Allein können wir wenig, zusammen viel

Ein Traditionsverein in unserem Dorf

Winfried von Landenberg, Mürlenbach

Im Internet bin ich befreundet mit einer kleinen Gruppe Schriftsteller. Wir schreiben zusammen Geschichten. Als Karneval das gemeinsame Thema war, überlegten wir, wie es sein könne, dass ein Traditionsverein nicht mehr existiert.

Man sagt doch, dass der Deutsche ein Vereinsmeier sei. Es gibt angeblich kein anderes Land auf der Welt, in dem so viele Vereine und Zusammenschlüsse existieren wie in Deutschland.

Aber betrachten wir unseren Ort. Hier gab es seit Jahrzehnten einen Karnevalsverein. Die Jecken aus Mürlenbach gehörten über lange Zeit zur „Creme de la Creme" der Karnevalisten im Kylltal. Bereits vor vielen Jahrzehnten gab es fast immer einen Karnevalsprinzen und auch eine Prinzessin. Da durften der Mundschenk und die Funkengarde natürlich nicht fehlen.

Gefeiert wurde von Weiberdonnerstag bis Rosenmontag. Die Kappensitzung fand bereits einige Wochen vorher statt. Es wurden Karnevalswagen gebaut, die manchen Wagen des Kölner Umzugs in nichts nachstanden - wenn nicht sogar besser und schöner. In unzähligen Stunden entstanden die schönsten Karnevalswagen. Motive wie das Euro-Disney-Schloss, Eisenbahnen, Zirkuswelt und andere Prunkwagen zierten den Umzug, der immer am Karnevalssonntag um 14.11 Uhr von der Feluwa aus gestartet wurde, begleitet von wunderschönen Fußgruppen. Die Kappensitzung war ein weiterer Höhepunkt. Tolle Büttenreden wechselten sich mit Schaueinlagen ab. Das Männerballett sorgte für Begeisterung, und auch die Funken-mariechen erhielten viel Beifall. Eltern und Großeltern schauten sich die karnevalsbegeisterten Kinder und Enkelkinder beim Kinderkarneval an und waren stolz. Bei den abendlichen Arbeiten an den Prunkwagen und beim Herstellen der Kostüme wurde es oftmals spät. Aber das Miteinander und der Stolz über das Ergebnis schweißten die vielen Helfer zusammen. Ohne die Vielzahl von begeisterten Bürgern, die für diese Idee standen und unzählige Arbeitsstunden leisteten, wären diese Veranstaltungen nicht möglich gewesen. Bei den vielen Karnevalsprojekten brauchte es Initiatoren, Planer, Helfer, Sponsoren, Gönner und begeisterte Zuschauer zum Gelingen der fünften Jahreszeit.

2016 gab es in unserem Ort keinen Karneval. Woran mag das wohl liegen? Es hatte wohl vielerlei Gründe. Früher gab es noch die sogenannten Standardfeste, zu denen auch der Karneval gehörte. Aber die Zeiten haben sich gewandelt. Die Jugend ist nicht mehr gewillt, in dieser Beziehung in die Fußstapfen ihrer Eltern zu treten. Die frühere Generation, die das alles bewerkstelligte, ist älter geworden, der Nachwuchs fehlt. Das ist nicht nur bei unserem Karnevalsverein, sondern auch bei anderen Vereinen zu beobachten. Der Nachwuchs geht seine eigenen Wege, was ja auch gut so ist. Aber da bleibt viel Brauchtum auf der Strecke. Die Jugend hat heute ganz andere Möglichkeiten der Freizeitgestaltung wie die Altvorderen. Wie bereits beschrieben, wurden die früheren Aktivitäten durch viele begeisterte Bürger getragen. Der Zusammenhalt und die Gemeinsamkeit in den einzelnen Gruppen, aber auch im gesamten Verein wurden gefördert. Das ist nun leider nicht mehr so. An unserem Beispiel sieht man leider deutlich, dass wir gemeinsam Großes leisten können, alleine oder mit Wenigen aber nichts dergleichen mehr schaffen.

Wenn es darum ginge, den Karneval in der warmen Stube vom PC oder iPad aus zu gestalten, so würde es nicht an Helfern mangeln. Ich denke da auch an unsere SchriftstellerGruppe. Viele haben gute Ideen, aber mit einem iPad macht man keine Karnevalsumzüge. Na, ja, vielleicht in der Zukunft, wenn jeder über einen 3-D-Drucker verfügt.