Alter Brauch, neu entdeckt

- Ein Besuch beim Gillenfelder Strickclub -

Helmut Trapp, Gillenfeld

In der so genannten „guten alten Zeit", als es weder Fernsehen noch Radio gab, trafen sich die Frauen aus der Nachbarschaft an langen Winterabenden, um sich in geselliger Runde zu entspannen. Da wurde Flachs gesponnen und gewebt. Es wurde gestrickt, gehäkelt, geflickt und gestickt - besonders beliebt waren Monogramme für die Aussteuer der Tochter. Es wurden Anekdoten erzählt und Volkslieder gesungen. Diesen Brauch haben 1981 einige Frauen aus Gillenfeld und Umgebung mit gemeinsamem Stricken und Häkeln neu belebt. Sie nennen sich „Strickclub" Gillenfeld, haben keinen Vorstand, keine Vereinssatzung und auch keine Tagesordnung. Da diese Frauen seit 35 Jahren tätig sind, ist es verständlich, dass die Altersgrenze bei 60 plus liegt. Die Frauen treffen sich an jedem ersten Dienstag eines Monats abwechselnd bei einer der Teilnehmerinnen.

Im Mai 2016 war Anita Hensel-Elfering an der Reihe. In ihrem wohnlich und dekorativ aus-

gestatteten Gartenhaus erlebte ich, was in der heutigen Zeit Zusammengehörigkeitsgefühl bedeutet. In einer frohen Runde - bei einem Gläschen Sekt - erzählten die „Strickfrauen" während des Strickens und Häkelns von Ereignissen aus Gillenfeld.

Als Laie war ich erstaunt, wie die Damen ihr Handwerk beherrschten und sich dabei auch noch unterhalten konnten - über die Planung der 1000-Jahrfeier im September, über den Florinshof, den Verkauf von Wohnungen und Wohnhäusern, auch über die Schule, denn einige Großmütter haben Enkelkinder in der Schule. Auf Nachfrage antworteten sie im Chor, dass sie nie über ihre Männer lästern. Selbstverständlich kommen bei der Unterhaltung auch die Personen nicht zu kurz, die in letzter Zeit im Dorf besonders aufgefallen sind. Abschließend stelle ich fest: Diese Form des zwanglosen Treffens hat mir gefallen, und keiner soll behaupten, dass Frauen sich nicht für Kommunalpolitik interessieren.