Kamelle! Kamelle! Kein Rosenmontagszug ohne Kamelle und Strüßjer

Clara Zins-Grohé, Gerolstein

„Kamelle, Kamelle" rufen die Eifeler, wenn „de Zoch kütt". Früher brachten sie die Augen von Groß und Klein zum Strahlen. Papier auf - Inhalt in den Mund - und weg mit dem Papier: Die gute alte Kamelle. Heißbegehrt wurden sie geschnappt oder aufgesammelt, soviel die Taschen fassten. Tausendfach gebrüllt - aber dennoch immer mehr verdrängt von Schokowaffeln, Kaustangen, Popkorn, Gummibärchen oder gar kleinen Geschenken, sogenannten „Give aways" ,wie man sie aus jedem Werbe-materialkatalog zuhauf kennt. Trotzdem ruft man beim Zug immer noch „Kamelle" oder halt „Strüssjer" (für Blumen). Da fragt sich jeder Fremde, der zum Fastnachtsumzug in die Vulkaneifel kommt: Warum schmeißen die eigentlich Süßes? Warum heißt das hier Kamelle?

Wann aus den „Bonbons" (von französisch „bon" = gut) „Kamelle" (von spanisch „cara-melo" = gebrannter Zucker, Karamell) wurden, ist nicht überliefert.

Der Begriff „Kamelle" ist eine Modifikation von „Karamelle". Karamellisierter Zucker ist der Grundstoff für die Süßigkeiten. Daran erkennt man noch den Ursprung aus der klassischen Bonbonmacherei. Eifeler Großeltern kennen noch das Geheimrezept, mit dem man mit Zucker und Rahm die kleine Schleckerei in gusseisernen Pfannen hergestellt hat. In den Nachkriegsjahren war die Not in der Eifel groß. Gerade deshalb sehnten sich die Menschen nach Frohsinn und Karneval. Im Rosenmontagszug 1951 beschafften Hillesheimer trotz bitterster Not die Materialien für von Pferden gezogene Umzugswagen. Die Kamellen hagelten nicht wie Sturzregen auf die Narrenschar nieder, sondern wurden noch vornehm verteilt.

Der Name und der Ruf nach Kamellen hielten sich sogar, als einige Jahre lang in den Karnevalsumzügen des Landkreises Vulkaneifel kaum noch Kamellen geworfen wurden. Da das „Wurfmaterial" - wie die süßen Gaben im Karnevalistendeutsch heißen - immer teurer wurde, waren viele Vereine auf Bonbons osteuropäischer Herkunft ausgewichen. Die Billigbonbons reizten häufig aber Gaumen und Zunge. Als sie deswegen immer seltener von der Straße aufgesammelt wurden, verzichteten viele ganz auf die Süßigkeiten.

In Gerolstein wurden bereits ab Mitte der 60er Jahren Waffeln, Frucht- und Kaugummis, Pralinen oder Schokolade geworfen. Besonders der Festwagen des Elferrates und des Prinzen ließen (und lassen) sich nicht lumpen. Bis heute freuen wir uns auf den Brauch der Austreibung des Winters und das letzte friedlich-fröhliche Austoben vor der Fastenzeit, bei dem auch Touristen immer willkommen sind.

Prinz Paul II, Gerolstein 1956