Wie die Leichtathleten die Vulkaneifel vereinten

Heinz Reifferscheid, Gönnersdorf

Einmal Leichtathletik, immer Leichtathletik! Wen die messbarste aller Sportarten einmal richtig gepackt hat, den lässt sie oftmals nicht mehr los. In dieser Rückschau möchte ich deshalb festhalten, wie die heimischen Leichtathleten eine riesige Erfolgswelle mit über 140 nationalen Medaillen auslösten, weil ihre Führungsriege mit Weitblick ihrer Zeit voraus war. Und es schaffte, die Vulkaneifel zu vereinen. Natürlich werden auch die Wellentäler in der nun schon 44 Jahre dauernden Zusammenarbeit nicht ausgespart.

Der Sportpionier Peter Tourmo

Man kommt bei einem Rückblick an der vielleicht größten Sportpersönlichkeit des Kreises Daun nicht vorbei, nämlich an Peter Tourmo (Jahrgang 1908) aus Daun. Bevor er im Juli 2001 im Alter von 93 Jahre starb, hatte er in seiner Funktion als Sportkreisvorsitzender noch viele Jahre mitverfolgen dürfen, wie seine Saat aufging. Der Moselaner, 1948 von Bernkastel nach Daun zur Leitung des Arbeitsamtes versetzt, hatte sich ehrenamtlich der Leichtathletik verschrieben. Dabei war Tourmo weder Trainer, noch fiel er durch besondere leichtathletische Fachkompetenz auf. In erster Linie war er ein glänzender Organisator, einer mit Beharrlichkeit und Durchsetzungsvermögen. Sein Wort hatte überall Gewicht. Den Satz „Peter Tourmo ist ein Glücksfall für den Sport" hörte oder las man nicht nur 1974, als ihm das Bundesverdienstkreuz verliehen wurde.

Tourmos Verdienst war es auch, dass 1953 das Dauner Wehrbüschstadion mit seiner ersten 362 Meter langen Laufbahn mit „Quergefälle" entstand - trotz exotischer Maße die Wiege der Leichtathletik im Kreis Daun und legendärer Meetings, deren Serie 1954 mit den ersten Internationalen Eifelkampfspielen - Tourmos „Lieblingskind" - begann und erst

1999 mit der 40. Auflage endete. Viele nationale und internationale Stars gaben sich in Daun ein Stelldichein und machten die Kreisstadt weithin bekannt. Mitte der 1960er Jahre kam viel Bewegung in die nationale Leichtathletik. Der Deutsche

Leichtathletik-Verband (DLV) ließ Wettkampfgemeinschaften (LGs) zu. Und gleich zum 1. Januar 1965 wurde in Gerolstein unter der Regie von Josef Pfeil und unter maßgeblicher Mitwirkung von Soldaten der Bundeswehrgarnison Lissingen (hier ist Ludwig Beißel als Triebfeder hervorzuheben) die erste LG der Region Trier gegründet. Sie bestand aus den bis dahin in der Leichtathletik konkurrierenden Gerolsteiner Vereinen SV und ESV. Beim VfL 09 Jünkerath erlebte man parallel zum Niedergang des Geräteturnens den Aufstieg in der Leichtathletik. Auswanderer Udo Grady (vielfacher kanadischer Seniorenmeister mit immer noch vielen Kontakten zur Heimat) hatte erste Aufbauarbeit geleistet, und ich wurde als 21-Jähriger dessen Nachfolger. Zwar mit wenig Ahnung, aber umso mehr Begeisterung, die bekanntlich Berge versetzen kann. Nach einigen Lehrjahren führte der Weg steil aufwärts.

Eine immens wichtige Rolle in der Entwicklung der Leichtathletik im VfL 09 spielte damals die Familie Schuberth aus Oberbettingen. „Oberschiedsrichter" Georg Schuberth, von der Firma Rauschert im ostbayerischen Kulmbach in die Eifel versetzt, schickte seine Söhne Manfred und Edgar zum VfL 09. Beide standen - ob als Athleten oder später als Trainer - lange im Zentrum des Geschehens. Aber weil es in Jünkerath keine richtige Sportstätte gab, waren wir ab 1965 (bis 1980) Gast im neu entstandenen Hillesheimer Sportpark. Dies führte auf Initiative von Berthold Börner (VfL Hillesheim) ab 1. Januar 1969 fast zwangsläufig zur LG Jünkerath-Hillesheim, die mit dem zwei-

fachen Deutschen Jugendmeister von 1971 (Waldlauf und 1500 Meter Halle), Raimund Darscheid aus Jünkerath, ihr Aushängeschild hatte.

Die Gründung der LG Vulkaneifel

1966 wurde Christoph Müller, vor seiner Versetzung nach Daun Dorfschullehrer in Schalkenmehren, Kreisjugendwart der Leichtathleten. Zwei Jahre später trat er die Nachfolge Peter Tourmos als Kreisvorsitzender an. Aber nicht um in dessen große Fußstapfen zu treten - man kann dann schlecht überholen, sondern um seine Visionen in die Tat um zu setzen. Er setzte sich für das Wiedererstarken der Dauner Leichtathletik ein und widmete sich insbesondere dem Ziel einer kreisweiten Zusammenarbeit. Bald stand ihm das Glück zur Seite, und zwar in Gestalt seines Schülers Karl Fleschen aus Mehren, der am 1. Mai 1971 aufgrund einer Wette über den Lauf „Rund um das Schalkenmehrener Maar" zur Leichtathletik fand. Noch im gleichen Jahr avancierte der 16-Jährige zur nationalen Spitze seiner Altersklasse. Die Trainings- und Wettkampfplanung des Senkrechtstarters übernahm Lothar Hirsch aus Koblenz, später viele Jahre Bundestrainer der Langstrecker. So ging Christoph Müller mit dem TuS 05 Daun gestärkt in die „Fusionsverhandlungen".

Christoph Müller verstorben

Die Leichtathletik-Gemeinschaft Vulkaneifel

trauert um ihren Gründungsvater

Christoph Müller aus Daun, der die letzten sieben Jahre seines Lebens wegen einer unheilbaren Erkrankung in einem Seniorenheim in Mehren verbrachte, verstarb am 29. Juni 2016 im Alter von 84 Jahren. Für die Leichtathleten aus der Region ist sein Name in erster Linie verbunden mit der Leichtathletik-Gemeinschaft Vulkaneifel.

Er war nicht nur einer der Mitbegründer, sondern 1972 auch Hauptinitiator des kreisweiten Zusammenschlusses der Leichtathleten zu einer Wettkampfgemeinschaft. Viele erinnern sich aber auch noch an den Aufstieg des späteren Weltklasseläufers Karl Fleschen, dessen erste sportliche Jahre Christoph Müller begleitete. Über drei Jahrzehnte verdienstvolles

ehrenamtliches Engagement in vielen sportlichen Funktionen, dies trotz aller familiären und beruflichen Verpflichtungen, wurden von der Landesregierung 1998 mit der Verleihung des Sport-Obelisken, der höchsten Auszeichnungen im rheinland-pfälzischen Sport, gewürdigt.

Begonnen hatte das sportliche Engagement Müllers, damals Lehrer an der Dorfschule in Schalkenmehren, bereits Mitte der Sechziger Jahre. Bald bekannt wurden die von ihm initiierten Läufe „Rund um das Schalkenmehrener Maar". Über viele Jahre ein laufsportlicher Anziehungspunkt, bei dem am 1. Mai 1971 „Lauflegende" Karl Fleschen, 1976 erster und bisher einziger Olympiateilnehmer eines Vereins aus der Region, mit 16 erstmals die Laufschuhe für einen Wettkampf schnürte. 1966 wurde Müller Jugendwart im LA-Kreis Daun und zwei Jahre später trat er die Nachfolge von Leichtathletik-Pionier Peter Tourmo als „Kreisfachwart für Leichtathletik", wie die Funktion des heutigen Kreisvorsitzenden damals benannt war. Zuvor hatte er an seinem neuen Wohnsitz Daun die LeichtathletikAbteilung des TuS 05 Daun übernommen und „wiederbelebt".

Bei Gründung der Leichtathletik-Gemeinschaft Vulkaneifel, man war der Zeit um einiges voraus was die Namensgebung anbelangte, übernahm Müller den Vorsitz. Die „LGV" wurde bald zu dem großen sportlichen Aushängeschild für die ganze Region. In der LGV hatten sich damals die Vereine TuS o5 Daun, der SV 1919 Gerolstein, VfL 09 Jünkerath und VfL Hillesheim als die „Leichtathletik tragenden" Vereine des Kreisgebiets zu einer Startgemeinschaft zusammengeschlossen. Heute ist die LGV, der außerdem der SV Fortuna Ulmen und der VfB Ahbach angehören, eine der Startgemeinschaften mit der längsten Überlebensdauer in Deutschland. Im Rheinland ist nur die LG Sieg etwas älter. Den Vorsitz, den er von 1973 bis 1987 innehatte, übernahm Christoph Müller 1993 nochmals für acht Jahre, als die LGV trotz hervorragender sportlicher Erfolge in ihrer bislang größten Krise führungslos geworden war.

Auch später im Ruhestand war der ehemalige Hauptsschullehrer weiter für die Leichtathletik

Die LGV-Gründung: v.l. Heinz Reifferscheid, Berthold Börner, Peter Tourmo, Josef Pfeil, Nikolaus Böffgen, Christoph Müller, Michael Klassmann, Georg Schuberth und Hans Marx.

tätig. Unter anderem gab er seine langjährigen Erfahrungen an der Basis innerhalb eines Arbeitskreises für neue Wege und in der Organisation des Schulsportfaches Leichtathletik an die ministerielle Ebene weiter. Für die Leichtathleten der Vulkaneifel wird Christoph Müller unvergessen bleiben. Am 4. Dezember 1972 gründeten in Gerolstein die Vereine TuS 05 Daun, SV 1919 Gerolstein, VfL 09 Jünkerath und VfL Hillesheim die Leichtathletik-Gemeinschaft Vulkaneifel, kurz LGV genannt. Christoph Müller übernahm den Vorsitz und hatte schon vieles im Detail vorbereitet, so auch die erste Ausstattung mit Wettkampfbekleidung. Das helle Blau erstrahlte für die Maare, die „Augen" der Vulkaneifel, das Gelb für den das Weinfelder Maar umgebenden Ginster. Kurzum, ihm ging es als Lehrer mit enger Verbindung zu Geografie und Geologie auch darum, den Bekanntheitsgrad der Vulkaneifel weit nach außen zu transportieren. Die Vulkaneifel war damals noch kein

Markenzeichen, auch wenn das Beispiel bald Schule machen sollte. Dass der LGV ein Bestand von mehr als 40 Jahren beschieden sein sollte, daran hätte damals niemand zu denken gewagt, sind Wettkampfgemeinschaften ein doch arg zerbrechliches Gut. Im LV Rheinland ist von den Erstgründungen nur die LG Sieg noch zwei Jahre älter.

Sein Stern strahlte hell

Karl Fleschen wurde im Februar 1973 in München Deutscher Jugendhallenmeister über 1500 Meter - ein Superstart nicht nur für ihn, sondern auch für die noch ganz junge LG. Im Sommer schaffte er auf der Bahn das Double und hatte viele weitere Erfolgserlebnisse. In erster Linie durch ihn wurde das Blau-Gelb der LGV bald weithin zum Markenzeichen. Aber der Mehrener war keineswegs Alleinunterhalter, auch andere sorgten für Glanz. Anfang Oktober 1974 liefen die Jünkerather Zwillinge Gisela und Helga Schmitz mit Do-

rothee Bormann aus Prüm, alle erst 14 Jahre alt, bei den „Deutschen" über drei Mal 800 Meter zu Bronze in der Jugendklasse A (bis 18 Jahre) und zum Deutschen B-Jugendrekord. Die Zeit von 6.51.0 Minuten (800-Schnitt 2.17.0) wird heute in der Klasse U 16 geführt und wurde seither bundesweit nur ein einziges Mal unterboten.

Karl Fleschen wird Olympiastarter

Am 8. Juni 1976 steigerte Fleschen sich im Düsseldorfer Rheinstadion über 1500 Meter um rund fünf Sekunden auf 3.38.6 Minuten. Die Sensation war perfekt, als der 21-Jährige bald darauf für die Olympischen Spiele nominiert wurde. Auch wenn in Montreal seine Unerfahrenheit zum Vorlauf-Aus führte, das Erlebnis Olympia konnte ihm keiner mehr nehmen. Es sollte für ihn allerdings einmalig bleiben. Denn 1980, auf dem Höhepunkt seines Könnens bereits sicher qualifiziert , boykottierte Deutschland die Olympischen Spiele in Moskau, und vier Jahre später (Los Angeles) hatte „Charly" den Zenit seiner imposanten Karriere bereits überschritten. 1977 wechselte Fleschen zu „Bayer" nach Leverkusen. Im Nachhinein betrachtet wegen der besseren Rahmenbedingungen die genau richtige Entscheidung, auch wenn er gerne LGVler geblieben wäre. 1977 sollte „sein" Jahr werden. Im legendären 5000-Meter-Rennen von Stockholm am 5. Juli 1977 schrammte der junge Läufer aus der Vulkaneifel hinter dem neuen Weltrekordler Dick Quax (Neuseeland) in 13.13.88 Minuten nur um knapp eine Sekunde am Weltrekord vorbei und dieser Glanz fiel auch auf die LGV. Anmerkung dazu: Es sollte noch eine Weile dauern, bis die Läufer aus Ostafrika in neue Dimensionen vorstießen, und Doping war damals im Gegensatz zu heute zumindest noch kein Dauerthema. Trotz des Abschieds seines Aushängeschildes wurde 1977 auch zu einem Spitzenjahr in der frühen LGV-Geschichte. Gleich drei Teams standen bei den Deutschen JugendStaffelmeisterschaften im Oktober im Berliner Mommsenstadion in den Finals und die Zeit von drei 14-jährigen Jungen (Andreas Holzhäuser, Lothar Ganser und Horst Schmitz) von 8.18.1 Minuten über drei Mal 1000 Meter be-

deutete Silber und wurde seither in RheinlandPfalz nie mehr erreicht.

1984: Der neue Höhenflug

Nach einer Durststrecke Anfang der 1980er Jahre gab es einen neuen Höhenflug für die LGV. Maßgeblich daran beteiligt war die Familie Udelhoven, die von Köln in die Eifel gezogen war. Gerhard Paech, Geschäftsführer des LVR, hatte im Herbst 1983 die Kontakte zur LGV geknüpft, und Peter und Ingrid Udel-hoven (geb. Schlundt, frühere EM-Teilnehmerin über 80 Meter Hürden) schickten Jussi, Lukas, Elisabeth und Kathi zu mir ins Training, auch wenn Vater Udelhoven im Hintergrund die Fäden zog. Jussi spurtete am 22. Juli 1984 in Fulda in einem mitreißenden Rennen in 1.50.22 Minuten zum Deutschen Jugendmeistertitel über 800 Meter. 1985 folgte der Titel bei den Junioren und Jussis größter internationaler Erfolg noch vor seinem Wechsel zur LG Düsseldorf: Silber bei den Junioren-Europameisterschaften auf seiner Spezialstrecke.

1986 blieb besonders in Erinnerung durch das Ende einer langen Serie. Der für Pfingsten bestellte Bus für über 50 Sportler zum Kreisvergleich in den Schwalm-Eder-Kreis musste storniert werden: Nach der Tschernobyl-Katastrophe waren alle Sportanlagen in Hessen gesperrt. Die 15. Begegnung kam nie mehr zustande - es bleibt aber die Erinnerung an ganz besondere sportliche Höhepunkte, die dem Zusammenhalt innerhalb der großflächigen LG sehr förderlich waren.

Christoph Müller übergibt an Johannes Frings

14 Jahre lang war der „Vater" der LGV auch deren Vorsitzender. Nun kam 1987 die Wachablösung durch Johannes Frings, der seine Karriere als einer der erfolgreichsten Diskuswerfer des Rheinlandes beendete und sich (als ehemaliger Direktor in Diensten der Volksbank Daun dafür prädestiniert) fortan besondere Verdienste um die oft kritischen LGV-Finan-zen erwarb.

Sportlich machten bald darauf die Lang-

streckler um den Gerolsteiner Klaus Klaeren als Pionier des Triathlonsports (Deutscher und Europameister) von sich reden. Erik Simonis aus Jünkerath krönte seine Läuferkarriere mit seinem Marathondebüt im Bienwald bei Kandel mit 2.21.47 Stunden. Eine Zeit, die in

der Trierer Region mehr als zwei Jahrzehnte unangetastet bleiben sollte. 1990 mischte der vielfache Deutsche Seniorenmeister Peter Udelhoven erstmals international mit. In Budapest wurde er Senioren-Europameister M 45 über 400 Meter Hürden und „Vize" über 110 Meter Hürden.

Abschied zu nehmen galt es 1991 von einem unermüdlichen Kämpfer für den Sport, Rudi Arimond aus Gerolstein. Der mehrmalige Deutsche Seniorenmeister erlag mit 63 Jahren einem Krebsleiden. Auch nach mehr als 25 Jahren ist er als einer der herausragenden Sportpersönlichkeiten der Region unvergessen.

Nicht mehr konkurrenzfähig

Sportlich topp stand die LGV 1990 dennoch vor einer ungewissen Zukunft. Seit den 1980er Jahren hatten die Allwetterbahnen sich (endlich) auch in Rheinland-Pfalz etabliert. Ausgerechnet Willi Klein, als LSB-Präsident damals einer der großen Macher auf der Sportbühne in Rheinland-Pfalz, war der Blockierer. Viel zu lange folgte die Landesregierung dessen Credo, nur Ludwigshafen, Koblenz und Trier seien geeignete Standorte für „Tartanbahnen". Aber die Entwicklung war nicht aufzuhalten. Als der Durchbruch gelungen war, blieb ausgerechnet die Vulkaneifel trotz Spitzenstellung in der Leichtathletik ein weißer Fleck. Spät, aber nicht zu spät, wurde am 10. Mai 1992 im Dauner Wehrbüschstadion die neue Kunststoffbahn eingeweiht.

Rechte Freude wollte sich in der LGV trotzdem nicht einstellen, denn Vorsitzender Johannes Frings musste nach einer schweren Erkrankung sein Amt aufgeben und nach zwei Jahren Interimsvorsitz (Sportkreisvorsitzender Bruno Esch) stand die LGV mangels Vorstand vor dem Aus. Dieses konnte nach zwei vergeblichen Anläufen am 26. April 1993 doch noch abgewendet werden: LGV-Gründervater Christoph Müller, dessen Wirken 1998 mit dem Obelisken, der höchsten Sportauszeichnung des Landes Rheinland-Pfalz, gewürdigt wurde, übernahm noch einmal das Ruder, und Professor Waldemar Hartmann (Daun) stellte sich als Kreisvorsitzender zur Verfügung.

Die Weichen für die erfolgreichste Zeit der

LGV waren gestellt, nicht zuletzt, weil mit Jochen Kowalinski (SV Gerolstein), Willy Oelert (VfL 09 Jünkerath) und Rolf Haferkamp (TuS 05 Daun) neue Trainer und Mitarbeiter an Bord kamen.

Glanzvolle Zeit mit GEROLSTEINER

1994 gab es neue Höhenflüge der LGV, zum Beispiel durch die jungen Dauner Peter Fritzen und Anna Schuberth. Das setzte sich 1995 auf breiter Front fort, und sorgenvoll fragte man sich im LGV-Vorstand, wie angesichts des riesigen sportlichen Potentials die Zukunft finanziell zu stemmen sein würde. Die Lösung nahte, als zu Beginn des Jahres 1995 der Gerolsteiner Brunnen als einer der Hauptsponsoren beim DLV einstieg. Eine Chance endlich auch für die LGV? Unterstützung fand ich bei den Ehemaligen Peter Mertes und Margot Jostock. Das vorgelegte Konzept „kam an", und ein Fünfjahresvertrag mit GEROLSTEINER ab 1. Januar 1996 war bald unter Dach und Fach. Das gab Planungssicherheit, führte aber auch zu einer Namensänderung in Gerolsteiner LGV.

Viele mussten sich erst daran gewöhnen, die Läufer und Läuferinnen der GLGV eilten indes von Erfolg zu Erfolg, nicht nur zur absoluten Top-Position in Rheinland-Pfalz, sondern beim Laufnachwuchs sogar bis zur Nummer 1 im DLV. „Was sie anpacken, wird zu Gold", überschrieb Sportredakteur Berthold Mertes damals einen großen TV-Bericht zu den LGV-Erfolgen. Das überragende Team um Marc Kowalinski, Lars Haferkamp, Michael May und Carlo Schuff hatte hieran maßgeblichen Anteil.

Aber auch ein Laufsenior trug 1996 wie auch in späteren Jahren viel zum Ansehen bei: Herbert Ehlen aus Dollendorf, Sportlehrer an der Graf Salentin Schule in Jünkerath. Nicht nur wegen seiner überragenden läuferischen

v.l. Lars Haferkamp Marc Kowalinski, Michael May

Leistungen mit nationalen und internationalen Erfolgen, sondern als jemand, der damals wie heute als Vorbild „Sport lebt". Die Tour de Europe und der Zirkus Salentin zum Beispiel waren ihm wichtiger als weitere Medaillen.

Vorzeitiges Ende einer Kooperation

Obwohl insbesondere die Läuferasse der GLGV weiterhin glänzten, blieben 1999 Gratulationen des Sponsoring-Partners aus. Verhandlungen über eine „Aufstockung" zwecks Optimierung der Förderung der Spitzenathleten wurden abgeblockt. Der Grund wurde bald klar: GEROLSTEINER hatte sich beim DLV wieder „ausgeklinkt" und war in den Radsport eingestiegen. Es war unter Regie von Michael Holzer das Gründungsjahr für das Team Gerolsteiner und da passten wir, da 1996 ebenfalls als Team von Gerolsteiner engagiert, nicht mehr ins Konzept. Da ging es weniger um Geld, machte der LGV-Vertrag doch weit weniger als ein Prozent des späteren jährlichen Engagements des Mineralbrunnens im Radsport aus. Es soll aber nicht vergessen werden, dass der bisherige Partner die LGV mit einem „Ausstiegsmodell'" noch bis 2006 unterstützte.

Der Weg des Radsportteams führte mit der Anwerbung von Weltklassefahrern steil nach oben, und 2001 erlangte man die Startberechtigung für die Tour de France und Weltmeisterschaften. Als der Österreicher Georg Totschning 2005 die 14. Etappe der „Tour" gewann, war man buchstäblich auf dem Gipfel angelangt. Das Ziel des Bekanntheits-

grades weit über die Bundesgrenzen hinaus war erreicht. Aber zu welchem Preis!? Das Ende der Geschichte, das Insider keineswegs überraschte: Am 14. Oktober 2008 teilte die Firmenleitung über die Presse mit, sich aufgrund der positiven Dopingbefunde mehrerer Teammitglieder bei der Tour de France nicht erst zum Saisonende, sondern mit sofortiger Wirkung aus dem Radsport zurückzuziehen. Heute noch erinnert der stilisierte Radrennfahrer im Kreisel an der Hochbrücke an eine zweifelsohne ruhmreiche Vergangenheit. Für die LGV bleibt die dankbare Erinnerung an ihre erfolgreichste Zeit, die ohne die Kooperation mit Gerolsteiner so nicht hätte verlaufen können. Leider blieben die Bemühungen um einen Nachfolgepartner, auch Vereinsinteressen geschuldet, ohne Erfolg. Aber das ist eine andere Geschichte.

Rolf Haferkamp 15 Jahre LGV-Chef

Nicht vergessen werden soll, dass Rolf Haferkamp, damals stellvertretender Direktor am Geschwister-Scholl-Gymnasium in Daun, am 1. Januar 2001 die Nachfolge von Christoph Müller als LGV-Vorsitzender antrat. Viel länger als beabsichtigt blieb er im Amt - bis sich im Frühjahr 2015 mit Simon Fischer (SV Gerolstein) endlich jemand aus der jungen Generation zur Übernahme der Verantwortung bereit fand. Die LGV hat Rolf Haferkamp, aktuell immer noch als „EDV-Administrator" im Einsatz, viel zu verdanken. Das gilt auch für Patrick Lohberg, der in verschiedenen Funktionen über zwei Jahrzehnte für den TuS 05 Daun und die LGV eine der großen Stützen war.

Überfliegerin Christina Mohr

Als Balletttänzerin war Christina Mohr aus Ulmen (Vater Willi organisierte dort die Leichtathletik) aktiv, als sie 1996 mit elf Jahren zur LGV und meiner Trainingsgruppe stieß. Die talentierte wie trainingsfleißige Läuferin entwickelte sich bald zur Spitzenathletin. Von 2002 bis 2005 erlief Christina sich auf Strecken bis zu zehn Kilometer nicht weniger als 16 Medaillen bei „Deutschen", davon vier Mal Gold, und wurde vom DLV oftmals international eingesetzt, ehe sie sich aus gesund-

heitlichen Gründen 2006 vom Wettkampfsport zurückzog. Sie gilt neben Kerstin Marxen aus Manderscheid (die aber schon als 17-Jährige nach Leverkusen wechselte) als die bisher erfolgreichste Eifeler Sportlerin überhaupt.

2012: Das 40-Jährige wird gefeiert

Mit dem Ende der Ära der Kooperation mit GEROLSTEINER (1996 bis 2006) war der erfolgreichste Teil der LGV-Geschichte zu Ende. Auch wenn es im Laufbereich immer noch Spitzenathleten (unter anderem Michael Pfeil, Yannik Duppich, Enrico und Mirco Zenzen) gab und die laufstarken Senioren wie Wolfgang Witzel, Jörg Alff und Richard Luxen als nationale Medaillensammler in die Bresche sprangen. Nach dem Rückzug der „alten Garde" um Müller, Reifferscheid, Frings, Walter Häser und Peter Schumacher konnten die entstandenen Lücken nicht wieder geschlossen werden. Eigentlich glaubte niemand mehr daran, dass die LGV das Goldjubiläum Ende 2022 würde feiern können. Also bündelte man 2012 mit tollen Erfolgen noch einmal alle Kräfte und feierte am 24. November 2012 das 40-Jährige als Jubiläum. Weit über 200 Sportler, meist „Ehemalige", waren teilweise von sehr weit her angereist, so Elke Udelhoven-Etten aus Kristiansand im Süden Norwegens. Viele Ehemalige verbinden bleibende Erin-

nerungen an ihre Zeit als LGVler. So wurde das Jubiläumsfest im Haus Vulkania in DreisBrück zu einer großen Wiedersehensfeier mit Nostalgiecharakter.

Wie geht es weiter?

Der 24. November 2012 war auch für mich der Abschied von der LGV, deren Weg ich 40 Jahre lang über Höhen und Tiefen begleiten durfte. Waren es bei mir Alters- und Gesundheitsgründe, lag der Fall bei Jochen Kowalinski ganz anders. Er hatte fast 20 Jahre lang Großes für die Gerolsteiner Leichtathletik (und die LGV) geleistet und trat nun mit noch größerer Enttäuschung ab. Denn nach Hillesheim und Jünkerath hatte nun sogar Kelberg - in der Leichtathletik ein völlig unbeschriebenes Blatt - eine Kunststoffbahn, um die er in Gerolstein viele Jahre vergeblich gekämpft hatte. Von der Verbandsgemeinde, der Stadt Gerolstein und auch von seinem Verein SV Gerolstein fühlte er sich im Stich gelassen. Ironie des Schicksals: Ausgelöst von der erwarteten Fusion der Verbandsgemeinden Gerolstein und Hillesheim wurde der lange Kompetenzstreit zwischen Stadt und Verbandsgemeinde beendet und das Thema „Kunststoffbahn für Gerolstein" auf den Weg gebracht. Umbaujahr möglicherweise schon 2017. Zu spät für Jochen Kowalinski.

War die Zusammenarbeit in der Leichtathletik der Vulkaneifel, die in vielfältiger Weise auch die Unterstützung der Kreisverwaltung in Daun fand, 1972 wegweisend für eine Zukunft mit ungeahnten Höhenflügen, hat sich das Blatt gewendet. Die großen Zeiten der LGV, die zum Zeitpunkt des Schreibens dieses Beitrags aus den Vereinen TuS 05 Daun, SV 1919 Gerolstein, VfL 09 Jünkerath, VfL Hillesheim, VfB Ahbach und Fortuna Ulmen besteht, sind seit 2007 erst einmal Geschichte.

(Heinz Reifferscheid gehörte 1972 gemeinsam mit dem im Sommer 2016 verstorbenen Christoph Müller zu den Gründungsvätern der LG Vulkaneifel und galt lange Zeit als deren Motor. Für seine Verdienste um den Sport wurde ihm 2006 die Verdienstmedaille des Landes Rheinland-Pfalz verliehen)