Marinekameradschaft Daun - seit 52 Jahren fest in der Eifel verankert

Bernd Binder, Daun

19 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkrieges fanden sich im März 1964 in Daun ehemalige Marinesoldaten der Kriegs-, Reichs- und Bundesmarine sowie Mariner der Handelsmarine zusammen, um eine Marinekameradschaft zu gründen, angeschlossen an den Deutschen Marinebund und Mitglied im Landesverband Nordrhein. Zweck und Ziel der Marinekameradschaft sind die Erhaltung der Marinetradition und des Gedankenguts der Seefahrt, die Pflege der Kameradschaft und die Zusammenfassung aller ehemaligen und aktiven Marinesoldaten sowie Angehörigen der Handels- und Fluss-Schifffahrt.

Die Gründungsversammlung mit 13 Kameraden war im Hotel Groß, das über Jahre hinaus Vereinsheim der Kameradschaft bleiben sollte. Dem neuen Vorstand unter Leitung des ersten Vorsitzenden Bruno Willems gehörten weiterhin an:

als zweiter Vorsitzender Peter Meerfeld, als Kassenwart Adolf Lübbers, als Schriftführer Bernd Binder.

Sehr schnell entwickelte sich ein reges „Bordleben" an der „Back", denn hinter den meisten

Kameraden lagen ereignisreiche und entbehrungsreiche Jahre bei ihren Bordkommandos. Vor allem die letzten Kriegsjahre hatten sie gezeichnet, sei es an Bord eines U-Bootes, eines schweren Kreuzers oder einer anderen schwimmenden Einheit. Die Ehefrauen und Partnerinnen waren von Anfang an in das Vereinsleben eingebunden, sehr bald wurde auch der Kontakt zu anderen Kameradschaften im näheren Bereich gesucht. Bordfeste - erst im internen und später im öffentlichen Bereich - folgten. Wurde das fünfjährige Bestehen noch im kleinen Kreis gefeiert, so waren größere Planungen für das zehnjährige Bestehen erforderlich, denn mit der Feier im März 1974 war nicht nur der Landesverbandstag Nordrhein mit über 80 Kameradschaften verbunden, auch war es gelungen, das Marinemusikkorps Ostsee unter Leitung von Kapitänleutnant Wenzel zu einem Platzkonzert auf dem Marktplatz und einem großen Konzert beim Festabend in der Kaserne zu verpflichten. Die Bigband des Musikkorps spielte vor einem vollbesetzten Haus in Anwesenheit des Präsidenten des Deutschen Marinebundes, Rohlfing. Die

Die Marinekameradschaft im Jahr 1967 mit dem ersten Vorsitzenden Bruno Willems (rechts, stehend) und dem zweiten Vorsitzenden Peter Meerfeld (rechts, sitzend)

24 Mitglieder starke, gastgebende Kameradschaft hatte alle Hände voll zu tun, um eine reibungslose Organisation des Landesverbandstages einschließlich Frauenprogramm sicherzustellen.

Unter den Mitgliedern waren mittlerweile nicht nur Dauner Marinesoldaten. Der Einzugsbereich erstreckte sich bis an die Mosel und nach Nordrhein-Westfalen, was auch dazu führte, dass in den Jahren zwischen 1975 und 1988 die Kameradschaft öfters zu Auswärtstouren unterwegs war. Im Jahre 1981 erfolgte der Wechsel vom Vereinsheim Groß ins Cafe Meerfeld. Ein Jahr später gab es dann den ersten Wechsel in der Person des Vorsitzenden, denn nach 18 Jahren folgte Norbert Bergelt als Kapitän dem Mitbegründer der Kameradschaft, Bruno Willems.

Busreisen in die Marinestädte Kiel, Wilhelmshaven und Bremerhaven waren finanziell nur möglich, weil die Kameradschaft inzwischen auch einen Stand auf der Dauner Kirmes bewirtete, was nicht nur zu einem finanziellen Grundstock führte, sondern auch den Gedanken an ein eigenes Heimschiff verstärkte. Schon früh gab es hierzu konkrete Vorstellungen, aber der Transport eines Schiffes von der Mosel nach Daun erwies sich finanziell als nicht realisierbar. So war es ein Glücksfall, dass im Jahre 1987 seitens der Bundesmarine das ehemalige Minensuch- und spätere Erprobungsboot „Rudolf Diesel" für Marinekameradschaften in Deutschland angeboten wurde. Als die Entscheidung der Kameradschaft für dieses Boot mit zukünftigem Hafen Senheim gefallen war, konnten jedoch nicht alle Probleme erkannt werden, die noch kommen sollten, aber später stets bewältigt wurden. Nach der Besichtigung des Bootes durch ein Vorkommando in Wilhelmshaven wurden die konkreten Planungen eingeleitet. Wichtigste Punkte waren die Beschaffung eines Pontons, die Herrichtung des Liegeplatzes einschließlich Steg und Widerlager in Senheim mit großer Unterstützung durch das Wasser- und Schifffahrtsamt, der Material- und Verpflegungstransport mit Hilfe der Dauner Bundeswehr nach Wilhelmshaven, die Anreise der meisten Mitglieder der Kameradschaft nach Wilhelmshaven zur Unterstützung der mehrtägigen

Überführung sowie die Indienststellung in Wilhelmshaven inklusive Seetauglichkeit. Die Überführung dauerte drei Tage und erfolgte mit Hilfe von Funkern des Dauner Funkclubs und von Lotsen für Rhein und Mosel und unter Leitung des ehemaligen Kommandanten Kowalski, unterstützt von Maschinisten/Seeleuten. Am 21.09.1987 begann die Aktion über die Nordsee, Rotterdam, Rhein und Mosel mit bangen Minuten bei der Unter-querung der Brücken. Unvergesslich bleibt die Begrüßung in Senheim durch Bürgermeister Schlagkamp und die Weinkönigin mit ihren Prinzessinnen.

Die Rudolf Diesel in Senheim

Mit dem Anlegen der „Rudolf Diesel" begann eine überaus abwechslungsreiche und arbeitsintensive, aber auch unvergessliche Ära der Marinekameradschaft bis zur Abgabe des Heimschiffes im Jahre 2001. Hier eine Kurzbeschreibung der „Rudolf Diesel":

- 1943 in Chicago/USA erbaut, 1960 von der Bundesmarine erworben, 1961 Indienststellung als Minensuchboot/Erprobungsboot

- Länge 42,13 m, Breite 7,47 m, Tiefgang 2,40 m, voll ausgestattet mit 23 Kojen, Kombüse, Messen, Toiletten, Duschen usw.

Während der Liegezeit im Schutzhafen von Senheim diente das Schiff der Marinekameradschaft nicht nur als Heimschiff und Kameradschaftsheim, sondern wurde zu einem gesuchten Urlaubsziel für Vereine, Kameradschaften, Partygäste, Jugendgruppen und viele andere Privatleute aus ganz Deutschland, die hier ihre Wochenenden feierten. Unter fachmännischer Betreuung durch die Kameraden stand das Schiff ganzjährig zur Anmietung

bereit. Einmal im Jahr gab es ein großes Bordfest, meistens unter Beteiligung von Shantychören und mit großem Besucherandrang. An diesem Tag war es auch für viele Dauner Bürger eine Selbstverständlichkeit, ihr „Marineboot" zu besuchen. Dann kam auch die „Pinado", ein Beiboot, für Hafenrundfahrten zum Einsatz. Selbst ein Flohmarkt mit maritimen Artikeln durfte nicht fehlen.

1989 Plakat zum Tag der offenen Tür in Senheim

Auch die ehrenamtliche Arbeit kam nicht zu kurz. Außer dem obligatorischen Arbeitseinsatz an einem Wochenende vor Saisonbeginn waren ständig Arbeiten an dem Holzschiff erforderlich. Viele Stunden lang wurde „gepönt" und gehämmert, denn die „Rudolf Diesel" war auch ein Aushängeschild im Senheimer Hafen. Wie viele andere Vereine konnte auch die Kameradschaft den Rückgang der Mitgliederzahlen und das Altwerden der Crew nicht verhindern, so dass der Zeitpunkt gekommen war, das Boot im Jahre 2001 wieder zurückzugeben, das heißt, ein Holländer kaufte das Schiff

über die VEBEG, die Vermarktungsgesellschaft der Bundeswehr.

Aber nicht nur an Bord liefen während der Liegezeit die Aktivitäten, auch „an Land" war die Kameradschaft weiterhin sehr rege. 1989 fand das 25-jährige Bestehen mit einem großen Fest im Innenhof des Hotels „Stadt Daun" statt, verbunden mit einer sehenswerten Ausstellung von Buddelschiffen und Schiffsmodellen sowie Bildern der Marinegeschichte. Höhepunkte für die Dauner Seemänner waren zweifelsohne der zweimalige Besuch der „Sail Bremerhaven" (1995 und 2005), das größte Seglertreffen weltweit. Beim ersten Besuch durften die Dauner an Bord des Rahseglers „Großherzogin Elisabeth" inmitten der größten Segelschiffe der Welt hautnah die Regatta erleben. Ein Besuch der „Hansesail" in Rostock-Warnemünde oder das Hamburger Hafenfest mit einer Besichtigung der Fregatte „Mecklenburg-Vorpommern" werden ebenfalls unvergesslich bleiben. Nach dem Abschied von der „Rudolf Diesel" brauchte die Kameradschaft ein neues Clubheim und wurde dabei Dank der Hilfe durch den Kameraden Josef Berns und Ehefrau Doris, die ihr Gartenhaus maritim ausrüsteten, sehr schnell fündig, denn zukünftig gab es das monatliche Zusammensein im „Marinetreff" in Gillenfeld., verbunden mit Wanderungen, Grillnachmittagen und vielen weiteren Aktionen.

Mit einem mehrtägigen Besuch in Kiel und einer Kranzniederlegung am Marine-Ehrenmal in Laboe wurde 2014 der Gründung der Kameradschaft vor 50 Jahren gedacht. Ein Jahr später mussten die Kameraden Abschied nehmen von ihrem Vorsitzenden Norbert Bergelt, der fast 33 Jahre als Kapitän die Marinekameradschaft immer auf dem richtigen Kurs gehalten und sich große Verdienste erworben hatte. Bernd Binder, der bereits 18 Jahre lang den Posten des zweiten Vorsitzenden innehatte, übernahm nach dem Tode von Norbert Bergelt den Vorsitz. Neuer zweiter Vorsitzender wurde Uwe Mohrs, neuer Schriftführer Erich Wenz. Hans-Josef Brachtendorf blieb wie in den vergangenen 22 Jahren weiterhin Schatzmeister.

Heute hat die Marinekameradschaft noch 14

2014 Kranzniederlegung im Ehrenmal in Laboe

Mitglieder und leider keine neuen Mitglieder zu verzeichnen, obwohl seit mehreren Jahren und der Organisationsänderung bei der Bundeswehr viele Marinesoldaten in der Dauner Kaserne stationiert sind. Wie in anderen Vereinen wird daher der Bestand der Kameradschaft bei höherem Altersdurchschnitt auf Dauer nicht zu halten sein. Absehbar wird es dennoch weiterhin eine Dauner Marinekame-

radschaft geben. Die ältesten Kameraden und auch Gründungsmitglieder sind mit 91 Jahren Willi Thomas und Walter Scheid, beide auch die letzten Marinesoldaten, die im Zweiten Weltkrieg als junge Matrosen im Einsatz waren.

Insgesamt wünscht sich die Dauner Marinekameradschaft auch für die nächsten Jahre immer „eine Handbreit Wasser unter dem Kiel".