Die Kirmes in Lissendorf - Ein alter Brauch im Wandel der Zeiten

Rainer Rothstein, Brühl

Die Lissendorfer Kirmes wird am 2. Sonntag im Oktober gefeiert, angelehnt an den Gedenktag des Kirchenpatrons, dem heiligen Dionysius von Paris.1

Die Vereinschronik des Lissendorfer Kirmesvereins beginnt 1925. Damals wird beschlossen, „ die Kirmes so zu feiern wie im letzten Jahr".2 Der erste dokumentierte Präsident des Kirmesvereins war Josef Mathey aus Lissendorf.3 In der Lissendorfer Schulchronik werden die Kirmesfeierlichkeiten erstmals 1927 erwähnt. Symbol der Kirmes ist der Kirmesknochen. Dieser wird am Kirmesbeginn „ausgegraben" und während der Kirmestage mitgeführt, so zum Beispiel bei der „Häusertaufe". Hierbei werden die neu erbauten Häuser „getauft" und erhalten einen Hausnamen. Die ledige Dorfjugend besucht die Hausbesitzer und wird in fester und flüssiger Form beköstigt.

Der Kirmespastor ist zusammen mit dem Knochenträger und seinen Messdienern die wichtigste Person der Kirmes. Der Pastor hält die Ansprachen und Reden beim Ausgraben des Kirmesknochens, bei der Häusertaufe und beim Begraben der Kirmes. Vor allem bei der Beerdigung des Kirmesknochens werden die Ereignisse der vergangenen Kirmes nochmals erzählt und die Begebenheiten für die Kirmesgesellschaft dokumentiert.

Umzug 1965, aus der Sammlung Rainer Rothstein

„Pastor" Franz Rothstein mit Messdiener Horst Sonntag (hintere Reihe rechts) bei der „Beerdigung" im Jahr 1957; Foto aus der Sammlung des Verfassers.

Nach der Predigt erfolgt die Beerdigung des Kirmesknochens und die „Trauergemeinde" zieht singend (Die sogenannte „Litanei") wieder zum „Leichenschmaus" in die Gaststätte. Der Kirmeschronik ist zu entnehmen, dass von 1939 bis 1947 keine Kirmes gefeiert wurde. Im Jahr 1948 wurde die Tradition wieder aufgenommen. Ab dem Jahre 1960 wurden die Kirmesfeierlichkeiten vom neu gegründeten Schützenverein ausgerichtet. Es erfolgten keine Einträge mehr in der Chronik des Kirmesvereins. Nachdem der Schützenverein seine Aktivitäten eingestellt hatte, wurde die Lissendorfer Kirmes im Jahr 1975 - zum 50-jährigen Bestehen -wieder durch den neugegründeten Kirmesverein ausgerichtet und groß gefeiert. Die Anregung hierzu kam von der sogenannten „Alten Garde", bestehend aus Walter Heinen, Günter Ewen, Alwin Manderfeld, Franz Rothstein und Josef Krämer. Alle ehemaligen Kirmesvereinsmitglieder wurden angeschrieben und in diesem Jahr erreichte der Kirmesverein eine bisher nie dagewesene Mitgliederstärke von 102 (!) Personen.4

Ein Totenzettel der besonderen Art zur Beerdigung der Kirmes. Aus der Sammlung Rainer Rothstein

Der Kirmesplatz in den 1960er Jahren Sammlung Rainer Rothstein

Der Kirmesplatz befand sich früher auf dem Lissendorfer Sportplatz, mittlerweile auf dem Parkplatz beim Gasthaus Sonntag.

Bereits ab dem Jahre 1965 hatte sich die Interessengemeinschaft „Aktion Viel Schwein" gegründet.5 Am letzten Kirmestag wird Schweinefleisch vom selbstgebauten Grill verkauft, der Erlös dient einem guten Zweck.

Bisher sind rund 30.000,- Euro für Vereinsund Jugendarbeit sowie für Projekte der Gemeinde gespendet worden.

Heute kümmert sich die „Aktion Viel Schwein" um die Organisation der Kirmes, das komplette Programm und die Veranstaltung am letzten Kirmestag. Seit dem Jahr 2015 sind die Kirmesfeierlichkeiten bereits am Kirmesmontag beendet, bis dahin war der Dienstag der letzte Kirmestag. Die Dorfjugend ist im Team gut eingebunden und wird in jedem Jahr zur Teilnahme angesprochen, damit der Kirmesbrauch in unserm Dorf weiter lebendig bleibt.

Anmerkungen:
1 Heiligenlexikon.de. Der katholische Gedenktag des heiligen Dionysius (Denis) von Paris ist der 9.Oktober.
2 Chronik Kirmesverein Lissendorf, Seite 3
3 Chronik Kirmesverein, Seite 4 und 155
4 Chronik Kirmesverein, Seiten 156-158.
5 Aktion Viel Schein - eine kleine Chronik; Lissendorf 2013.

Vordere Reihe von links: Erik Michels, Matthias Michels, Frank Scherner, Klaus Appelhans, Michael Löbens. Hintere Reihe von links: Franz Werner Schmitz, Dieter Friesen, Manfred Michels, Paul Leuwer, Klaus Heinen, Rudi Leuwer, Christian Richartz, Rainer Rothstein, Horst Löbens.