Rückblick auf Vereine und Vereinsleben in Mürlenbach

Ernst Becker, Mürlenbach

Den Deutschen war und ist Vereinsleben wichtig. Schaut ein Deutscher in den Spiegel, sieht er eine Person, die mit einer Wahrscheinlichkeit von 60 Prozent Mitglied eines Vereins ist. Ein Bonmot überspitzt dies: „Treffen sich drei Deutsche, gründen sie einen Verein." Ende 2014 waren 630.143 Vereine bei den Amtsgerichten registriert; hinzukommen mehrere hunderttausend nicht eingetragene Vereine - und es werden jährlich mehr. Entsprechend viele Menschen engagieren sich allgemeindienlich. Ohne deren Leistungen für das Gemeinwohl wären die Aufgaben in den Vereinen nicht zu bewerkstelligen. Unsere Gesellschaft wäre ohne die Menschen, die einen Teil ihrer Zeit für ehrenamtliche Arbeit einsetzen, wesentlich ärmer.

Unsere Vorfahren engagierten sich vorwiegend in Vereinen der Traditionspflege sowie im kirchlich-religiösen Bereich, während heute Sport, Hobby, Kultur und Bildung im Vordergrund stehen. Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit als Grundrechte sind Errungenschaften, die wir seit der Zugehörigkeit zu Preußen genießen. Zuvor unterlag das Vereinswesen obrigkeitlicher Kontrolle. Erste Ansätze eines Vereinswesens erscheinen in Deutschland Mitte des 18. Jahrhunderts. Die ersten Belege von Mürlenbacher Vereinigungen betreffen wie selbstverständlich kirchlichreligiöse Zusammenschlüsse, namentlich

Bruderschaften. 1656 wurden hier acht Bruderschaften gefeiert, deren Gründungszwecke nicht vermerkt sind, jedenfalls aber gemeinsame fromme und nächstenliebende Tätigkeiten waren. Im Jahre 1708 gründete Pastor Peter Schütz die „Erzbruderschaft der hh. Dreifaltigkeit und der hl. Jungfrau und Märtyrin Luzia". Und seit über 260 Jahren sind Chorsänger der Kirche nachgewiesen - von ihnen gibt es erstmals vom Jahre 1752 schriftliche Kunde.

Die erstaunlich hohe Anzahl von über 40 Vereinen und Gemeinschaften hat von Alters her bis heute das Gemeindeleben mitgeprägt. Immer wieder haben welche den Wandel der Zeiten nicht überdauert - und neue sind emporgewachsen. Ein Blick zurück auf die nicht mehr existierenden Vereinigungen ist historisch interessant, da sie Spiegel des Geistes ihrer jeweiligen Zeit sind. Wegen der Vielzahl werden nachfolgend nur die bedeutendsten der untergegangenen Vereine und Vereinigungen, die hier gewirkt haben, kurz vorgestellt. Die derzeit aktiven Vereine sind nicht aufgeführt, denn das würde den Rahmen dieses Beitrages sprengen.

Untergegangene weltliche Vereine

Obstbau- und Garten-Verein (1839)

1839 wurde dem Schullehrer Kröffges eine

Prämie von zwei Talern bewilligt, da er sich durch besondere Tätigkeit bei der Obstbaumzucht ausgezeichnet habe. Er hatte im Flur „Auf der Acht" eine Baumschule angelegt. Im Jahre 1839 waren dort bereits 100 Apfelbäume angepflanzt. Auf dem benachbarten Grundstück befand sich der von ihm begründete Schulgarten. Die frühere Bedeutung des Obstanbaues wird durch das Ergebnis der Obstbaumzählung vom 1. Dezember 1913 verdeutlicht: In unserer Gemeinde wurden 3.021 Obstbäume gezählt.

Im Frühjahr 1937 gründete sich erneut ein

Obstbau- und Gartenbauverein.

Dieser war bis in die 1950er Jahre aktiv.

Kriegerverein

Er wurde 1872 gegründet - wohl in vaterländischer Begeisterung nach dem siegreichen Feldzug gegen Frankreich (1870/71). Er hatte eine eigene Fahne, die zu festlichen Anlässen, beispielsweise an Fronleichnam, sowie bei der Beerdigung von verstorbenen Kameraden getragen wurde.

Eisenbahn-Handwerker, Ortsverein Mürlenbach

Ein undatiertes, wahrscheinlich um 1900 erstelltes Mitgliederverzeichnis, gibt Kunde von der Existenz dieses Vereins. Es sind rund 30 Mitglieder aus Mürlenbach, Birresborn und Densborn aufgeführt.

Molkereigenossenschaft

Ihre Gründung im Jahre 1896 ist der Initiative des Prümer Landrates Friedrich Dombois zu verdanken. Seinerzeit war Mürlenbach noch stark landwirtschaftlich geprägt. Die Viehzählung im Jahr 1913 ergab die Anzahl von 522 Stück Rindvieh im Ort. Die Molkerei musste nach wenigen Jahren aus wirtschaftlichen Gründen dichtmachen.

Ein Junggesellenverein ist um das Jahr 1900 erwähnt.

Schach-Club Mürlenbach

Die Satzung vom 22. Februar 1920 beschreibt den Zweck des neugebildeten Schach-Clubs: „Pflege der Geselligkeit, Gesang und Musik

und das alte deutsche Spiel Schach auch hierorts zu heben."

Die Nationalsozialistische Volkswohlfahrt (NSV) war 1932 durch die Nationalsozialisten als eingetragener Verein gegründet, nach der Machtergreifung aber zu einer Parteiorganisation formiert worden, die in Konkurrenz zu kirchlichen Einrichtungen trat. Die NSV gründete im Sommer 1937 einen Erntekindergarten, der während der Erntezeit 30 Kinder im Alter von zwei bis fünf Jahren zur Entlastung der Mütter betreute.

Mandolinenclub

Das undatierte Foto ist wahrscheinlich vor dem
Ersten Weltkrieg entstanden. Es zeigt Mitglieder
des Mandolinenclubs. Zur Besetzung gehörten
auch mindestens eine Klarinette (rechts im Bild)
sowie Schlaginstrumente (mündlich überliefert).

Musikverein Birresborn & Mürlenbach

Der Verein wurde gegründet am 1. Januar 1929. Von den 22 Mitgliedern kamen zehn aus Birresborn und zwölf aus Mürlenbach.

Musikverein Mürlenbach

Offenbar gab es Probleme, denn ein gutes Jahr später haben die Mürlenbacher einen „eigenen" Musikverein ins Leben gerufen. Die Auswirkungen des Zweiten Weltkrieges brachten das Vereinsleben zum Erliegen.

Verein „Gemütlichkeit"

Bei der Gründungsversammlung für einen

Theaterverein im Jahre 1907 soll es um die Namensgebung heiß hergegangen sein, bis eines der Gründungsmitglieder die Hitzköpfe mit seinem Zwischenruf ermahnte: „Nun mal mit der Gemütlichkeit" - und sogleich waren sich alle einig, das solle ihr Vereinsname sein. Der Verein entwickelte sich mit vielseitigen Aktivitäten zu einem bedeutenden Träger des örtlichen kulturellen und gesellschaftlichen Lebens - namentlich mit dem Männergesangverein und der späteren gemischten Singgruppe „Gemütlichkeit".

Musikkapelle des Vereins „Gemütlichkeit"

Nach dem Zweiten Weltkrieg formierte sich eine Musikkapelle als Untergruppe des Vereins. Die letzte vorliegende Nachricht von ihr ist der Auftritt im Jahre 1959 zum Amtsfeuerwehrtag in Mürlenbach.

Eifelverein, frühere Ortsgruppen

Die Geburtsstunde des Eifelvereins war am 22. Mai 1888. Bald bildeten sich zahlreiche Ortsgruppen, zu denen sich Mürlenbach im Jahre 1910 gesellte. In den schwierigen Kriegs- und Nachkriegszeiten lag dann alles im Argen. Am 31. Mai 1925 gelang die Wiederbelebung der Ortsgruppe für einige Jahre. 1951 erfolgte die wiederholte Neugründung, um die es ebenfalls bald still wurde.

Untergegangene kirchlich-religiöse Vereine

So wie in ganz Deutschland blühte auch hier seit früher Zeit ein reges kirchlich-religiöses Vereinsleben, bis es mit der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten in den 1930er Jahren zunehmend schwer für diese Vereine wurde. Das politische, kirchliche und kulturelle Leben änderte sich grundlegend. Die konfessionellen Vereinigungen wurden schikaniert und nach und nach ganz verboten.

Erste Nachricht von Bruderschaften

Im Jahre 1656 wurden acht Bruderschaften in der Pfarrei gefeiert. Ob die Bruderschaftstage von einer oder mehreren Bruderschaften gehalten wurden und in welchen Gemeinschaften die Brüder organisiert waren, gibt die Quelle nicht an.

Erzbruderschaft von der hh. Dreifaltigkeit und der hl. Jungfrau und Märtyrin Luzia

Am 28. Januar 1708 gründete Pastor Peter Schütz die „Erzbruderschaft der hh. Dreifaltigkeit und der hl. Jungfrau und Märtyrin Luzia". Ihr Zweck war der „Loskauf der Gefangenen". Seinerzeit hatten islamische Eroberer tausende Christen verschleppt. Sie wurden als Sklavinnen und Sklaven verkauft oder schmorten in Gefängnissen (vor allem in Algerien) und warteten auf Freikauf. Ihr Loskauf war ein besonderes Anliegen des die Mürlenbacher Bruderschaft tragenden Ordens der Trinitarier in Vianden.

Eine namentliche Bruderschaftsliste ist erhalten, beginnend 1757 und fortgeschrieben in den folgenden Jahren bis 1827. Die in dem Register für das Jahr 1757 aufgeführten etwa 800 Mitglieder kamen aus rund 90 verschiedenen Orten im weiten Umkreis. Pastor Vischer berichtete der Visitation 1743, dass an den Bruderschaftstagen jeweils 2000 bis 3000 Leute zur Beichte kämen. Das erfordere die Mithilfe von neun bis zehn auswärtigen Beichtvätern, auch aus der Diözese Köln.

Am 30. Dezember 1830 verordnete Bischof Josef von Hommer, die vielen in seinem Bistum bestehenden Bruderschaften aufzuheben und stattdessen eine einzige vereinte „Bruderschaft vom heiligsten Sakrament der christlichen Lehre und der Liebe zum Nächsten" einzuführen. Die Gläubigen nahmen die neue Bruderschaft aber nicht wie erwartet an - so hatte diese keine gute Zukunft.

Die marianische Jungfrauenkongregation (Marienverein)

Der Marienverein war eine Jugendorganisation für katholische Mädchen und junge, unverheiratete Frauen. Er hatte neben dem Handwerkerverein und dem Kriegerverein eine Vereinsfahne, die leider verschollen ist. Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten erfolgte 1933/1934 die Gleichschaltung des gesellschaftlichen Lebens. Ab 1936 bestand eine Pflichtmitgliedschaft im nationalistischen Bund Deutscher Mädel. Der Marienverein ist wahrscheinlich dieser Gleichschaltung zum Opfer gefallen.

Katholischer Handwerkerverein Mürlenbach

Von Alters her war Mürlenbach ein Handwerkerdorf. Zwecks Pflege der alten Handwerkstraditionen wurde 1882 der Katholische Handwerkerverein gegründet.

Die Vorderseite zeigt den heiligen Josef, den Zimmermann und Schutzpatron.

Am Fest des heiligen Josef, des Patrons der Handwerker, war am 19. März 1934 die feierliche kirchliche Weihe der abgebildeten Vereinsfahne.

Burschen- und Mädchenvereinigungen

Adam Wrede führt in seiner „Eifeler Volkskunde" an, dass in Mürlenbach die Junggesellen und Jungfrauen der Gemeinde im „Zalditsche" (Sodalität, eine kirchlich-religiöse Bruderschaft) vereinigt waren. Leider fehlt eine Zeitangabe. Wahrscheinlich war dies eine sehr alte Organisation, sie bestand jedenfalls im Jahre 1924 nicht mehr.

1912 wurde der Rosenkranzverein gegründet. Die Mädchen und jungen Frauen gehörten dem Marienverein an, die verheirateten Frauen dem Rosenkranzverein.

Ein Mütterverein war 1927 bereits von Pastor Lorenz Buhr kanonisch errichtet und an die Erzbruderschaft angeschlossen worden. Unter seinem Nachfolger wurde die Gründung, wahrscheinlich 1928, vollzogen.

Verein von der Hl. Familie

Das erhaltene Mitgliederverzeichnis listet 136 Familien auf, die dem Verein angehörten. Das undatierte Verzeichnis ist von Pfarrer Reiter um 1900 erstellt.

Das Euchariuswerk (das Päpstliche Werk für die Priesterberufe) zählte 1953 in der Pfarrei Mürlenbach 53 Mitglieder.

Das Werk der heiligen Kindheit

Eine riesige Bewegung ist aus dem von einem Mädchen gegründeten „Werk der heiligen Kindheit" geworden; es ist die größte Solidaritätsaktion von Kindern für Kinder weltweit. Der Name des Hilfswerkes hat sich geändert, das Motto „Kinder helfen Kindern" ist geblieben. Im Kindermissionswerk engagieren sich Kinder am Dreikönigstag seit 1959 als Sternsinger für Kinder in aller Welt. Als „Päpstliches Werk der hl. Kindheit" drohten der Vereinigung Repressalien der Nazis. Am 17. April 1947 ist der Kindheit-Jesu-Verein wieder „lebendig", wie aus der Mitgliederliste hervorgeht, die 253 Kinder aus der Pfarrei aufführt.

Verein „St. Elisabeth" e.V.

Die deutschen Niederlassungen der Kongregation der Schwestern der heiligen Elisabeth von Luxemburg übten ihre Tätigkeit unter dem Dach des 1954 eingetragenen Vereins aus. Eine dieser Niederlassungen war das hiesige Don-Bosco-Haus. Vereinssitz war Mürlenbach.

Eine ausführlichere Abhandlung (auf 32 Seiten) zum Thema „Vereine und Vereinsleben" enthält das 2015 erschienene Buch „Mürlenbacher Geschichten" des Verfassers. Darin werden auch die derzeit aktiven Vereine eingehend vorgestellt.