Gefiederte Untermieter

Anita Adams, Kirchweiler

Seit vielen Jahren füttere ich mit wachsender Begeisterung die Vögel, die im Winter in unseren Garten kommen. Und nach eingehender Suche nach einem geeigneten Platz hängten wir vor drei Jahren einen Nistkasten am Gartenhäuschen auf - unerreichbar für Nachbars Katze, für die unser Birnbaum keine wirkliche Herausforderung ist, und doch vom Fenster aus gut zu sehen.

Im ersten Frühling wurde die neue Behausung zwar von Blaumeisen und Rotschwänzchen in Augenschein genommen, aber der Kasten war wohl noch zu neu. Im zweiten Jahr zog ein Blaumeisenpärchen ein. Die Beiden flogen unermüdlich hin und her und hatten Moos und anderes Polstermaterial im Schnabel. Und dann war irgendwann Funkstille. Den ganzen Sommer und Herbst über sah ich keinen Vogel mehr am Nistkasten. Und als ich Mitte November die Klappe aufmachte, um den Kasten zu säubern, fand ich darin ein wunderbar mit Schafwolle und Moos ausgepolstertes Nest mit neun Eiern. Warum sie nicht ausgebrütet worden waren, ist mir bis heute ein Rätsel. Im Frühling vorigen Jahres quartierten sich wieder Blaumeisen bei uns ein; sie flogen von früh morgens bis spät abends, zuerst wieder mit Nistmaterial und schließlich mit Futter, den Kasten an. Und schließlich hörte ich ein leises Piepsen. Die Vögel hatten diesmal offensichtlich gebrütet und mussten nun ihren Nachwuchs versorgen. Die Erschöpfung war ihnen anzusehen und ich hängte zur Unterstützung einen Meisenknödel in den nahen Birnbaum und einen zweiten neben den Nistkasten. Als das erste Vogelkind den Kopf aus dem Nistkasten streckte, freute ich mich schon auf die Beobachtung der künftigen Flugstunden und beschloss, mich am nächsten Tag mit der Kamera auf die Lauer zu legen. Und dann war wieder Funkstille, unsere Vögelchen waren weg. Wer war der Nesträuber? Die Katze schied als Übeltäter aus, unter Verdacht gerieten die allgegenwärtigen Elstern. Bis ich ein paar Tage später eine Meise am Knödel im Birnbaum entdeckte und ihr nachsah, weil sie mit Futter im Schnabel wegflog. Sie steuerte einen Baum im Garten unserer Nachbarn an und dort saßen zwei junge Vögel, die den Schnabel aufsperrten. Kurze Zeit später traute sich der Nachwuchs dann auch in unseren Baum und wurde dort weiter versorgt. Manchmal verlegten die Herrschaften das Speisezimmer sogar auf meine Wäschespinne, wo sie sich von flatternden Kleidungsstücken nicht stören ließen. Als die Jungen schließlich in der Lage waren, sich ihr Futter selber zu suchen, sah ich sie immer seltener.

Auch in diesem Frühjahr haben wieder Blaumeisen in unserem Nistkasten gebrütet, und wieder sind sie plötzlich verschwunden. Ich habe bisher vergeblich Ausschau nach ihnen gehalten, vermutlich weil die bequeme Futterquelle nicht mehr im Baum hängt. Denn die hatten inzwischen die Elstern entdeckt und kurzerhand mehrfach den ganzen Knödel mitgenommen. Diesmal waren sie die Räuber - sie wurden gesehen!

Aber ich bin zuversichtlich, dass unsere Untermieter auch im nächsten Frühling wieder bei uns einziehen.