Sparkassen fördern das Sparen in den Zwanzigerjahren dadurch, dass sie ihre Werbung intensivieren und dabei neue Wege beschreiten, zum Beispiel indem sie die Kinoleinwand als Medium für sich entdecken.

Ein weiterer, bis heute aktueller Meilenstein der Sparkassengeschichte folgt 1925 - der Weltspartag. Erfunden wird er im Herbst 1924 auf dem internationalen Sparkassenkongress in Mailand. Von da an soll er jedes Jahr am 31. Oktober begangen werden. Mit Rücksicht auf den Reformationstag findet der Weltspartag in Deutschland am 30. Oktober beziehungsweise am letzten Werktag im Oktober statt. Im Laufe der Jahre schließen sich immer mehr Kreditinstitute an.

Kassenraum in Daun • 1930

Die Sparkassen erweitern im Verlauf der 20er-Jahre ihre Produktpalette und entwickeln sich zu Allfinanz-Anbietern. In Zusammenarbeit mit den öffentlichen Versicherungsgesellschaften offerieren sie Versicherungen aller Art. Seit 1929 können die Kunden bei ihrer Sparkasse zudem Bausparverträge bei den neu gegründeten Landesbausparkassen abschließen.

Die „Goldenen Zwanziger" enden im Herbst 1929, als die Weltwirtschaft am „Schwarzen Freitag" in eine Krise von bis dahin nicht gekanntem Ausmaß stürzt. Deutschland gehört zu den Ländern, die am härtesten betroffen sind. Industrieproduktion und Investitionen schrumpfen beträchtlich und die Arbeitslosigkeit steigt dramatisch. Auch die Sparkassen und die Girozentralen werden von dem allgemeinen Vertrauensverlust in die Kreditwirtschaft erfasst. Dank ihres Zusammenhalts und der Hilfe der Reichsbank gelingt es ihnen aber, die bis 1932 andauernde Liquiditätskrise zu überwinden.

In Daun kann die Sparkasse zum 75-jährigen Bestehen im Jahr 1930 Einlagen in Höhe von 2,9 Millionen Reichsmark verbuchen und verwaltet 3.510 Sparkonten.

Als Reaktion auf die Krise erlässt die Reichsregierung eine Reihe von gesetzlichen Regelungen, die für die Sparkassen und ihre Kunden auch heute noch von großer Bedeutung sind. Die wichtigste von ihnen ist, dass die bislang als rechtlich unselbständige Gemeindeeinrichtungen organisierten Sparkassen in selbständige Anstalten des öffentlichen Rechts umgewandelt werden. Der Sicherheit der Kunden dient auch der gesetzliche Schutz der Bezeichnung „Sparkasse". Seit 1931 dürfen sich nur öffentlich-rechtliche Institute „Sparkasse" nennen. Seinen Abschluss findet der durch die Bankenkrise motivierte Modernisierungsschub im Kreditwesengesetz von 1934. Darin wird die seit der Jahrhundertwende erfolgte Ausweitung der Sparkassengeschäfte bestätigt und anerkannt, dass die Sparkassen den Banken gegenüber gleichberechtigte Kreditinstitute sind.

Deutsche Währungen aus 160 Jahren

Nach dem Ende des Deutsch-Französischen Krieges wird im Januar 1871 das Deutsche Reich gegründet. Bereits im Dezember dieses Jahres beschließt der Reichstag das erste Reichsmünzgesetz. Die in 100 Pfennige unterteilte einheitliche Mark löst den Thaler und Gulden ab. Danach gibt es in Deutschland noch einige Währungsreformen, die Währungsunion nach der Einheit und um die Jahrtausendwende die Euro-Einführung.

Hier die wichtigsten Kapitel der deutschen Währungsgeschichte:

Thaler • ab 1855

Jahrhundertelang sind Thaler und Groschen neben Gulden und Kreuzern die wichtigsten Münzen in Europa. Der verkürzte Name leitet sich vom ersten Herstellungsort ab, der Stadt Joachimsthal im Erzgebirge.

Mark • ab 1871

Nach der Reichsgründung wird das Reichsmünzgesetz beschlossen und die in 100 Pfennige unterteilte Mark als einheitliche Reichswährung eingeführt. Der Name kommt von der germanischen Gewichtseinheit Mark.

Inflationsgeld • 1923

Als Folge der Reparationsforderungen nach dem Ersten Weltkrieg verliert die Mark als Währung fast ganz ihren Wert. Erst sind noch Scheine für Hunderttausend Mark ausreichend, später werden Billionen-Mark-Banknoten mit 12 Nullen gedruckt.

Rentenmark • 1923

Die Inflation führt zu immer größeren Geldwertverlusten. Erst die von der Deutschen Rentenbank ausgegebene Rentenmark bringt Stabilität und löst die Papiermark im Verhältnis 1:1 Billion ab.

Reichsmark • ab 1924

Das offizielle Zahlungsmittel im Deutschen Reich ist von 1924 bis 1948 die Reichsmark. Sie wird mit der Währungsreform in den Westzonen und den Westsektoren Berlins durch die Deutsche Mark im Verhältnis 10:1 ersetzt.

Deutsche Mark • ab 1948

Als Vorläufer der ,Deutschen Bundesbank' gibt die ,Bank deutscher Länder' die neue Währung aus. Das Aussehen der Scheine und Münzen verändert sich im Lauf der Jahre - bis 1975 gibt es sogar noch 5-Mark-Stücke mit Silberanteil.

Euro • seit 2002

Im Zuge der Europäischen Einigung wird der Euro 1999 als Buchgeld eingeführt. Seit 2002 ist er auch als Bargeld im Umlauf und löst in vielen Ländern die nationalen Währungen ab. Ein Euro entspricht exakt 1,95583 DM.

Zerstörung und Wiederaufbau

Der Zweite Weltkrieg hinterlässt auch in der Eifel deutliche Spuren. Nach der Ardennenof-fensive der Alliierten muss sich die deutsche Wehrmacht zurückziehen - dadurch verlagert sich die Front ab Mitte 1944 in die Eifel. Besonders in der Bombennacht vom 19. Juli 1944 sind in Daun viele Opfer und schwere Zerstörungen zu beklagen. Das Zweigstellengebäude in Jünkerath wird im Krieg völlig zerstört.

Nach Kriegsende lassen die Westalliierten die rechtlichen Strukturen der Sparkassen und der Landesbanken/Girozentralen in ihren Zonen unangetastet. Die Institute können, soweit die Nachkriegssituation es zulässt, ihre Geschäfte ungehindert weiterführen. Ein wichtiger Einschnitt im wirtschaftlichen Leben der Menschen ist vor allem die Währungsreform mit der Einführung der DM, die die Reichsmark ablöst. Am 20. Juni 1948 gibt es ein „Kopfgeld" von 40 DM für jeden. Viele Eifeler versorgen sich an den Schaltern der Sparkasse. Gleichzeitig werden alle Konten und Depots auf die neue Währung umgestellt - allerdings mit enormen Verlusten: Es gilt das Verhältnis 100 zu 6,5, das heißt dem Kontoinhaber blieben von ersparten 100 Reichsmark gerade einmal 6,50 DM.

Die Startposition für die Sparkasse Daun ist bei der Umrechnung aller Konten überschaubar: Aus dem Bestand an Kundeneinlagen in Höhe von 48,1 Millionen Reichsmark werden 2,6 Millionen DM.

Der Wiederaufbau kann langsam beginnen und hat mit der Gründung der Bundesrepublik Deutschland 1949 auch wieder einen stabilen staatlichen Rahmen. Für die Sparkassenkunden erweitern sich die Dienstleistungsangebote. Der Bedarf an vielen Dingen des täglichen Lebens ist groß; ab 1952 werden viele Anschaffungen mit der Aufnahme des Konsumentenkredites als Teilzahlungsdarlehen erst möglich.

Im Kreis Daun zeigt sich der Wiederaufbau auch im wahrsten Sinne des Wortes bei der Sparkasse: 1953 kann die Zweigstelle Jünkerath das neu gebaute Geschäftsgebäude beziehen, in Gerolstein und Hillesheim wird 1955 der Grundstein für die dortigen Neubauten der Zweigstellen gelegt, die zwei Jahre später bezogen werden. 1955 ist auch ein ganz besonderes Jahr - das 100jährige Bestehen der Sparkasse kann gefeiert werden. 11,4 Millionen DM Einlagen und 11,7 Millionen Ausleihvolumen sind eine bisher nie erreichte Bilanzsumme.

Und es geht aufwärts: Immer mehr Unternehmen zahlen Löhne und Gehälter bargeldlos. Die Zahl der Girokonten für Privat- und Geschäftskunden bei den Sparkassen steigt rapide. 1958 sind es in Deutschland etwa 4,7 Millionen, 1960 schon sechs Millionen und 1970 über 15 Millionen Girokonten, davon 12,7 Millionen von Arbeitnehmern und Rentnern.

Die Bildung von Vermögen wird durch das 1959 verabschiedete Sparprämiengesetz auch für Bezieher kleiner und mittlerer Einkommen möglich, die staatliche Förderungsleistungen in Anspruch nehmen können.

Die Sparkasse in Daun nach einem Bombenangriff • 1944

Wirtschaftswunder und Wachstum

Durch die Zerstörungen des Weltkrieges ist der Wohnungsbau eine der dringendsten Aufgaben beim Wiederaufbau. Die Nachkriegszeit bringt vielen Menschen sichere Arbeitsplätze und kann zahlreichen Familien den Wunsch nach den ,eigenen vier Wänden' erfüllen. Dabei spielen die Sparkassen überall im Land eine entscheidende Rolle: Sie finanzieren etwa jede dritte neue Wohnung. Rechnet man die Leistungen der Landesbanken/Girozentralen und der Landesbausparkassen hinzu, so sind die Institute der Sparkassenorganisation sogar an der Finanzierung jeder zweiten fertiggestellten Wohnung beteiligt. Sowohl kriegsgeschädigte Unternehmen wie auch Privatpersonen - darunter auch viele Flüchtlinge und Vertriebene - bekommen Kredite als Starthilfe für eine neue Existenz.

Im weiteren Verlauf der 1950er-Jahre werden die Sparkassen zu einem der Träger des „Wirtschaftswunders". Dank der ständig steigenden Sparleistungen ihrer Kunden können sie verstärkt Mittel für die wachsende Kreditnachfrage der kleinen und mittleren Unternehmen, der Kommunen und der privaten Haushalte bereitstellen. Speziell um die Konsumwünsche von breiten Bevölkerungskreisen zu erfüllen, führen die Sparkassen 1952 den „Kaufkredit", ein Teilzahlungsdarlehen, ein.

Das Vermögensbildungsgesetz von 1961 („312-Mark-Gesetz") entspricht ebenfalls dem Wunsch der Sparkassen, die Vermögensbildung auf breiter Basis zu fördern. Doch erst das Zweite Vermögensbildungsgesetz von 1965 greift eine zentrale Forderung der Sparkassen auf. Da es die Aufnahme vermögenswirksamer Leistungen in die Tarifverträge ermöglicht, steigt die Zahl der Arbeitnehmer, die solche Leistungen in Anspruch nehmen, sprunghaft an.

Vom Sparbuch abgesehen, nutzen bis weit in die 1950er-Jahre hinein die meisten Bundesbürger kaum Bankprodukte. Dies ändert sich, als seit 1957 immer mehr Unternehmen dazu übergehen, Löhne und Gehälter zu überweisen, statt sie ihren Mitarbeitern bar auszuzahlen. Arbeiter und Angestellte richten nun Girokonten ein und werden dadurch erst „bankfähig". Die Zahl der Giro- konten für Privat- und Geschäftskunden bei den Sparkassen in Deutschland steigt rapide. 1958 sind es etwa 4,7 Millionen, 1960 schon sechs Millionen und 1970 über 15 Millionen Girokonten, davon 12,7 Millionen von Arbeitnehmern und Rentnern.

Den Slogan kennt ab 1963 jeder: „Wenn's um Geld geht ... Sparkasse". Und das ist nicht nur ein eingängiger Spruch, sondern fasst in einem Satz die immer vielfältigeren Finanzdienstleistungen zusammen. Mit Produkten wie der Scheckkarte und dem Sparkassenbrief (1967), dem Dispositionskredit (1968), der Sparkassenobligation (1970) und der Eurochequekarte (1972) bietet auch die Kreissparkasse Daun ihren Kunden immer mehr moderne Bankdienstleistungen.

Im Zuge dieser Entwicklung sind auch Veränderungen notwendig, um die steigende Zahl der Kunden in einer modernen Umgebung bedienen zu können. 1960 kann das neue Geschäftsgebäude der Hauptstelle Daun bezogen werden. Gleichzeitig kann sich die Bilanz sehen lassen: 24,7 Millionen Kundeneinlagen und insgesamt 26.100 Kundenkonten sind ein neuer Rekord. Buchungsmaschinen werden schrittweise eingeführt, und 1966 startet mit der Inbetriebnahme von zwei fahrbaren Zweigstellen ein bis heute einzigartiges Angebot im Kreisgebiet: Die Sparkasse kommt mit ihrem Serviceangebot vor Ort zu den Menschen, die nicht so mobil sind. Der technische Fortschritt geht weiter: 1967 wird in Daun eine eigene EDV-Anlage mit dem eindrucksvollen Namen „Bull GAMMA 10" installiert.

Maschinenbuchhaltung • 1960

Maschinenbuchhaltung • 1960

Fahrbare Geschäftsstelle • 1960er-Jahre

Die Automatisierung des Zahlungsverkehrs setzt sich unaufhaltsam fort: Bereits 1968 installiert die Sparkasse in Tübingen den ersten Geldausgabeautomaten Deutschlands. Ein gutes Jahrzehnt später beginnen die Sparkassen mit dem Aufbau ihres bundesweiten Automatennetzes, das heute mit über 25.700 Geräten das dichteste im Land ist. Auch den inzwischen selbstverständlichen Service, Kontoauszüge selbst auszudrucken, können 1975 in Deutschland erstmals Sparkassenkunden nutzen.

Sondermünze für das 125jährige Jubiläum • 1980

125jähriges Jubiläum • 1980

In der Eifel erweitert sich die regionale Präsenz der Sparkasse Daun. Sie übernimmt im Zuge der kommunalen Gebietsreform 1976 die Zweigstellen Birresborn, Stadtkyll und Hallschlag von der Kreissparkasse Bitburg-Prüm und 1977 die Zweigstellen Kelberg und Uersfeld von der Kreissparkasse Mayen. Im Jubiläumsjahr 1980 verfügt die Kreissparkasse Daun damit zum 125jährigen Bestehen über insgesamt 23 stationäre und zwei fahrbare Zweigstellen. Die gesamten Kundeneinlagen in diesem Jahr belaufen sich auf knapp 390 Millionen DM - die Zahl der Kundenkonten steigt auf 98.000.

Die Erweiterung des Zweigstellennetzes und die Ausweitung des Geschäftsvolumens erfordern organisatorische und technische Veränderungen. Schon 1967 stellt die Kreissparkasse Daun das Rechnungswesen mit der Anmie-tung einer lochkartenbasierten EDV-Anlage auf die neue elektronische Verarbeitungstechnik um. 1975 schließt sie sich dem Sparkassenrechenzentrum Trier an, mit dem sie über Bildschirmerfassungsgeräte online verbunden ist. In der Hauptstelle kann 1979 der erste Geldausgabeautomat IBM 3014 in Betrieb genommen werden. In den 80er Jahren werden dann mit dem Einsatz von Bildschirmtext (BTX) die ersten Schritte des später weit verbreiteten „Online-Banking" realisiert.

Einheit, Euro und E-Commerce

Nach dem „Mauerfall" gelingt es erstaunlich schnell, in den fünf neuen Bundesländern ein leistungsfähiges Sparkassennetz aufzubauen und fest in die Strukturen der Sparkassen-Finanzgruppe zu integrieren. Möglich wird dies durch eine beispiellose solidarische Anstrengung der gesamtdeutschen Sparkassenorganisation und ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Jeder ostdeutschen Sparkasse stehen seit 1990 Betreuungssparkassen aus der „alten" Bundesrepublik zur Seite. Die Kreissparkasse Daun unterstützt intensiv ihre Partnersparkasse in Neuhaus am Rennweg in Thüringen. Konkret heißt das nach Deutscher Einheit und Währungseinheit: Versorgung mit banktechnischen Geräten und Büromaschinen, Entsendung von Personal und Unterstützung bei der Aus- und Weiterbildung.

Die 1990er-Jahre stehen nicht nur im Zeichen der Wiedervereinigung. Der technische Fortschritt, insbesondere der Siegeszug des Computers, beginnt das Bankgeschäft zu revolutionieren. Zu der Geschäftsstelle als gewohntem Ort des Kontakts zwischen Bank und Kunde kommen neue Kommunikations- und Vertriebskanäle - zunächst das Telefon und später das Internet. Auch bei der Kreissparkasse Daun verändert die Digitalisierung der Finanzdienstleistungen die internen Arbeitsabläufe und das Kundengeschäft rasant. Von den ersten PC-Arbeitsplätzen Ende der 80er Jahre über den Webauftritt bis zum Mobile Banking und der Nutzung der Sparkassen-App gibt es immer neue technologische Möglichkeiten, die Bankgeschäfte schnell und sicher zu erledigen. Im Gegensatz zu den „Direktbanken", die ausschließlich über digitale Medien arbeiten, bleibt die Sparkasse ihrem Geschäftsmodell auch im 21. Jahrhundert treu. Jeder Kunde kann selbst entscheiden, ob und bei welchen Gelegenheiten er die Geschäftsstelle aufsucht oder anderen Wegen der Kontaktaufnahme den Vorzug gibt.

Apps für Online-Banking und Immobilien • 2009

Beim Zusammenwachsen Europas ist die EuroBargeldeinführung zum 1. Januar 2002 ein wichtiger Meilenstein. Wie in ganz Deutschland holen sich auch die Vulkaneifeler ihre „EuroStarter-Kits" bei der Sparkasse ab, und pünktlich zum Jahreswechsel 2001/2002 können sie an den Geldautomaten die neuen Euro-Geldscheine erhalten. Das Zeitalter „€" beginnt.

Kreissparkasse Vulkaneifel: Seit 1855 mitten im Leben

Die innovative Lösung der Sparkassengründer in Daun - genauso wie in ganz Deutschland -besteht darin, es auch Personen mit geringem Einkommen und Vermögen zu ermöglichen, kleine Geldbeträge sicher und verzinslich anzulegen, damit sie Rücklagen für Notzeiten bilden oder einen Kapitalstock für die Existenzgründung sammeln können. Damit legen sie 1855 - ohne dies auch nur annähernd ahnen zu können - den Grundstein für ein Erfolgsmodell, das auch noch im 21. Jahrhundert mehr als die Hälfte der Menschen im Kreis überzeugt.

Seit 160 Jahren trägt die Sparkasse in der Vulkaneifel auf vielfältige Weise dazu bei, in guten und in schlechten Zeiten den gesellschaftlichen Wandel zu gestalten. Geändert hat sich 2007 nur der Name: Aus der Kreissparkasse Daun wurde entsprechend der Umbenennung des Kreises die Kreissparkasse Vulkaneifel. Das Grundprinzip ist aber immer gleich geblieben: Hier gibt es alle Finanzdienstleistungen für Alle. Das heißt: Sparkassen sichern die kreditwirtschaftliche Versorgung und versetzen die Menschen und Unternehmen auch in Um- bruchzeiten in die Lage, selbst vorzusorgen und in die eigene Zukunft zu investieren. Damit ist die heutige Kreissparkasse Vulkaneifel seit Generationen im Leben der Menschen verankert. Mehr als die Hälfte der Vulkaneifeler vertraut heute der Kreissparkasse ihr Geld an - die Girokontenanzahl liegt seit Jahren bei 30.000 Girokonten.

Pünktlich zum 160jährigen Bestehen der Kreissparkasse kann im April 2015 die modernisierte und erweitere Hauptstelle in Daun in Betrieb genommen werden. Sie bietet mehr Platz, mehr Licht und mehr Service. Damit ist die Kreissparkasse Vulkaneifel von den bescheidenen Anfängen im Jahr 1855 nach 160 Jahren erfolgreicher Arbeit zu einem Kompetenzcenter geworden, das mit multimedialer Technik und über 200 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern komplexe Finanzdienstleistungen für die Menschen und für die Wirtschaft bietet. Der Blick in die Geschichte zeigt, dass sie auch in schwierigen Zeiten ihren Grundsätzen der regionalen Verankerung und Verantwortung treu geblieben ist. Kurz gesagt: Ein starkes Stück Vulkaneifel!

Neue Kundenhalle in Daun • 2015