Das Gefeller Mühlchen - Als Hörschhausen im Ausland lag

Friedbert Wißkirchen, Daun

In der kleinen Gemeinde Gefell drehte sich noch vor 300 Jahren ein Mühlrad. Die kleine, rd. 90 Einwohner zählende Gemeinde liegt an der östlichen Grenze der Verbandsgemeinde Daun. Im Mittelalter lag Gefell im Kurtrierischen Amt Daun, während die Nachbargemeinden Katzwinkel und Hörschhausen bereits zu Kurköln gehörten. Die jetzige Landestraße 67 - oberhalb des Ortes Gefell und der Karl-Kaufmann-Wanderweg in Richtung Darscheid bilden heute die Gemarkungsgrenze und waren im Mittelalter die Grenze zwischen den Kurfürstentümern Trier und Köln. Auch der Ortsname ist ein Hinweis darauf, dass Gefell ein Grenzort war, denn er leitet sich von der Bezeichnung „Gefälle" für den Straßenzoll ab.1 Die Schreibweise in alten Urkunden ist oft „Gefaell" oder „Gefähll". Die Aufzählung der in Erbpacht vergebenen kurfürstlichen Mühlen im Amt Daun von 1595 verzeichnet keine Mahlmühle in Gefell. Dennoch scheint zu Beginn des 17. Jahrhunderts eine Mühle bestanden zu haben, denn unter den Mühlen, die 1637 während der Unruhen des 30jährigen Krieges zerstört, verbrannt oder verfallen waren, zählt Hammes2 u. a auch die Mühle in Gefell auf. Eine Mahlmühle von wirtschaftlicher Bedeutung war die Mühle nicht, wohl eher ein kleiner Zweckbau, der nicht bewohnt, nur zeitweise in Betrieb war. Die 30 - 40 Menschen3, die die kleine Ortschaft bildeten, reichten für ein wirtschaftliches Auskommen des Mühlenbetreibers kaum aus. Vielleicht kamen aus den Nachbardörfern Mahlgäste nach Gefell. Nach Ende des 30jährigen Krieges mussten die Gefeller ihr Korn auf der Hörschhausener Mühle mahlen lassen und Hörschhausen lag damals in Kurköln, also im „Ausland". Um 1670 wandten sich „Lentzen4 Daun" und „Cles5 Bläsers", beide aus Gefell, mit einer „Underthenigsten Supplication6" an den „Hochwürdigsten Churfürst (und) gnedigsten Herr" und führten aus, dass in dem „Dörfgen" Gefell keine Mühle existiere, auf der sie das von Gott bescherte Getreide mahlen lassen können.

Die Mühle lag zweifellos auf Gefeller Gemeindegebiet, später erfolgte eine Grenzbegradigung zwischen Gefell und Utzerath, vermutlich anlässlich der Flurbereinigung 1912. Die genannten Bäche führen nur im regenreichen Herbst und Frühjahr genügend Wasser, um ein Mühlrad anzutreiben, im Sommer trocknen sie manchmal aus. Das Mühlchen war sicher ein reiner Zweckbau mit dem Mahlwerk; die Betreiber bzw. Eigentümer wohnten im Dorf. Es ist erstaunlich, dass sich die Mühle trotz der schwierigen Bedingungen - wenn auch mit Unterbrechungen - fast 200 Jahre halten konnte.

Vielmehr seien sie gezwungen, auf die Mühlen in Hörschhausen im „Cöllnischen Landt" zu fahren und machten deutlich, wie beschwerlich der Weg „außer Landt"7 sei. Einen geeigneten Bauplatz sahen sie auf dem Hofgut des Grafen zu Manderscheid-Kayll8 worauf sie ein „Mühlgen"9 bauen könnten. Als Jahrespacht boten sie einen halben Gulden10 an. Zwischen den Zeilen ist zu lesen, dass dem Kölner Kurfürsten auch die Pachteinnahmen der Hörschhausener Mühle zufließen und somit kurtrierische Untertanen mit dazu beitragen, die Einnahmen für Kurköln zu mehren. Wie der Antrag entschieden wurde, ist aus der Akte nicht ersichtlich, lässt sich aber erahnen. Die kleine Pacht, aber vor allem die Tatsache, dass der Kölner Kurfürst nicht mehr von den Trierer Untertanen einen Vorteil hatte, wird vermutlich zu einer positiven Entscheidung beigetragen haben. „1719 war die Gefeller Mühle noch in Betrieb"11, denn im Schatzungsanschlagy12 der Gemeinde waren jährlich 3 Albus an Abgaben für eine Mühle zu zahlen. In der Zeile „Mühlenpacht" ist kein Betrag genannt, also der Beweis, dass es sich nicht um eine kurfürstliche Mühle handelte. Auch die Rubrik „Nahrung"13, eine mittelalterliche Gewerbesteuer, verzeichnet keine Summe. 1774 wird in der Kellnerei-Rechnung des Amtes Daun unter „Einnahmen Geld von Mühlen" Gefell mit 1 Florin (?) aufgeführt. Diese achtfach höhere Besteuerung gegenüber dem Jahr 1719 ist nicht erklärbar, zumal angenommen werden kann, dass sich an der Größe oder Wirtschaftlichkeit der Mühle kaum etwas geändert hatte und auch in Utzerath eine Mahlmühle existierte. Vermutlich Ende des 18. Jahrhunderts verstummte die Mühlenklapper, die dem Müller anzeigte, ob das Wasserrad noch lief oder das Wasser der Mühlenklause14 aufgebraucht war.

Heute noch sichtbar: Links der Mühlengraben - re. der Holzstrutherbach
Der von Erich Mertes verwendete Name „Aubachsmühle"17 ist in Gefell nicht geläufig. Allerdings gibt es im oberen Lauf des Eltchesbaches die Flurbezeichnungen „Auf dem Auelsrech" und „Gegen dem Auel". Die in Gefell gebräuchliche Flurbezeichnung des Mühlenstandortes ist immer noch „bei da Müll" und liegt heute in der Gemarkung Utzerath. Eine Katasterkarte von 1856 zeigt, dass die Gemarkung Gefell mit einem schmalen, fingerartigen Streifen entlang des Baches in die Gemarkung Utzerath hineinragte.

Im Mühlenkataster15 1815 erscheint die Gefeller Mühle nicht mehr und auch in der Tranchot16 Landkarte von 1801-1810 ist kein Gebäude verzeichnet.

Die Gemeinde Gefell liegt auf einem Höhenrücken, etwa 530 m über NN. Die Mühle stand oberhalb von Utzerath, südöstlich der Ortslage Gefell. Zwei kleine Bäche speisten die Mühle. Der Eltchesbach entspringt südlich des Dorfes und der Holzstrutherbach westlich der Ortslage Gefell. Beide vereinigen sich wenige hundert Meter vor der Mühle und fließen als Holzstrutherbach Richtung Utzerath. Ein weiteres, kleines, namenloses Rinnsal im Distrikt „Bürgerscheid" mündet dann noch in den Holzstrutherbach. Kurz hinter dieser Einmündung stand die ehemalige Gefeller Mühle, heute nur noch durch einige Erdverwerfungen und Gräben zu erahnen, mit Fichten bewachsen. Die kleine Parzelle wird auch heute noch „op da Klaus" genannt, ein eindeutiger Hinweis, auf die Mühlenklause, den kleinen Stauweiher.

Mahle, Mühlchen, mahle lustig! Bist mein Mühlchen, du!
(Lied eines Müllers) aus: Mildheimer Liederbuch

Quellen:
Landeshauptarchiv Koblenz - Bestand 1 C Nr. 3068 - Weidestreit Katzwinkel - Gefell (darin - S. 2, 27, 28 - Gefeller Mühle) - Bestand 1 C 3166 - Schatzungs Heeb Register zu Gefaell, Ambts Daun (1719) - Bestand 1 C 5803 -Dauner Kellnerei Rechnung 1774 Homepage der Ortsgemeinde Gefell - www. gefell.de - Chronik und Geschichte -Franz Roman Janssen - Kurtrier in seinen Ämtern vornehmlich im 16. Jahrhundert -Bonn 1985 Peter Brommer - Die Ämter Kurtriers - Edition des Feuerbuchs von 1563- Mainz 2003 Für Hinweise und Ergänzungen bedanke ich mich bei Bruno Wagner, Gefell.

Anmerkungen:
1 Hontheim, Hist. Trev.
2 Alois Hammes - Beiträge zur Orts- und Pfarrgeschichte
Steinborn - 1936 .....die Mühlen zu Gefell... sind alle verfallene Platzen, da weder Stock noch Stein mehr vorhanden." Hammes gibt als Quelle: Fenger, StA Koblenz an
3 Feuerstellen (Haushalte) in Gefell 1563 = 7, 1587 = 6, 1624 = 6. Bei einer Familiengröße von etwa 5 Personen betrug die Einwohnerzahl etwa 30 - 40 Personen
4 Lentz, Lenz - mundartliche Abkürzung für Laurentius oder Lorenz
5 Cles, Clas - mittelalterliche Bezeichnung für Nikolaus
6 Supplication = Bittschrift, Gesuch, Antrag
7 Außer Land bedeutet, außerhalb des Kurfürstentums Trier
8 Die Herrschaft Manderscheid-Kayll hatte 1563 die Zehntberechtigung in Gefell. - von den 7 Feuerstellen (Familien) waren 5 Leibeigene (Feuerbuch 1563). 1667 verkaufte Hermann Franz von  Manderscheid-Kayll seinen Anteil im Amt Daun (mit den Gütern in Gefell) an den Kurfürsten Caspar von der    Leyen (Eiflia Illustrata)
9 Mühlgen = Mühlchen, kleine Mühle
10 1 Gulden oder Florin = 24 Albus
11 Homepage der Ortsgemeinde Gefell (2012) www. gefell.de
12 Schatzungsanschlag = Steuer- und Abgabenverzeichnis -LHA Koblenz - Bestand:1 C Nr. 3166
13 Nahrung, Nahrungsgeld = mittelalterliche Gewerbesteuer für Handwerker, Wirte, Müller etc.
14 Mühlenklause = Wasserstau, Mühlenteich
15 Mühlenkataster = wirtschaftliche Bewertung der Mühlen zur Festsetzung der Steuern und Abgaben
16 Jean Joseph Tranchot, Oberst und Vermessungsoffizier unter Napoleon, der 1801-1809 die eroberten linksrheinischen Gebiete vermessen und kartiert hat
17 Erich Mertes: Mühlen der Eifel, Bd 1 (S. 121) - .."Oberhalb von Utzerath stand die Gefeller oder Aubachsmühle..."