Vom Höhenflug des Sportvereins Büscheich

Oswald Weber, Gerolstein-Büscheich

Das folgende Beispiel aus Büscheich bestätigt die Richtigkeit des Mottos „Allein können wir wenig, zusammen viel" und zeigt, dass es sowohl für Vereine als auch für Dorfgemeinschaften gilt. Ideal ist es, wenn im Dorf Gemeinschaftssinn und Zusammenhalt Vereine und Bevölkerung verbinden. Der Sportverein Büscheich wurde im Jahr 1920 gegründet, darf sich also mit Fug und Recht Traditionsverein und einer der ältesten Sportvereine im Eifelraum nennen. Einen besonderen Höhenflug erlebte der Verein in der Zeit zwischen 1964 und 1984, als die erste Fußballmannschaft mit ihren Erfolgen den Verein und das kleine Dorf Büscheich weit über die Grenzen des ehemaligen Landkreises Daun hinaus bekannt machte. Der damalige Vorsitzende des Fußballkreises Eifel, Werner Berger, schrieb 1980 in seinem Grußwort zum 60-jährigen Jubiläum mit spürbarer Bewunderung: „Diesem SV Büscheich - als kleinem Dorfverein - ist als beinahe unglaubliche und einmalige Leistung der Aufstieg in die Bezirksliga gelungen". Zu Recht verweist er des Weiteren auf die gute Kameradschaft, den großen Zusammenhalt in der Mannschaft und den ebenso großen Rückhalt in der Be-völkerung des kleinen Ortes als Eckpfeiler der außerge-

wöhnlichen Erfolge. Das besondere Indiz für Zusammenhalt und Moral lieferte die Mannschaft zum einen durch Meisterschaften und Aufstiege, vielleicht jedoch mehr noch durch ihre Mentalität, nach bitteren Abstiegen sofort und stark wiederzukommen. Diese außerge-wohnliche Qualität zeigte die Mannschaft insbesondere im Jahre 1968, als man nach dem Abstieg aus der A-Klasse Eifel (Saison 1966/67) sofort wieder aufstieg und als Neuling Meister in der A-Klasse Eifel wurde und somit in die Bezirksliga durchmarschierte - damals die zweithöchste Amateurklasse im Fußballverband Rheinland. In diesen Jahren identifizierte sich ganz Büscheich mit „seiner" Fußballmannschaft, und die Mannschaft spielte mit Stolz für ihr Dorf. Verein und Dorfgemeinschaft fanden sich zu einer geschlossenen Gemeinschaft, von der beide profitierten. Dem Selbstbewusstsein des kleinen Ortes taten die vielen positiven Schlagzeilen in der Presse gut. Wie kam es nun zu dem erstaunlichen Höhenflug des Sportvereins Büscheich vor allem zwischen 1965 und 1973? In Büscheich rollte schon sehr früh nach dem Zweiten Weltkrieg das runde Leder wieder. Es fand sich sehr bald eine spielstarke Mann-

Saison

Klasse

Punkte

Tore

Ergebnis

Bemerkungen

1964/65

l. Kreiskl. Daun

39:1

111:37

l. Platz

Meister u. Aufstieg in die A-Klasse Eifel

1965/66

A-Klasse-Eifel

30:14

95:60

3.Platz

Meisterschaft um 2 Punkte verpasst

1966/67

A-Klasse-Eifel

15:29

59:60

ll. Platz

Vermeidbarer Abstieg

1967/68

1968/69

l. Kreiskl. Daun

A-Klasse Eifel

41:3

43:9

127:17

87:32

l. Platz

l. Platz

Meister U.Wiederaufstieg in die A-Kl. Eifel

Meister und Aufstieg in die Bezirksliga

1969/70

Bezirksliga

22:38

56:82

16.Platz

Abstieg in die A-Klasse Eifel

1970/71

A-Klasse Eifel

42:10

85:23

l. Platz

Wiederaufstieg in die Bezirksliga

1971/72

Bezirksliga

28:32

51:51

9. Platz

Klassenerhalt Bezirksliga

1972/73

Bezirksliga

23:37

48:59

lS. PIatz

Abstieg in die A-Klasse Eifel

schaft mit starkem Zusammenhalt. Ihr blieben zwar Erfolge in Form von Meisterschaften und Aufstiegen verwehrt, sie legte aber trotzdem die Basis für den späteren Aufschwung. Der erste Aufstieg gelang erst im Jahre 1960 aus der damaligen B- in die A-Klasse Daun. Dabei blieb es zunächst, denn als 1963 über eine neue Klasseneinteilung die A-Klasse-Eifel, die so genannte Eifelliga gegründet wurde, war Büscheich nicht dabei. Danach aber ging es Schlag auf Schlag. Zum besseren Überblick sind die folgenden Jahre tabellarisch dargestellt. Nach diesem erneuten Abstieg aus der Bezirksliga stabilisierte sich die Mannschaft und spielte bis zum Jahre 1984 eine gute Rolle in der spielstarken A-Klasse Eifel - mit Ausnahme der Saison 1978/79, als der SV Büscheich nach einer Neueinteilung der Amateurklassen nochmals aufstieg und für ein Jahr Bezirksligaluft schnupperte.

Die Meisterschaften in der A-Klasse Eifel und die Aufstiege in die Bezirksliga kamen auch für die Spieler überraschend, hatte man doch starke Rivalen wie Prüm, Daun, Gerolstein, Hillesheim, Wallenborn, Badem etc. hinter sich gelassen. Die neuen Gegner hießen jetzt Salmrohr, Wittlich, Bitburg, Vfl Trier, Ruwer, Speicher, Bernkastel-Kues, Ehrang usw. Diese etablierten Vereine schienen übermächtig, schweißten aber die Mannschaft noch mehr zusammen.

In der besonders turbulenten Zeit von 1964 bis 1973 mit einigen Höhen und Tiefen hatte die Mannschaft in und um Büscheich große Fußballbegeisterung geweckt. Vor allem die stürmische offensive Spielweise und die da-

raus resultierende spektakuläre Torausbeute wurden zu einem Markenzeichen der Büschei-cher Mannschaft und lockten viele Zuschauer zu den Heimspielen an.

Vor allem nach den Abstiegen aus der Bezirksliga prognostizierten einige, denen die Mannschaft aus dem kleinen Verein zu groß geworden war, den baldigen Absturz. Die Mannschaft bewies regelmäßig das Gegenteil, weil sie wusste, auf welche Eigenschaften sie nach Rückschlägen noch stärker setzen musste. Die Spieler dieser Zeit zeigten sich als verschworener Haufen. Sie wussten, dass sie nur als starke Gemeinschaft mithalten beziehungsweise wieder aufstehen konnten. Jeder konnte sich auf den Anderen verlassen, sowohl auf als auch neben dem Platz. Wie nicht anders zu erwarten, zeigten die Spieler auf dem Platz vollen Einsatz. Kleinere Konflikte gab es ab und an auch, denn bei Überschneidung der Spieltermine mit privaten Anlässen zog man meist den Fußball vor: Man konnte die Mannschaft ja nicht im Stich lassen. Nur mit dieser Einstellung aber konnten auch die bitteren Rückschläge in Form mehrerer Abstiege dem Zusammenhalt und der Kameradschaft nichts anhaben.

Das große Zusammengehörigkeitsgefühl zeigte sich auch nach den Spielen. Nach Siegen und Aufstiegen wurde zusammen gefeiert, nach Niederlagen und Abstiegen zusammen getrauert, beides oft auch mit den Anhängern. Heute ist der Höhenflug längst Geschichte. Nur die Ehemaligen, Spieler wie Anhänger, erzählen noch gerne von Begebenheiten aus dieser so erfolgreichen Zeit des SV Büscheich. Und dabei spürt man noch die Freude, damals

dabei gewesen zu sein. Zwei Beispiele für Kameradschaft und Zusammenhalt in der Mannschaft verdienen besondere Erwähnung. Der aus Gelsenkirchen-Buer stammende Wolfgang Bernd (Stürmer) absolvierte ab Oktober 1966 seinen dreijährigen Wehrdienst in der Kaserne in Daun. Als Jugendlicher hatte er bei seinen gelegentlichen Besuchen in Büscheich verkündet, dass er als Erwachsener in Büscheich Fußball spielen wolle. Dies tat er ab Dienstbeginn. Nach Beendigung seiner Dienstzeit im Herbst 1969 zog er nach Gelsenkirchen zurück. Bis Ende 1972 absolvierte er noch 68 Spiele für den SV Büscheich. Das bedeutete 68 Mal Gelsenkirchen - Büscheich und zurück! Das bedeutete auch, bei Auswärtsspielen per Bus erst mal müde von der Mosel nach Büscheich und dann zurück nach Gelsenkirchen! Nach eigener Aussage hat es ihm bei uns so gut gefallen, dass er diese Strapazen gerne auf sich genommen hat. Kontakt mit ihm besteht heute noch.

Der aus Wanne-Eickel stammende Klaus Kadler (Vorstopper) absolvierte seinen Grundwehrdienst in Lissingen. In dieser Zeit (Saison 1967/68) spielte er in Büscheich Fußball. Nach Beendigung des Wehrdienstes zog er nach Wanne-Eickel zurück. Weil es ihm beim SV Büscheich anscheinend auch gut gefallen hatte, versprach er, nach Ablegung seiner Meisterprüfung nach Büscheich zurückzukommen. Und tatsächlich, nach Ablauf von zwei Jahren war Klaus Kadler wieder da, spielte für den SV Büscheich, baute ein Haus und blieb. Zusammenhalt, Einsatz und großes Engagement zeigten in diesen Jahren auch die Vorstände, die Betreuer und die Helfer neben dem Platz in vorbildlicher Weise. Sie bildeten mit den Spielern eine geschlossene Gemeinschaft. Und diese Gemeinschaft hat in dieser Zeit bewiesen: Allein können wir wenig, zusammen viel.

Dass der Sport aber noch mehr kann, zeigt folgender Nebeneffekt. In Büscheich spielten schon immer Fußballer aus Michelbach. Vor allem in der erfolgreichen Zeit trug dies nicht unwesentlich dazu bei, das früher auch schon mal angespannte Verhältnis zwischen den beiden Orten zu normalisieren. Also auch außerhalb des Platzes ein Erfolg.

Natürlich wurden die anderen Dorfvereine wie Freiwillige Feuerwehr und Musikverein durch den Höhenflug des Sportvereins auch in eigener Sache motiviert, und davon profitierte letztlich die gesamte Dorfgemeinschaft. Denn nach wie vor gilt, dass starke, engagierte Vereine das ganze Dorf beflügeln. Die Vereine unterstützen sich gegenseitig und sind bei allen Anlässen des Dorfes im Einsatz. Sehr wichtig auch: Sie kümmern sich um das Brauchtum im Ort.

Der Umfang des Einsatzes für die Gemeinde ist immer auch abhängig von den handelnden Personen, von den Verantwortlichen der Vereine. Und hier schließt sich gewissermaßen ein Kreis. Viele haben das Motto, dass man nur gemeinsam stark ist, früher in verantwortlichen Funktionen oder als Aktive in ihren Vereinen erfahren und verinnerlicht. Sie haben sich ihren Gemeinschaftsgeist bewahrt und geben ihn jetzt an die Dorfgemeinschaft weiter.

So hat sich vor etlichen Jahren in Büscheich die sogenannte Rentnerband gegründet, die überwiegend aus ehemaligen Aktiven der verschiedenen Dorfvereine besteht und mit unentgeltlichen Eigenleistungen zuverlässig für das Gemeinwohl tätig ist. Die Mitglieder dieser Gruppe haben sich auch ihren Mannschaftsgeist bewahrt. Sie arbeiten zusammen, und wenn die Arbeit zu Ende und gelungen ist, wird auch mal gefeiert. Seit 1994 kommen im Schnitt pro Jahr fast 300 notierte Stunden im Bereich neuer Maßnahmen und Unterhaltungsarbeiten zusammen. Bei größeren Maßnahmen wie Sanierung und Umbau des Gemeindehauses, Aufbau des Spielplatzes, Innen- und Außenrenovierungen der Kirche erhöht sich die Stundenzahl um das Mehrfache. Auch hier gilt das Motto: Allein schaffen wir nichts, zusammen können wir noch einiges bewegen.

(Alle Angaben stammen aus eigener Kenntnis oder sind der Chronik des SV Büscheich entnommen. Der Verfasser war in dieser Zeit 23 Jahre Spieler des SV Büscheich, davon 18 Jahre als Spielführer.)