"Viel Qualm vor Gericht -oder: Der rauchende Kläger"

Uli Diederichs, Manderscheid

Vor vielen, vielen Jahren gab es zwischen dem Dauner Landratsamt und einem Bürger einen heftigen Streit darüber, ob die Müllabfuhr dessen Mülltonne vor der Haustür abzuholen habe, oder ob diese an der nächsten Hauptstraße zur Abholung bereit zu stellen sei. Denn dieser Bürger lebte auf einem weit abseits gelegenen Gehöft, das nur über einen steilen, schmalen Wirtschafts- und Waldweg zu erreichen war. Das Müllabfuhrunternehmen weigerte sich, dorthin zu fahren; vor allem in der nassen Jahreszeit und im Winter.

Nachdem vieles gesprochen und noch mehr hin und her geschrieben worden war, erließ die Kreisverwaltung eine Verfügung, dass die Mülltonne am Abholtag unten im Tal an der Straße zur Abholung bereit zu stellen sei. Hiergegen erhob der Bürger Widerspruch, scheiterte jedoch vor dem Kreisrechtsausschuss. Weil er hiergegen klagte, kam es einige Zeit später zu einem gerichtlich verfügten Termin an Ort und Stelle.

Die zuständige Kammer des Trierer Verwaltungsgerichts erschien mit drei Berufsrichtern in Begleitung zweier ehrenamtlicher Beisitzer sowie einer Protokollführerin. Die Kreisverwaltung war vertreten durch einen Juristen und den Leiter der Abfallabteilung. Der Kläger kam - genüsslich rauchend - in Begleitung seiner Rechtsanwältin. Der Vorsitzende eröffnete förmlich den Ortstermin und stellte die Anwesenheit fest. Dann forderte er den Kläger auf, die Zigarette auszumachen. Dieser störte sich jedoch nicht an der Aufforderung und tat noch einmal einen genüsslichen Zug an seiner Zigarette.

Der Vorsitzende wurde ärgerlich und sagte mit grimmigem Blick und ernster Stimme: "Sie machen jetzt sofort Ihre Zigarette aus. Ansonsten verhänge ich gegen Sie wegen Ungebühr ein Ordnungsgeld von 50 Mark!".

Den Kläger beeindruckte das nicht. Er nahm nochmals einen kräftigen Zug an seiner Zigarette, blies den Qualm - wobei er Ringe formte - verschmitzt grinsend in Richtung des Vorsitzenden und antwortete: "Op meijnem Grund un Boddem rochen esch sulang esch will. Un wenn dirr (er deutete mit einem Zeigefinger auf den Vorsitzenden) dat net passt, kaans de derekt wär noa Treja forren!"

Der Vorsitzende bekam einen zornesroten Kopf und rang deutlich sichtbar nach Luft. Etwas so Ungeheuerliches war ihm wohl in seinem ganzen Richterleben noch nie widerfahren. Die übrigen Anwesenden zogen die Köpfe ein, weil sie jeden Augenblick mit einem heftigen Donnerwetter rechneten. Doch nichts dergleichen geschah! Der Vorsitzende ignorierte die Provokation, der Kläger rauchte genüsslich weiter und der Vorsitzende verhandelte den Ortstermin. Dass "viel Qualm" vor Gericht nichts bewirkt, zeigt das Urteil: Die Klage wurde abgewiesen. Was aber garantiert nichts mit seinem Verhalten zu tun hatte. Denn auch die nächst höhere Instanz in Koblenz gab ihm nicht Recht!