Der Reisekaiser und sein Hofzug in Gerolstein

Karl Josef Bales, Berndorf

Der Kaiser und sein Hofstaat auf Weg über die Freitreppe zum Hofzug. Foto: Kreisbildstelle Euskirchen

Der letzte deutsche Kaiser und König von Preußen, Wilhelm II, war als technikbegeistert und reisefreudig bekannt. Er verbrachte mindestens neun Monate des Jahres außerhalb seiner Residenzstädte Berlin und Potsdam auf Dienstreisen.

Mindestens 500 Mal nutzte er hierzu seinen Hofzug, mit dem er im Oktober 1913 nach Trier reiste und den er im Bahnhof Gerolstein zu einem Zwischenaufenthalt nutzte.

Der kaiserliche Fuhrpark

Neben dem kaiserlichen Salonwagenzug, diente die 1890 fertig gestellte kaiserliche Yacht „Hohenzollern" dazu, dass der Kaiser gleichzeitig „reisen und regieren" konnte. Gegen das Auto soll er noch um die Jahrhundertwende vorbehalte gehabt haben, wie seine Äußerung „Ich glaube an das Pferd. Das Automobil ist eine vorübergehende Erscheinung." belegt. Wenn er auch anfangs mit seiner Prognose bezüglich des Automobils falsch lag, so war er doch später ein großer Autofan und hatte selbst einen großen Fuhrpark mit 22 Kraftwagen für seinen persönlichen Bedarf, die „Automobil-Abteilung beim kaiserlichen Marstall". Diese Autos waren mit einer speziellen viertönigen Hupe ausgestattet, die auch den Trierer und Gerolsteiner Festgästen das Herannahen „allerhöchster" Wagen ankündigte. Weiterhin signalisierten die Farben der kaiserlichen Fahrzeuge, wer unterwegs war:

Die Hofsalonwagen waren im oberen Bereich elfenbeinfarben und in der unteren Wagenhälfte kaiserblau gehalten, dazu mit goldenen Linien sowie preußischen Hoheitszeichen reichverziert. Ähnlich farblich gestaltet war auch der Automobil-Wagenpark Seiner Majestät.

Einweihung der Erlöserkirche

Am 14. Oktober 1913 reiste Wilhelm II mit seinem Hofzug nach Trier. Dort weihte er die nach ihm benannte Brücke ein und absolvierte ein umfangreiches Besichtigungsprogramm. Nach dem 16-Uhr-Tee setzte der Kaiser seine Dienstreise per Automobil fort und fuhr zur befreundeten Familie des Freiherrn von Schorlemer in die Moselstadt Lieser. Sein Hofzug war ihm zwischenzeitlich über die Eifelbahn vorausgeeilt und stand am Bahnhof Gerolstein zur weiteren Nutzung bereit. Tags darauf begab Seine Majestät sich nach Gerolstein zur Einweihung der Erlöserkirche.

Der Bau der evangelischen Erlöserkirche in der katholischen Eifel war eine gelungene PR-Aktion: Es war die 100. Kirche, die vom Evangelischen Kirchbauverein (Berlin) finanziert wurde. Der Kaiser steuerte zudem 30.000 Goldmark aus seinem Privatvermögen bei. Sie wurde von Franz Schwechten - einem der berühmtesten Baumeister der damaligen Zeit - gebaut, der u. a. auch die Berliner KaiserWilhelm-Gedächtniskirche entworfen hat und der die innere Gestaltung der Erlöserkapelle in Mirbach leitete. Die höchstpersönliche Teilnahme des Kaisers an der Einweihung in der preußischen Diaspora krönte daher diese Werbekampagne.

Den weiteren Verlauf der Feierlichkeiten beschreibt das Unterhaltungsblatt für den Kreis Schleiden vom 18. Oktober 1913: "Zum Schluß nahm der Kaiser den Vorbeimarsch der Ehrenkompagnie entgegen. Der Kaiser stieg dann über eine hierzu angelegte Freitreppe hinunter zum Bahnhof, wo in dem kaiserlichen Sonderzuge das Frühstück genommen wurde. Nach der Tafel besuchte der Kaiser noch einmal die Erlöserkirche, um die Wirkung ihrer architektonischen Schönheiten nochmals zu genießen. Der Kaiser begab sich mit dem Automobil nach Bonn, wo er in der Villa Schaumburg Wohnung nimmt."

Seine Majestät schreitet nach dem Eröffnungsgottesdienst voran ... Foto: Slg. Karl Servatius, Gerolstein

Quellenangabe: Gottwaldt, Alfred: Der Hofzug Sr. Majestät des Deutschen Kaisers, Königs von Preussen
Kreisarchiv Euskirchen, Unterhaltungsblatt, 18. Oktober 1913, Seiten 1 und 2
Trierischer Volksfreund vom 13. Und 14. Oktober 2013
www.germanautoandaerocorps.com/automobilclub/german/das_automobil.html
www.wikiwand.com/de/Hofzug_Kaiser_Wilhelms_II.