Besondere Dreikönigsdarstellungen im Landkreis Vulkaneifel

Wilhelm Seggewiß, Daun

Die Erzählung von den Heiligen Drei Königen bildet eine wunderbare Bereicherung des weihnachtlichen Geschehens. Schon in der Katakombenmalerei und in der frühchristlichen Sarkophagplastik wurde der biblische Bericht in bewegende Bilder gefasst. Wir bewundern die Dreikönigsdarstellungen in der Elfenbein- und Emailkunst, in den Fenstern der Kathedralen, in der plastischen Kunst der Portalzyklen und Kreuzgänge der Romanik, in der Buchmalerei, der Druckgraphik und auf dem Gemälden der großen Meister bis in unsere Zeit.

Abb. 1: Die Anbetung der Hl. Drei Könige im Giebel des Hochalters der St. Ursula-Kirche in Brockscheid, Anfang 18. Jh. Foto Karl Maas

Aber auch im Landkreis Vulkaneifel finden wir Beispiele bemerkenswerter Anbetungen des Kindes durch die Könige, die es Wert sind, in den Blick der Allgemeinheit zu gelangen. Vier Kunstwerke sollen hier vorgestellt werden, von denen eines zur Zeit nicht mehr zu sehen und nur älteren Dauner Bürgern noch bekannt ist und die Zukunft eines weiteren Kunstwerkes extrem gefährdet ist.

Der Altar von St. Ursula in Brockscheid

Der Hochaltar der Pfarrkirche in Brockscheid verdient das Attribut "hoch" zurecht, denn er türmt sich über mehrere Stockwerke bis ins Gewölbe des Altarraumes auf. Über einer Predella, dem Altaraufsatz mit eingearbeitetem Tabernakel, erhebt sich der zweistufige Mittelteil, der auf einer vorkragenden Konsole ein Kreuz und darüber einen seine Jungen nährenden Pelikan trägt. Der Mittelteil wird flankiert von den Statuen der Hl. Ursula und des Hl. Johannes des Täufers. Der Giebel des Altars wird eingeschnitten durch ein Rechteck mit breitem Akanthusrahmen, das die Anbetung der Könige trägt (siehe Abb. 1). Bekrönt wird der Altar vom Auge Gottes, von dem 12 Strahlen sternförmig ausgehen. Der ungenannte Künstler hat zu Anfang des 18. Jahrhunderts die Hl. Familie und die Könige als Hochrelief aus einem Holzblock geschnitten, die begleitenden Personen hat er als Flachrelief ausgeführt. Kräftige Farben und Blattgold lassen das Werk dem Betrachter als lebendige Farbensinfonie erscheinen (Abb. 2). Die Darstellung entspricht der bildnerischen Form, wie sie von der Renaissance bis zum Barock, von Giotto bis Rubens vor allem auf Gemälden angewandt wurde: Die Könige nähern sich in sukzessivem Kniefall anbetend dem göttlichen Kind. Der älteste König hat seine Krone niedergelegt und bietet dem Kinde Gold an, die anderen Könige kommen mit

Abb. 2. Anbetung der Hl. Drei Könige im Hochalter der St. Ursula-Kirche in Brockscheid, Ausschnitt. Foto Karl Maas

ihren Gaben, der Myrrhe im Goldpokal und dem Weihrauch in einem silbernen Kettengefäß. Das Kind greift mit beiden Händen in die Goldschale. Über Mutter Maria steht hoch aufgerichtet ein staunender Josef. Drei blondgelockte Figuren im Mittelgrund könnten begleitende Engel sein. Auffällig ist eine Reihe von fünf männlichen Personen, die hinter einer Holzschranke stehen, denn zwei sind aufgrund ihrer silbrigen Kopfbedeckung als Soldaten zu erkennen, zwei weitere tragen rotzipfelige Hüte, die als Hüte der jüdischen Bevölkerung offenkundig sind. Damit führt der Künstler sowohl das einfache Volk wie Mitglieder der römischen Besatzungsmacht an die Krippe des Herrn.

Den Hintergrund der Szene bildet ein zerfallender Stall mit einem kleinen Vordach. Die Kirchenväter deuten die Ruine als Ende des Alten Bundes zwischen Gott und den Menschen, denn durch die Geburt des Gottessohnes wird nun der Neue Bund begründet. Der Stern, der

die Könige zum Stall von Bethlehem geführt hat, ist besonders liebevoll gestaltet. Er besitzt 5 Zacken, zugleich aber züngeln 12 geschweifte Flammen aus ihm heraus. In der kirchlichen Überlieferung symbolisiert die Fünf die Zahl der Wundmale Christi und die Zwölf die Zahl seiner Apostel. Vier goldene Strahlen weisen vom Stern auf das heilige Geschehen. Die Verehrung der Hl. Drei Könige hat in Brockscheid eine lange Tradition. Die Könige waren einst die Patrone der Kirche, woran die Inschrift auf einer alten Glocke von 1686 erinnert (Roscheider Hof). Doch seit dem Jahre 1868 wird die Hl. Ursula als erste Pfarrpatronin verehrt. Die drei Kronen des Brockscheider Wappens bezeugen noch die alte Tradition.

Das Relief von St. Hubertus in Salm

Wer die St. Hubertus-Kirche in Salm betreten möchte, wird zuvor an einem Windfang vorbeigeführt, in den ein bemerkenswertes etwa 1,70 Meter breites Relief aus grauem Sandstein

eingelassen ist (Abb. 3). Das Relief vereinigt auf engstem Raum zwei Szenen, und zwar die Anbetung des Kindes durch die Könige und die Kreuztragung Christi. Hier werden die beiden Stellen der Hl. Schrift zusammengeführt, in denen Jesus als König bezeichnet wird. Zum einen fragen die Weisen aus dem Morgenland in Jerusalem: "Wo ist der neugeborene König der Juden" (Matthäus 2, 2). Zum anderen lässt Pilatus am Kreuz eine Inschrift anbringen: "Jesus von Nazareth, der König der Juden" (Johannes 19, 19-22). Der Künstler von Salm stellt in seinem Relief die Verherrlichung Jesu seiner tiefsten Erniedrigung gegenüber. Unter mehreren Tausend geprüften Dreikönigsdarstellungen findet sich nur noch eine weitere Veranschaulichung, die dem Salmer Relief verwandt ist, und zwar auf einem Klappaltärchen des 14. Jahrhunderts aus Brabant, das im florentiner Stadtpalast Bargello gezeigt wird. Neben der Anbetung des Kindes durch die Könige wird dort die Kreuzigung Jesu abgebildet.

Abb. 3. Anbetung und Kreuztragung an der Kirche St. Hubertus in Salm, Anfang 18. Jh.

Das Relief aus Salm zeigt aber noch eine weitere Besonderheit, die nur auf wenigen anderen Dreikönigsanbetungen erscheint: Die Gottesmutter Maria trägt eine Krone! Maria ist als Königin dargestellt. Doch betet die katholische Kirche im Rosenkranz: "Jesus, der dich, o Jungfrau, im Himmel gekrönt hat."In Salm ist also die Krönung Mariens zur Himmelskönigin vorweggenommen und in die Anbetungsszene eingeflochten.

Der Künstler von Salm hat zu Beginn des 18. Jahrhunderts die wenigen Figuren kraftvoll aus dem Stein gehauen. Er verzichtet außer

auf Simon von Cyrene, durch seine bescheidene Größe als Nebenrolle kenntlich, auf Josef und jede weitere Person. Kein Stern und kein Hintergrund tun sich auf. Die Könige sind durch reiche Gewänder und die Krone des zweiten Königs hervorgehoben. "Heilige Drei Könige" - so nennen wir sie. Aber im Evangelium des Matthäus werden sie keineswegs "Könige" sondern "Magier" genannt; ihre Zahl, ob nun zwei, drei oder mehr, ist gar nicht angegeben. Martin Luther übersetzt "Weise aus dem Morgenlande", die Einheitsübersetzung nennt sie "Sterndeuter". Die Kirchenväter verwandeln die Magier in die Hl. Drei Könige. Tertullian (Karthago +225) zitiert das Alte Testament, Jesaja 60, 1-6: Könige aus Saba bringen Weihrauch und Gold. Oder Psalm 72, 10: Die Könige von Tarsis und den Inseln bringen Geschenke. Origines (Alexandria +253/54) schließt aus der Dreizahl der Gaben, dass es sich um genau drei Könige handeln müsse. Die alexandrinischen Namen Kaspar, Melchior und Balthasar werden ab etwa 500 immer häufiger genannt und setzen sich schließlich durch. Zugleich symbolisieren die Könige die drei Lebensalter, den Greis, den Mann und den Jüngling, wie auf beiden Abbildungen unschwer zu erkennen ist. Außerdem stehen sie stellvertretend für die drei damals bekannten Erdteile Europa, Asien und Afrika. In Brockscheid ist der jüngste König, im Volk zumeist Kaspar genannt, der Vertreter Afrikas.

Die Fenster der Thomas-Morus-Kirche in Daun

Die Kirche wurde am 5. Juli 1970 durch den Trierer Bischof Bernhard Stein geweiht. Die Entwürfe zu den Fenstern der Kirche hatte der Trierer Künstler Werner Persy geschaffen. Persy ist durch Malerei und Graphik weit über die Grenzen seiner Heimatstadt bekannt geworden. Er führte größere Arbeiten in öffentlichen Einrichtungen und Kirchen aus, z.B. in Rom und Venedig, in Trier, Saarbrücken und Mainz. Auch für Kirchenfenster hat Persy viel beachtete Entwürfe geschaffen, wie beispielsweise für die Stadtkirche in Dinslaken und für die evangelischen Kirchen in Saarburg und Prüm. Bei den Fenstern der Thomas-MorusKirche in Daun gab es für den Künstler eine besondere Aufgabe.

Abb. 4. Fenstergruppe der Thomas-Morus-Kirche in Daun, Entwurf Werner Persy, vor 1970 Abb. 5. Wanderung der Hl. Drei Könige im Fenster der Thomas-Morus-Kirche

Abb. 6. Die Anbetung der Könige, ehemals an der alten Marienapotheke in Daun, Sgraffito von Arwed Roßbach, 1960

Denn die Fenster haben nicht die übliche rechteckige Form mit spitzer oder runder Krönung, sondern es sind sehr schmale, schräg gestellt Trapeze, die durch kräftige graue und nicht gerade ansprechende Betonbalken voneinander getrennt werden (Abb. 4).

Im Fenster des nördlichen Pseudoquerschiffs sehen wir links unter der Hand Gottes den Hl. Geist und die Taufe Jesu am Jordan und weiter unten die Hochzeitsfeier in Kana. Rechts erkennt man einen Engel mit einem Stern, die Wanderung der Hl. Drei Könige und im unteren Streifen musizierende Hirten. In Abb. 5 ist ein Ausschnitt lotrecht wiedergegeben. Werner Persy bevorzugt kräftige Farben, so dass der Betrachter einen geradezu festlich fröhlichen Eindruck gewinnt.

Personen und Gegenstände sind nicht realistisch dargestellt, auch verwendet Persy kein Schwarzlot für detaillierte Binnenzeichnungen auf den Gläsern. Häufig verwendet Persy Abstufungen derselben Grundfarbe, um plastische Formen auszuarbeiten, wie beispielsweise im Blau der Könige (Abb. 5). Die Könige ziehen mit ihren Gaben nicht auf den neugeborenen König zu, sondern sie ziehen zum Altar, auf dem die Anwesenheit des himmlischen Königs gefeiert wird.

Der Stern von Bethlehem ist von Werner Persy in besonderer Weise hervorgehoben, da er von einem Engel geführt wird. 500 Jahre vor Persy war es der Meister E. S., der Begründer der Kunst des Kupferstiches, der auf seinem Dreikönigskupfer den Stern durch einen Engel über den Himmel lenkt. Schon der große Astronom Johannes Kepler hatte nach einem Himmelsereignis gesucht, das diesen Stern verkörpern und somit den Zeitpunkt der Geburt Jesu offenbaren könnte. Als er im Jahre 1604 nahe einer Konjunktion von Jupiter und Saturn eine Supernova, das Aufleuchten eines Sterns, beobachtete und dann berechnete, dass im Jahre 7 vor unseren Zeitrechnung ein ähnliches Zusammentreffen von Jupiter und Saturn gleich dreimal stattgefunden hat, schien der Stern von Bethlehem und das Geburtsjahr Jesu gefunden. Es muss aber deutlich gesagt werden, dass die Magiererzählung keine historische Darstellung ist, sondern Heilsgeschichte verkünden will: Jesus von Nazareth wird als Nachfolger König Davids beschrieben, der sein Volk aus der Not herausführen wird. Als Messias, als Nachkomme, ja "Sohn" Davids muss folglich auch Jesus in der Geburtsstadt Davids geboren werden.

Die Fenster von Werner Persy sind auf Höchste gefährdet. Denn am 25. September 2015 feierte die katholische Pfarrgemeinde in Daun zum letzten Mal eine Hl. Messe in der Thomas-Morus-Kirche. Der schlechte bauliche Zustand verlangt eine Abkehr von dem Gebäude. Es ist kaum vorstellbar, dass bei einer neuen Nutzung der Kirche wie z. B. als Seniorenheim oder Mehrgenerationenhaus ihr größter Schatz, die herrlichen Fenster, erhalten werden.

Die Hl. Drei Könige als Apotheker

Eine weitere bemerkenswerte Dreikönigsdarstellung in Daun ist seit einigen Jahren völlig den Blicken entzogen: die Könige an der alten Marienapotheke. Die Apotheke befand sich unmittelbar dem Krankenhaus gegenüber auf der Ecke Maria-Hilf-Straße-Bahnhofstraße. Im Jahre 1960 eröffnete die Frau des Künstlers Arwed Roßbach in dem Eckhaus die Marienapotheke, und Roßbach "kratzte" die Könige in die abgewinkelte Fassade (Abb. 6). Das Bild bildet ein Rechteck von etwa 3 m Höhe, in das die Eingangstür des Hauses unten rechts eingeschnitten ist. Bei dem Wandbild handelt es sich um ein Sgraffito, von italienisch sgraffiare. kratzen. Dabei bestreicht der Meister mit dünnen Putzschichten unterschiedlicher Färbung die Wand. Dann kratzt oder schneidet er eine oder mehrere Schichten aus, so dass Figuren in unterschiedlicher Putzfärbung zutage treten. Roßbach, der auch das große Bronzekreuz vor der St. Nikolaus-Kirche in Daun geschaffen hat, hat an der Marienapotheke mit gelben, braunen, zart-lilafarbenen und schwarzen Schichten gearbeitet, so dass eine beeindruckende Darstellung der biblischen Erzählung entstand. Drei Männer eilen zum göttlichen Kind, geführt von einem Engel, dessen Haupt von einem runden Stern umgeben ist. Aber es sind keine Könige! Roßbach (1990) fordert den Betrachter auf, in den Magiern einen Apotheker, einen Arzt und einen Naturforscher zu sehen, die in ihren Händen Retorte, Phiole und Glaskolben tragen. Die Männer, die über die Natur, über Krankheit und Tod zu herrschen glauben, stellen sich in den Dienst des göttlichen Kindes. Dieses steht mit segnenden und zugleich empfangenden Armen auf dem Arm der Mutter. Die Haltung des Kindes zeigt auch die Form eines Kreuzes und weist damit auf die Erlösungstat Jesu hin. Maria steht auf der Sichel des Mondes. Damit erinnert der Künstler an das 12. Kapitel der Offenbarung des Johannes, in dem von großen Zeichen am Himmel berichtet wird: "Eine Frau, mit der Sonne bekleidet, und der Mond zu ihren Füßen" (Offenbarung 12, 1). In Roßbachs Bild bekleidet die Sonne nicht die Mutter, sondern sie umfängt das Kind.

Im Jahre 1965 übernahm Liselotte Haas die Marienapotheke. Das Ehepaar Roßbach zog in den Hunsrück. Drei Jahre später verlegte Frau Haas die Apotheke in den ehemaligen Sitz der Volksbank gegenüber der Post, und das Blumenhaus Schneider zog in die Apotheke. Bald wurde eine kräftige Markise quer über die Anbetung der Könige angebracht, wie es auf dem Foto zu sehen ist. Nachdem auch der Blumenladen auszog, wurde zuerst eine Reklamewand, dann eine Wärmedämmung über das Bild gelegt, die es nun völlig zudeckt. Es bleibt nur die Hoffnung auf die magischen Kräfte der Gottesanbeter, dass es ihnen gelingt, bald wieder in Erscheinung zu treten.

Quellen:

• Internetauftritte der Gemeinden Brockscheid ( http://www. brockscheid.de/ ) und Salm (http://www.salm-vulkaneifel.

de/ )

• Roscheider Hof, Datenbank der Kulturgüter in der Region Trier, (www.roscheiderhof.de/kulturdb)

• Roßbach, Arwed (1990), privater Briefwechsel

• Wackenroder, Ernst (1928): Die Kunstdenkmäler des Kreises Daun. Düsseldorf, Schwann-Verlag