Heimweberei-Genossensdiaft Schalkenmehren

Ingrid Hees, Daun

1998 bin ich dem Arbeitskreis Heimwebereimuseum beigetreten. An einem Sonntag hatte ich Aufsicht im Heimweberei-Museum mit Arnold Schmitz, Gast- und Landwirt in Schalkenmehren. Es war nicht viel zu tun, und Arnold erzählte mir, wie es zu der Heimweberei-Genossenschaft kam.

In der Zeit nach dem Weltkrieg war die Armut in den Eifeldörfern sehr groß und die Existenz der Bauern mit ihren Familien war bedroht. Vom Staat war keine Hilfe zu erwarten, die Menschen mussten sich selbst helfen, aber wie? Zu der Zeit kam eine junge Lehrerin, Frau Lehnert, aus dem Saarland nach

Schalkenmehren in die Volksschule. Sie sah die Not in den Bauernfamilien, die Lehrerin fand aber auch heraus, dass in den Häusern schon früher für den Eigenbedarf gesponnen und gewebt wurde. Die Bauern erzeugten Flachs und Hanf auf den Feldern und auf den Weiden standen Schafe. Alles, was benötigt wurde für den Eigenbedarf, konnte man selbst spinnen, weben und nähen, aber für das tägliche Leben war kein Geld da. Nun wurde die Lehrerin aktiv. Sie fand einige Bauern, die noch webten, sie konnten sich aber nicht vorstellen, damit Geld zu verdienen, denn es gab in den Bauernhäusern nicht genug Webstühle und was dazu gehörte, um für den Verkauf etwas herzustellen. Durch gutes Zureden von Frau Lehnert bekamen die Bauern jedoch Vertrauen. Es war der Weber und Bauer Nikolaus Scho-mmers, der wieder webte, das war im Jahr 1922-1923. Nicht lange da klapperten schon 17 Webstühle im Dorf, damit konnte man schon 3000 m Leinen herstellen und auch verkaufen. Anna Lehnert leitete das Ganze, sie nahm an Fortbildungskursen teil, um sich und die Bauern weiter zu entwickeln. Sie entwarf neue Muster und Farben und sammelte Färberpflanzen um damit zu experimentieren. In der Umgebung von Schalkenmehren wachsen 50 Pflanzen, die zum Färben geeignet sind. Diese Proben dienten dann der Färberei als Vorlage, es ging stetig voran, die Webarten wurden immer anspruchsvoller. Schon 1924 gewannen die Schalkenmehrener bei einer Ausstellung in Köln eine Silbermedaille. Es fehlte eine angemessene Organisation, bis jetzt lag die ganze Arbeit auf den Schultern von Frau Lehnert, die noch hinzu in der Schule unterrichten musste. Nun kam Johannes Droste ins Spiel, der im Kreis Daun eine Stelle als Lehramtsbewerber angenommen hatte. Man musste das Ganze ja in eine Rechtsform bringen. Nach eingehenden Vorgesprächen trafen sich in der Volkschule in Schalkenmehren einige Freunde von Anna Lehnert, darunter auch Dechant Thome sowie der Hauptlehrer Etringer. Sie beschlossen, eine Genossenschaft zu gründen, deren Träger die Weber selbst sein mussten, wenn das Werk seinen Dienst für die Dorfbewohner erfüllen sollte.

Herr Lehramtsbewerber Droste legte einen Satzungsentwurf vor, der die Zustimmung der Versammlung fand, es unterschrieben 19 Leute. Unter der Bezeichnung „Heimweberei-Genossenschaft e. G." ließ man sich in das Genossenschaftsregister eintragen. Der Sinn bestand darin, dass die jungen Bauern ihre Höfe nicht im Stich ließen, um in großen Städten ihr Geld zu verdienen, das Bauerntum wurde so erhalten. So war die ganze Familie in das Handwerk eingebunden, die Männer webten, die Frauen und die Töchter spannen Flachs und Wolle und besorgten die Zuarbeiten wie nähen, fransen und knüpfen. Selbst die Kinder mussten das Spulrad drehen und auch noch die Kühe hüten nach der Schule. So arbeitete die Genossenschaft bis 1983, 10 Jahre danach wurde dann das Heimweberei Museum Schalkenmehren gegründet. In dem Arbeitskreis habe auch ich 17 Jahren ehrenamtlich gearbeitet.

An dieser Genossenschaft sieht man, dass wir nur gemeinsam stark sind. Die Idee einer jungen Lehrerin wurde in einer Genossenschaft verwirklicht, was jeder zunächst im „stillen Kämmerchen" für sich alleine herstellte, wurde zum Wohle der Dorfgemeinschaft zusammengeführt. So entstand ein Werk nach dem Motto: „Alleine können wir wenig, zusammen viel".