Pitter und die liebe Sau

Birgit Schneider, Nerdlen

Meine Eltern erzählten uns Kindern früher gerne lustige Erlebnisse aus ihrer Kinder-und Jugendzeit. Meine Geschwister und ich konnten von diesen kleinen Erzählungen nie genug bekommen, einerseits, weil es dann immer etwas zu schmunzeln gab und andererseits natürlich auch, um deshalb in den Genuss eines späteren Zubettgehens zu kommen.

Diese kleine Begebenheit von Pitter und der lieben Sau ist mir bis heute noch in schöner Erinnerung geblieben: In den Nachkriegsjahren betrieben viele Familien in den Eifeldörfern eine kleine Landwirtschaft mit Feld und Flur, Hühnern, Gänsen, vielleicht einer Kuh und meist auch Schweinen. So war es auch in Darscheid, dem Heimatdorf meines Vaters.

Die Hühner lieferten die frischen Eier, welche von den Kindern gerne auch mal heimlich ausgeschlürft wurden, die Kuh lieferte die frische Milch und damit auch die gute Butter und das Schwein sorgte mit seinem Fleisch dafür, dass die Bauersleute in der kalten Winterzeit nicht hungern mussten. Damals waren die Wintermonate ja noch sehr streng und lang. Das ganze Jahr über wurden die Hausschweine gut gefüttert und gemästet, denn eine dicke, fette Sau brachte natürlich auch mehr Fleisch und Speck für den Bauern.

Bei einer Familie aus Darscheid war es an einem kalten, trockenen Novembertag soweit; es war Schlachttag und alle waren entsprechend aufgeregt. Der Metzger, ein guter Freund des Hauses, hatte schon das schwere Schwein mit einem Strick am Hinterbein eingefangen. Gemeinsam mit Pitter, dem Besitzer der Sau, führte er das sich heftig wehrende Tier vom Schweinestall auf den Hof. Plötzlich riss sich die aufgebrachte Sau los und rannte ziellos, kreuz und quer auf dem bäuerlichen Anwesen herum.

Von dem Bauernhof gelangte man damals durch einen engen, langen Pfad direkt ins Dorf hinein. Um zu verhindern, dass das gewaltige Tier durch die schmale Gasse in Richtung Ortsmitte entkam, platzierte sich der furchtlose Pitter breitbeinig und mit seinen Armen abwehrend vor das Schwein und wollte es dadurch aufhalten. Das aufgewühlte Tier jedoch sprang mit einem gewaltigen Satz unter Pitters Beinen hindurch. Im gleichen Augenblick saß dervöllig überraschte Pitter falsch herum auf dem Schweinebuckel und ritt an den erstaunten Dorfbewohnern vorbei.

Philipp, ein älterer Nachbar, der dem ganzen Schauspiel bis dahin interessiert zugeschaut hatte, rief dem Reiter noch nach: "Pitter, wou willst dou dann su flott hin?" ( "Peter, wo willst du denn so schnell hin?") Der verdutzte Pitter schrie laut zurück: "; Das weiß wohl nur Gott und die liebe Sau."

Da brachen die anwesenden Zuschauer in schallendes Gelächter aus und alberten gut gelaunt auf der Straße herum.

Trotz dieses kleinen Zwischenfalls entging das arme Schwein nicht seinem Schicksal und lieferte seinen Besitzern für die folgenden Wintermonate genug Fleisch und Speck.

Diese kleine Geschichte von Pitter und der lieben Sau wurde oft und gerne in der Vergangenheit erzählt und trägt noch bis heute zur allgemeinen Erheiterung der Leute bei.