375 Jahre Wallfahrt der Pfarrei Mehren nach Klausen

Roland Thelen, Mehren

Um das Jahr 1440 hatte der spätere Einsiedler Eberhard in den Moselbergen südlich von Wittlich, an damals noch unbewohnter Stelle im Pfarrsprengel Piesport, ein Marienbild in einen Bildstock gestellt. In der aufblühenden spätmittelalterlichen Marienverehrung und in der dem Gnadenbild zugesprochenen Wunderkraft wurzeln die Entstehung und der Aufschwung des Wallfahrtsortes Klausen. Es ist naheliegend, dass man damals alsbald auch aus der alten und räumlich weit ausgedehnten, 9 Dörfer umfassenden Pfarrei Mehren nach Eberhards-Klausen pilgerte. Dechant Friedrich Müller (1872-1910 Pfarrer von Mehren) geht in seiner 1887 niedergeschriebenen Geschichte der Pfarrei Mehren davon aus, dass diese Wallfahrt ursprünglich wahrscheinlich wegen einer Viehseuche versprochen wurde.

Die bisher älteste fassbare urkundliche Erwähnung der jährlichen Pilgerfahrt von Angehörigen der Pfarrei St. Matthias von Mehren nach Eberhards-Klausen datierte im Jahr 1761. Sinngemäß heißt es im Lagerbuch der Pfarrei: „Heute, am 31. Mai 1761 hat Maria Gertrud Kemmers in Mehren, eine fromme und gottesfürchtige Jungfer, zu Ehren der allerheiligsten Jungfrau Maria für die jährliche Prozession nach Klausen, ein Kapital von 21 Reichstaler, 18 Albus gespendet, unter der Bedingung, dass alljährlich aus dem Kapitalertrag 27 Albus für die Kerze und 9 Albus für das Lesen einer Heiligen Messe in Klausen verwendet werden...."

Man nahm jedoch schon länger an, dass die Ursprünge der Wallfahrt von Mehren nach Klausen weitaus älter sind und dieser Pilgergang im Jahr 1761 bereits Tradition war. Der Dauner Regionalhistoriker Alois Mayer entdeckte nun bei seinen Recherchen ein sehr viel früheres Datum. Dieses ergibt sich aus dem „New Mirakel- und Gnaden Büchlein zu Eberhardts-Clausen" und ist mit folgender Begebenheit verbunden:

Am 27. Dezember 1642 verschwand die aus Ellscheid stammende, bei ihrem Pflegevater und Patenonkel Kaspar Ertz in Mehren lebende, vierjährige Walburga Dachslein spurlos. Als das Kind bis in die Nacht hinein, trotz intensiver Suche immer noch nicht gefunden wurde, versprach man einen Bittgang nach Eberhards-Klausen. Am folgenden Morgen fand man nach kurzer Suche das Kind unversehrt im Schnee spielend. Die gelobte Wallfahrt nach Eberhards-Klausen wurde durchgeführt. Die Wahrheit der Begebenheit wurde vom Schultheiß und Schöffen des Dorfes Mehren durch Unterschrift bestätigt. Die alljährliche Wallfahrt fand jedenfalls nicht nur in der Pfarrei Mehren, sondern auch in weiten Teilen der Eifel sehr großen Zuspruch. Bot doch der Gang nach Klausen der Landbevölkerung neben dem religiösen Anliegen eine willkommene Abwechslung vom Alltag. Allerdings lösten die sich zwangsläufig ergebenden Begleitumstände auch Widerspruch aus. 1782 und 1784 verbot das Generalvikariat „alle Prozessionen, die über die Dauer einer Stunde hinausgingen". Denn in der Tat ging es bei diesen Wallfahrten nicht immer gesittet zu. So berichtet um 1830 der Wittlicher Pfarrer Johann Adam Mager, „....dass die Pilger auf dem Heimweg von Eberhards-Klausen in ungehörigem Maße dem Alkohol zusprächen". Daher versuchte auch der Trierer Bischof Josef von Hommer die Wallfahrten zu unterbinden. 1830 schreibt er an den Mehrener Pastor Johann Schneider „...dass die Prozession nach Clausen eingestellt ist, damit ist sehr wohl geschehen".

Doch 1831 trat eine schreckliche Viehseuche auf, welche die Pfarrkinder offensichtlich an ein früher gegebenes Versprechen erinnerte, und so pilgerte man wieder am Sonntag nach Fronleichnam nach Eberhards-Klausen. Ursprünglich ging man an diesem Sonntag nach der Frühmesse los, übernachtete in Klausen und kehrte am Montagabend nach Mehren zurück. Es war Sitte, dass aus jedem Haus mindestens ein Mitglied an der Wallfahrt teilnahm.

Die Klausen-Pilger nach dem morgendlichen Segen durch Pater Sabi George CMI vor der Pfarrkirche Mehren am 17.06.2017. Im Jahr 1876 zählte die Fußwallfahrt 302 Pilger. Seit der der Wiederaufnahme im Jahr 1976 bewältigen ca. 15 - 20 Pilger den jährlichen, gut 40 km weiten Fußweg von Mehren nach Klausen. Foto: Jutta Schüller, Mehren

Bis in die ersten Jahre nach dem 2. Weltkrieg war dieser Pilgergang überwiegend eine Fußwallfahrt. Allerdings meldete das Königliche Eisenbahnbetriebsamt Trier bereits im Jahr 1910, kurz nach der Eröffnung der Bahnstrecke Daun - Wittlich „wiederholt Störungen im Zugverkehr dadurch, dass sich plötzlich zu einem Zuge eine vorher nicht angemeldete große Anzahl von Eberhardsklausener Wallfahrern einfand."

Ab Mitte der 1950er Jahre bediente man sich nahezu ausschließlich der Eisenbahn und fuhr mit dem Zug von Schalkenmehren bis Wittlich, später sogar bis Salmrohr, um von dort aus die letzte Wegstrecke zu Fuß zu bewältigen. War die Zahl der Pilger anfangs noch so groß, dass ein Sonderzug eingesetzt werden konnte, ließ die Beteiligung in den 1960er Jahren so stark nach, dass man schließlich mit Bussen von Mehren bis vor das unterhalb von Klausen gelegene Dorf Pohlbach fuhr und nur noch die letzten 3 Kilometer zu Fuß bis zum Wallfahrtsort pilgerte. Der zunehmende Wandel dieser traditionsreichen Wallfahrt zu einer „Kaffeefahrt"

Bekrönungen der Brudermeisterstäbe / ca. Mitte 19. Jahrhundert. Im Jahr 1887 benennt Pastor Müller 6 aktive Bruderschaften in der Pfarrei. Den Bruderschaften standen sogenannte Brudermeister vor. Bei Prozessionen und Wallfahrten wurde den Pilgern mit diesen Stäben die Gebetsabfolge angezeigt.

führte Ende der 1960er Jahre bei der Mehrener Dorfjugend zu ersten Überlegungen, die Fußwallfahrt wieder über die gesamte Wegstrecke aufleben zu lassen. Im Jahr 1976 war es dann soweit: Am Sonntag nach Fronleichnam machten sich wieder 17 Pilger von Mehren aus zu Fuß auf den ca. 40 km langen Weg. Seither ist die Fußwallfahrt wieder fester Bestandteil der jährlichen Mehrener Pilgerfahrt nach Eberhards-Klausen, die nun im Jahr 2017 seit 375 Jahren Tradition ist.

Früher das obligatorische Mitbringsel von der Klausenwallfahrt - heute leider nicht mehr erhältlich: Zucker-Pfeifen.

Quellennachweise :
Alois Mayer Geister, Wölfe, Schutzpatrone Sagen und Legenden der Verbandsgemeinde Daun Herausgeber Verbandsgemeindeverwaltung Daun / Daun 2016
Peter Dohms Klausen Geschichte der Wallfahrt und Nachweis der Prozessionen Wiltrud Dohms Verlag Franz Schmitt - Siegburg 2005
Friedrich Müller Chronik der Pfarrei Mehren verfasst im Jahr 1887 Pfarrarchiv
Roland Thelen „Deiner Fürsprache begehren wir" oder Der Gang zum „Heiligen Komm'-hol'-mich" Heimatjahrbuch Landkreis Vulkaneifel 2013