Schützt die Zelte, die Heimat die teure, komm und halte mit uns treu die Wacht!

Harald Billen, Niederstadtfeld

Unterhält man sich heute bei irgendwelchen Anlässen über die guten alten Zeiten, so sind es oft die alten Bräuche, von denen erzählt wird. In einer Strophe des Liedes „Hohe Tannen", aus dem übrigens auch die Überschrift stammt, heißt es: „Wo die frohen Lieder einst erklangen, da erlebt ich der Jugendzeit Glück". Der Satz trifft es gut, weil, glaube ich, viele von uns früher in der Gemeinschaft schöne Stunden erlebt haben. So denke auch ich gerne an diese Zeit zurück und an die Bräuche, die wir gepflegt haben. Einer davon in Niederstadtfeld, mittlerweile aus der Mode gekommen, das „Löften". Ich weiß gar nicht, ob „Lüften" die richtige Übersetzung ins Hochdeutsche ist. Es spielt aber auch keine große Rolle. „Jelöft" wurden die jungen Männer von außerhalb, die zu einem Mädchen aus dem Dorf freien kamen. Wir sind dann mit der Dorfjugend zu dem Pärchen hin und folgender Satz wurde dem Freier gesagt: „Wir haben vernommen, dass du bist gekommen, zu pflücken eine der schönsten Rosen aus unserem Dorfe, was zahlst du?" Es wurde quasi eine Gebühr für „unser" Dorfmädchen eingefordert. Den freiwillig oder auch unfreiwillig erhaltenen Geldbetrag haben wir dann umgehend bei Karl und Gretchen in der Brückenschänke gegen Bier eingetauscht. Lustige Anekdoten erzählt man sich heute noch über manche Geschehnisse von damals. So war es in den achtziger Jahren am ersten Mai, in der sogenannten Hexennacht, als wir durch das Dorf streiften, um alles, was nicht angebunden war, zum Maibaum zu bringen.

Schewen Sundesch 1988

Wohl im Überschwang des Tatendranges entwendeten ein paar von uns eine kleine Holztreppe vor einer Haustür eines Wohnhauses. Es war zu allem Überfluss auch noch die vor dem Haus des ehemaligen Dorfgendarmen Matthias Knopp. Da diese Aktionen nicht immer ganz leise vor sich gingen, hatte wohl Frau Knopp vom Treiben draußen mitbekommen und kam recht eilig aus ihrer Tür, um nach dem Rechten zu sehen. Ich nehme es vorweg, sie hat sich zum Glück nicht verletzt. Es muss allerdings ein unglaublich lustiges Bild gewesen sein, als sie aus dem Haus „stürzte". Die Sache blieb Gott sei Dank ohne Folgen, für sie und für uns.

Ein anderes Mal hatten wir bei Länger Hermann ein Holztor vor seinem Backes ausgehängt und mitgeholt. Das war insofern nicht ganz korrekt, da generell keine festen Teile von Häusern mitgenommen werden durften. Hermann kam dann morgens mit dem Traktor wutentbrannt zum Maibaum und machte seinem Ärger lautstark Luft. „Hermann, trink ees en Beer", waren unsere ersten Worte der Verteidigung. So kam es wie es kommen musste. Wir waren später betrunken und Hermann erst recht. Es war einer der lustigsten Maifeiertage überhaupt. Am „Scheewen Sundesch", dem ersten Sonntag nach Fastnacht wurde immer ein großes Feuer aufgestellt. Vor dem Anzünden wurde immer wie in einer Prozession um das Feuer gegangen und „Der Engel des Herrn" gebetet. Meist war allerdings nach dem ersten „Gegrüßet seist du Maria" schon Schluss, weil es Textschwierigkeiten gab. Naja, zumindest haben wir es versucht. Nach dem Abbrennen des Feuers ging es dann zum Eiersammeln durch die Häuser. „Jeeeetzt kommen wir gegangen, die Eier zu empfangen, jooden Novend, jooden Novend, jooden Novend", so unser Gesang auf den Haustüren. Damals wie auch heute ist der Alkoholkonsum in den Häusern für viele der Kick und es kommen lange nicht alle in den Genuss der später gebratenen Eier.

Schön, dass viele der Traditionen trotz dieser schnelllebigen und fortschrittlichen Zeit auch heute noch gepflegt werden. Ob es jetzt Polterabende, Maifeiertage, Scheewen Sundesch oder sonstige Bräuche waren, sie bleiben uns in schöner Erinnerung. Vor allem die Gemeinschaft und auch das Singen bei diesen Gelegenheiten brachten eine besondere Atmosphäre. „ Im grünen Wald"; „Von den Bergen rauscht ein Wasser"; „Was scheint der Mond so hell auf dieser Welt", ein paar der gern gesungenen Lieder aus meiner Jugend. Wie anfangs des Artikels schon erwähnt, „Wo die frohen Lieder einst erklangen, da erlebt ich der Jugendzeit Glück".