Uromas handgeschriebenes Rezeptbüchlein

Hildegard Becker, Mürlenbach

Nach dem früheren Rollenverständnis war es alleine Sache der Frauen (neben unzähligen weiteren Aufgaben in Familie, Haus, Garten sowie Mithilfe bei der Feldarbeit - besonders in der Erntezeit) für die Familie zu backen, Eingemachtes von Obst und Gemüse selbst herzustellen und nicht zuletzt stets ein gesundes, schmackhaftes Essen auf den Tisch zu sorgen. Damals wie heute stellte sich dabei täglich die Frage: „Was soll ich heute kochen?". Wie nützlich war da ein Büchlein, in dem über Generationen die beliebtesten Rezepte gesammelt wurden, und das von der Mutter auf die Tochter weitergegeben wurde. Mir liegt so ein Rezeptbüchlein vor, das etwa in der Zeit von 1880 bis 1930 von den Frauen einer Familie geführt wurde. Getrennt nach: Klöße, Gemüse, Fleischgerichte, Compots (Kompotte), Süße Speisen, Backwerk, Eingemachtes, Suppen und Fischgerichte sind in verschiedenen Handschriften die Zutaten und Arbeitsschritte notiert.

Hier ein paar Kostproben:

Panierte Bratkartoffeln

Kleine, runde Kartoffeln werden als Pellkartoffeln gekocht und erkaltet abgezogen. Ein Ei wird mit einer Gabel auf einem Teller geschlagen. Die Kartoffeln wendet man darin und dann noch in geriebener Semmel, der man das nötige Salz beigemischt hat, und brät die Kartoffeln in reichlich Butter von allen Seiten braun.

Kartoffelpastete

Den Boden einer gut gefetteten Bratpfanne belegt man mit gekochten Kartoffelscheiben und legt in Würfel geschnittenes Kochfleisch und fein geschnittenen Hering abwechselnd mit Kartoffelscheiben in die Form. Über das ganze zieht man 1/2 l Milch, belegt es mit Butterflöckchen und bäckt die Pastete 3/4 Stunde bei Mittelhitze.

Süße Speisen

Cremepudding

Ungefähr 1 Liter Milch, diese mit Zucker und Vanille aufgesetzt und ans Kochen gebracht. Dann löst man 12 Platten weiße Gelatine auf, schlägt 3 Eigelb mit einem Löffel Stärke, welche man in Wasser aufgelöst hat, auf die aufgelöste Gelatine, lässt es nochmals durchkochen, gießt es in eine Schüssel und schlägt es noch solange, bis die Masse erkaltet ist. Dann bestreicht man eine Form mit Baumöl und gibt die Masse hinein. Auch kann man Biskuitkuchen in kleine Würfel schneiden, sie mit (dem Öl) begießen und unter die Masse gießen. Man gibt ihn mit Frucht oder Vanille-Sauce.

Erläuterung: „Baumöl" ist ein veralteter Ausdruck für Olivenöl.

Windbeutel

1/2 l Wasser und 1/2 Pfund Butter werden zum Kochen gebracht, dann wird so viel Mehl darin verrührt bis es steif ist und vom Topfe lässt. Nun nimmt man es vom Feuer, gibt Saft und Schale einer Zitrone nebst 2 Eigelb hinzu, ferner das zu Schnee geschlagene Eiweiß und rührt solange, bis es Blasen wirft, dann lässt man es braun backen und streut Zucker und Zimt darüber.

Backwerk

Schwabenbrötchen

Zutaten: 375 gr. Mehl, 250 gr. Butter oder Margarine, 250 gr. Zucker und eine Messerspitze Nelken. Diese Zutaten arbeitet man auf dem Nudelbrett zusammen, stellt den Teig etwas kalt, wellt ihn mit Mehl aus, sticht beliebige Figuren aus und lässt sie über Nacht liegen. Den anderen Tag bestreicht man sie mit Eigelb, bestreut sie mit fein gewiegten Nüssen und Hagelzucker (Kristallzucker) und bäckt sie in nicht zu heißem Ofen.

Eingemachtes

Gurken in Zucker

Die großen ausgewachsenen Gurken, die aber nicht gelb sein dürfen, werden geschält, der Länge nach in der Mitte durchgeschnitten, mit einem Löffel alle weichen Teile heraus genommen, dann in Streifen geschnitten mit Wasser und Essig 5 Minuten gekocht. Nun bringt man sie auf ein Sieb zum Abtropfen und legt sie dann auf ein reines Küchenbrett zum Trocknen auseinander. Auf 3 Pfund Gurken kocht man 1 Pfund Zucker mit lk Liter Weinessig, schäumt die Flüssigkeit ab, legt dann die Gurkenstreifen hinein und kocht sie solange, bis sie glasig erscheinen. Zu weich dürfen sie nicht sein. Auch ganzen Zimt, 2 - 3 Gramm Muskatblüte und 8 gr. Nelken werden noch hinzugefügt. In den vielen säuberlich und mit Hingabe  notierten Rezepten ist neben Bekanntem einiges altes Hausfrauen-Wissen neu zu entdecken.

Rezept „Schwabenbrötchen"

Rezept „Gurken in Zucker"