Die Karnevalsgesellschaft Gerolsteiner Burgnarren e.V.

Helmut Schäfer, Gerolstein

Im Karneval ist es ja so, dass nicht nur zählt, dass man dabei ist, sondern auch: wo! Nehmen wir die Hochburg des rheinischen Frohsinns: Köln. In der größten Stadt Nordrhein - Westfalens ist es wichtig, in der „richtigen" Karnevalsgesellschaft zu sein, es ist für manche überlebenswichtig!

Ganz so weit ist es zum Glück bei den jecken Ablegern in der Eifel noch nicht - doch auch hier gilt: Karneval ist eine ernste Sache, aber auch Spaß und Tradition. Ein bekannter kölscher Spruch lautet: „Jeder Jeck es anders". Zu Beginn der 50er Jahre des letzten Jahrhunderts gründeten sich auch in der Eifel viele Karnevalsvereine. Im Kreis Daun waren Hillesheim, Jünkerath und Gerolstein die Hochburgen. Kleinere Orte wie Stadtkyll, Pelm, Mürlenbach, Mehren und auch Gillenfeld

1927 Fritz Mansbach

Prinz Nikla I. Christen, Adju Hans Eichhorn -1957

wollten dem nicht lange nachstehen. In Gerolstein hatte man schon 1929 einen Prinzen Karneval, den jüdischen Kaufmann Fritz Mansbach. Kurz nach Beendigung des Zweiten Weltkrieges erwachte wieder rasch das Bedürfnis nach gesellschaftlichem Leben. So war es nicht verwunderlich, dass bereits Ende der 40er Jahre wieder karnevalistische Aktivitäten in Gang gesetzt wurden. Einige Vereine wie Kirchenchor, Eisenbahnsportverein und Kolpingverein organisierten und veranstalteten erste karnevalistische Abende und Kappensitzungen. Männer wie Heinrich Schö-wer (Heini von der Leinebach), Anton Bonefas

und Heinrich Atzorn waren mit bei den Ersten, die versuchten, mit humoristischen Beiträgen (den Büttenreden) die triste Vergangenheit ein wenig vergessen zu lassen. Aus diesen ersten Anfängen entwickelte sich allmählich ein kleiner karnevalistisch interessierter Freundeskreis.

Im Jahre 1952 war es dann soweit. Am 27. September fand im „Hotel Kaiserhof" (Inhaber war der spätere Prinz Nikla I., 1957, Adjutant Hans Eichhorn) die Gründungsversammlung der KG Gerolsteiner Burgnarren statt. Etwa 30 Gründungsmitglieder beschlossen eine Satzung, in der in Paragraf eins als „Zweck des Vereins" geschrieben stand, „während der Karnevalszeit echt rheinischen Humor zu pflegen und zu fördern". Die Vereinsfarben entsprachen den Stadtfarben schwarz und gelb, der Vereinsruf lautete (bis heute) „ Dreifach Jirrelsteen Alaaf „ und das Vereinsmotto gilt auch noch: „Allen wohl und niemand weh." Die ersten Sitzungen fanden im Kaiserhof statt. Der erste Prinz der Burgnarren war 1953 Paul I. Bruckhuysen mit seinem Adjutanten Matthias Böffgen, Funkenmariechen war Gerda Ockenfels (verheiratete Wirtz). Der Verein

erlebte viele Höhen und Tiefen. Es war und ist nicht immer leicht, Personen zu finden, die sich engagieren und ihre Freizeit opfern, um anderen Spaß und Freude zu bereiten. War der Karneval viele Jahre eine „Männergesellschaft", so fand auch hier die Emanzipation statt. Schon Ende der 60er Jahre sah man die ersten Mädchen bei den Stadtsoldaten. Kommandantin der starken Truppe ist seit 1986 Gabi Leufer.1988 übernahm Prinzessin Sigrid I. Schneider mit ihrer Adjutantin Gisela Pauls das Zepter in der Brunnenstadt. Auch ist der Gerolsteiner Karneval international: 1979, Prinz Aad I. Hogenboom (ein gebürtiger Niederländer) mit seinem Adjutanten Hans Eltze sowie 2016 Benjamin I. Sas, ein gebürtiger Rumäne.

Der amtierende Stadtbürgermeister der Stadt Gerolstein hat selbst eine starke Verbindung zu den Burgnarren. Zunächst war er bei den Stadtsoldaten, dann im Elferrat und später Sitzungspräsident. 1972 bildete Friedhelm I. Bongartz mit Adjutant Peter Schildgen das Prinzengespann und 2002 war er Adjutant beim Jubiläumsprinzen Winfried I. Reuter anlässlich „50 Jahre Gerolsteiner Burgnar-

1976 Prinz Helmut I. Schäfer mit Funkie Renate und Adju Manfred Saur

ren". 2006 gab es das erste Damendreigestirn mit Prinzessin Renate I. Lames, Bäuerin Erika Dahlem und Jungfrau Anita Schumacher. Die Burgnarren organisieren nicht nur den Rosenmontagszug der Stadt, sie legen jedes Jahr einen umfangreichen „Närrischen Fahrplan" vor. Die Kappensitzung „Lachendes Rondell", der Kinderkarneval, der „Karneval für Junggebliebene" (seit 1974) und der Karnevalistische Gottesdienst am Karnevalssamstag sind feste Sessionstermine. An den närrischen Tagen haben die Aktiven ein volles Programm. Mit den Garden, dem Elferrat, den Stadtsoldaten und den Möhnen besucht die Tollität an Weiberdonnerstag mehrere Kindergärten, verschiedene Schulen, die Westeifel Werkstätten in Hermesdorf und die Katholische Frauengemeinschaft Gerolstein. Abends geht es zu den verschiedenen Tanzveranstaltungen. Für den Verein war es nicht immer leicht, eine geeignete Lokalität für seine Veranstaltungen zu finden. In den ersten Jahren fand alles im „Kaiserhof statt, dann wechselte man in die Eifelkaserne auf die „Windige Höh". Der Lindesaal im „Hotel zur Linde" (bei Fred und Dorle Schug) wurde 1977 zum 25jährigen Jubiläum mit Prinz Manfred I. Saur und Adjutant Günther Hoffmann von den Vereinsmitgliedern hergerichtet, da keine anderen Räumlichkeit zur Verfügung stand. Die Aula des St. Matthias-Gymnasiums diente auch schon als Saal für Sitzungen, ehe man ein neues Zuhause in der Stadthalle „Rondell" fand. Seit 1964 ist die Brunnenstadt auch Garnisonsstadt. In der Eifelkaserne auf „Windiger Höh" fand das damalige Fernmeldebataillon aus Aachen ein neues Zuhause. Bereits dreimal wurde der Gerolsteiner Prinz aus den Reihen der Soldaten gestellt: 1978 mit Prinz Helmut II. Arndt und Adjutant Henry Seiß, 1985/86 mit Prinz Klaus I. Paulus und Adjutant Reiner Betscheider, 1990 mit Prinz Ludwig I. Hahn und Adjutant Klaus Sohns. Der BundeswehrElferrat begleitete die Burgnarren über viele Jahre hinweg zu allen Veranstaltungen, die während der Session anstanden. Fester Bestandteil im Gerolsteiner Karneval war die alljährlich stattfindende Veranstaltung „Tanz auf .Windiger Höh'", die weit über die Grenzen des Gerolsteiner Landes bekannt war. Ebenso ist

aus dem Terminkalender die Erstürmung der Eifelkaserne unter Mithilfe der befreundeten Karnevalsvereine nicht mehr wegzudenken. Die Teilnahme am Rosenmontagsumzug war für den Elferrat der Bundeswehr der Höhepunkt der tollen Tage. Nach der Tsunamikatastrophe in Südostasien (2004) übergab der Vorstand der Burgnarren einen höheren Geldbetrag an UNICEF, das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen.

Die KG Gerolsteiner Burgnarren ist fest in das Vereinsleben der Stadt integriert, hat gute Verbindungen zu den benachbarten Vereinen wie den Pelmer Ulkvögeln, den Freunden aus Müllenborn, Kalenborn, Roth und Oos. Auch zu den Karnevalisten in Prüm, Hillesheim, Jünkerath, Walsdorf und anderen Vereinen der näheren oder weiteren Umgebung bestehen gute Beziehungen.

Auch der Karneval hat mit den gesellschaftlichen Veränderungen zu tun. Bei den Garden können sich die Vereine vor Zulauf kaum retten, Tanzgruppen erfreuen sich großer Beliebtheit. Büttenredner haben es dagegen heutzutage schwer, liefern doch die Comedy-Sendungen im Fernsehen jeden Tag, was früher nur an Karneval auf die Bühne kam. Musikgruppen wie „Die Dompiraten" orientieren sich an den erfolgreichen Vorbildern aus Köln (Höhner, Black Föös, Brings), sie übernehmen die Stimmungsmache in den Sälen. Party- oder auch Ballermannstimmung sind gefragt. Die Vereine als Veranstalter müssen mitmachen, um die junge Generation für sich zu gewinnen.

Aktuell haben die Burgnarren mehr als 250 Vereinsmitglieder aus unterschiedlichen Nationalitäten, die alle zusammen feiern und eine wunderbare Zwischenmenschlichkeit pflegen. Der erste Vorsitzende Günter Perings hat zusammen mit dem Sitzungspräsidenten Thomas Krämer ein zuverlässiges Team um sich geschart, damit der Karneval auch in Zukunft den Bürgern in Gerolstein und den umliegenden Orten „viel Spaß an der Freud" bereitet.

Der Autor war 1976 Prinz Karneval in seiner Heimatstadt Gerolstein.