Rummelewääsch

Helmut Schäfer, Strohn

Hä? (Eifler Kurzform für „Wie bitte?")

Was ist denn das für ein Ausdruck? Und was, bitteschön, ist das?

Definition A: Als „Rummeln" bezeichnet der Ureinwohner schlicht die Runkelrübe. In Wikipedia wird selbige wie folgt erklärt: Die Futterrübe (Beta vulgaris subsp. vulgaris, Crassa-Gruppe), auch Runkelrübe, ... Rummel,... ist eine landwirtschaftliche Kulturpflanze und gehört zur Familie der Fuchsschwanzgewächse (Amaranthaceae). In früheren Zeiten eines der wichtigsten Winterfutter für das Vieh. Weitergehende Erklärungen führten an dieser Stelle zu weit.

Definition B: Als Wääsch bezeichnet man in Rheinisch Sibirien schlicht in diesem Fall eine Art Waschanlage.

Die Rummel wurde im Frühjahr als Setzling mit einer Setzmaschine ins Feld gepflanzt, die noch von Hand beschickt werden musste. Man saß zu zweit auf einer Vorrichtung hinter dem Traktor und legte die Setzlinge in einen sich drehenden Teller mit der Unterseite nach oben. Der Teller drehte sich und grub die Pflanze in den Boden. Daraus wuchsen bis zum Herbst dann die Rummelen. Wuchtige Knollen von hohem Gewicht. Eine sehr nahrhafte Nahrung, in schlechten Zeiten auch für die Menschen. Bei der Ernte wurde zunächst mit einem Stecheisen die Blätterkrone abgestochen und die Rüben danach mit einem Auswerfer aus dem Boden befördert. Logischerweise blieben etliche Brocken Erde daran haften. Mit einem „Kreef" (dreizackige Stechgabel) beförderte der Bauer die Feldfrucht auf einen Wagen zum Abtransport. Die Masse der geernteten Früchte wurde danach in einer „Rübenmiete" für den Winter eingelagert. Dazu musste das Ganze aber erst vom Erdreich gereinigt werden. In eben jener Rummelewääsch. Die sah, zumindest in Strohn, so aus: Im Olchenbachtal rechts der Straße nach Gillenfeld hatte die Gemeinde den Bach, landläufig auch als Vorfluter bezeichnet, auf einer Länge von circa zwanzig Metern gefasst. Es entstanden zwei Becken mit Staumauern, in denen das Wasser des Baches durch Einschieben von Holzbohlen gestaut wurde. Waren die Becken vollgelaufen, bugsierte man die Früchte ins Wasser. Die oberste Kammer war dabei der Vorwaschgang, die zweite die Hauptwäsche. Waren alle Rummeln vom Schmutz befreit, wurden sie wieder mit dem Kreef auf den Wagen befördert, um sie anschließend winterfest zu machen.

Dem Schauspiel schauten wir als Kinder stundenlang interessiert zu. Und kamen dabei auf eine Idee.

Das gäbe doch eine prima Badeanstalt! Denn der Weg zum Baden im Pulver-, Holz- oder Immerather Maar war immer mit einem langen Fußmarsch behaftet. Warum so weit laufen, wenn man etwas Ähnliches vor der eigenen Haustür haben kann.

Also wurde die Anlage in den Sommermonaten zweckentfremdet. Wir stauten das Wasser des Baches auf. Dazu dichteten wir die am Ort gelagerten Bohlen nach dem Einbau mit Wossem ab. Das spricht man mit zwei harten „s". Grassoden aus der nahen Wiese, um den allzu schnellen Wasserverlust zu reduzieren. Dabei reichte es, die letzte Staumauer so zu präparieren. Nach einigen Stunden waren beide Becken gefüllt und wir hatten einen Heidenspaß in unserem etwas seltsamen Swimmingpool. Es machte uns auch rein gar nichts aus, dass das Wasser nach heutiger Sicht als „saudreckig" bezeichnet werden musste. Beim Abdichten mit den Grassoden löste sich logischerweise Erdreich und verteilte sich im Wasser, was dafür sorgte, dass wir uns in einer braunen Brühe rumtummelten. Zu Hause wurden wir dann nach dem ausgiebigen Badespaß in der Badewanne geschrubbt, um halbwegs sauber ins Bett schlüpfen zu dürfen. Das Ganze hat, wenn auch nur für kurze Zeit, unwahrscheinlich viel Spaß bereitet. Und - wir haben es überlebt. Angesichts der heutigen Hygienehysterie scheinbar ein wahres Wunder.