Klima 2050 in der Eifel (eine Vision)

Bastiaan Verhörst und Winfried von Landenberg, Mürlenbach

„Hast du Schmerzen? Du bist gestürzt; alles okay? Komm, ich helfe dir."

„Ich muss die Leiter hier auf der Plantage dringend ausbessern lassen. Danke für Ihre Hilfe. Es geht schon wieder; nichts gebrochen."

„Dann war der Schutzengel rechtzeitig da."

„Und Sie, wie sind Sie hier auf der Plantage gelandet? Das Tor war doch zu."

„Hast du mich in der Zwischenzeit vergessen?"

„Onkel... aber das kann doch nicht wahr sein!"

„Eigentlich nicht Landi, du hast recht, es ist sehr außergewöhnlich."

„Onkel Friedhelm... nein, ich träume!"

„Es freut mich, dass du dich an mich noch erinnerst. Hallo Landi, wie geht es?"

„Onkel Friedhelm, du bist doch... wann war es, 2016... du bist doch schon 35 Jahre eh..."

„Tot. Das stimmt lieber Landi. Aber ich hatte so viel Heimweh, wollte so gerne noch einmal zurück nach meinem schönen Mürlenbach."

„Onkel Friedhelm, ich kann es nicht glauben. Das ist doch nicht möglich."

„Doch. Ich stehe hier, Landi."

„Ja, da hast du recht. Du siehst gut aus."

„Danke, wir haben im Jenseits auch keine Klagen."

„Onkel Friedhelm, erzähle mal, wie ist es da im Jenseits?"

„Lieber Landi, wir haben jetzt vier Uhr. Und ich habe nur eine Stunde bekommen, um mein geliebtes Mürlenbach zu sehen. Also erkläre mir, wo sind wir hier jetzt. Es sieht so anders aus wie früher."

„Wir sind jetzt auf der Hardt, die kennst du vielleicht noch...?"

„Hör auf Landi, ich kenne die Hardt. Da habe ich jahrelang mit deinem Vater Holz gemacht. Wo sind die Bäume denn geblieben?"

„Lieber Onkel, das ist eine lange Geschichte."

„Länger wie 35 Jahre kann die nicht sein. Erkläre es mal, aber nur kurz, denn wir haben wenig Zeit."

„Wo soll ich anfangen? Nach deinem Tod im Jahr 2016 hat sich alles ganz schnell entwickelt. Ich meine, die Erwärmung der Erde. Ich glaube wir sind selbst schuld daran. Das Ozonloch über der Arktis und über der Antarktis ist drastisch größer geworden. Jedes Jahr hat sich die Temperatur um ein halbes Grad erhöht. Die UV-Strahlung ist jetzt gewaltig."

„Ja ja, Landi, keine technischen Erörterungen, die taugen meistens nur halb. Also, im Winter darf man keinen Schnee mehr räumen; das ist ein großer Fortschritt."

„Stimmt Onkel Friedhelm. Am Neujahrstag haben wir in der Kyll geschwommen und uns auf klimatisierte Liegestühle im Schatten einer Bananenpalme hingelegt."

„Willst du sagen Landi, dass all diese Büsche hier Bananenbüsche sind?"

„Nein, das sind Teesträucher. In einer Zeit von zehn Jahren habe ich das hier aufgebaut: die

größte Teeplantage der Eifel. Und nicht in Trier oder Koblenz, sondern einfach hier in Mürlenbach auf der Hardt."

„Tee! Großartig, obwohl ich lieber Bitburger Pils trinke. Gibt es das noch? Und Gerolsteiner Sprudel?"

„Lieber Onkel, die Brunnenbohrungen lagen zu deiner Zeit bei circa 250 Metern Tiefe. Heute wird das Mineralwasser aus circa 1000 Metern Tiefe gefördert. Und das wird auch bald nicht mehr reichen."

„Also, wenn das noch Jahrzehnte so weitergeht, werden du und deine Teepflanzen bestimmt verdursten. Und noch schlimmer, dann gibt es auch kein Bitburger mehr. Ist die Brauerei noch immer da?"

„Ach ja, Onkel Friedheim, da hast du ja auch über 40 Jahre gearbeitet."

„Hast du einen Wagen Landi? Sollen wir eine kleine Tour durch die Vulkaneifel machen?"

„Komm mal mit. Donnerwetter, niemand wird mir das glauben: Ich mache eine Spritztour nach Bitburg mit meinem verstorbenen Onkel. Steig mal ein."

„Das sieht ja geil aus, Landi. So einen Wagen hätte ich auch mal gerne gehabt."

„Es ist ein neuer BMWVW mit einem leistungsstarken Kernfusionsmotor. Der bringt glatte 400 PS auf die Straße. Die Firma Turbokern aus Daun hat mir 10 Prozent gegeben. Da waren auch noch neue Spezialreifen drin. Denn mit den normalen darfst du nur auf dem Grafitasphalt 80 Kilometer fahren, weil der Gummi sich sonst auflöst."

„Landi, was machst du denn da?"

„Ich programmiere den PKW und er fährt dann ganz von alleine. Da können wir uns ruhig ein Bierchen aus der Kühlbar genehmigen, denn wir fahren ja nicht. Die Polizei kann uns mal. Die haben ja noch nicht solch ein High-Tech-

Gerät, weil das Land ja seit Jahren kein Geld mehr hat."

„Tolle Sache. Das sitzt es sich aber bequem. Und man hört den Motor kaum. Landi, was schwimmt da denn in der Kyll? Rote Forellen?"

„Nein, Onkel Friedhelm, Forellen haben schon lange in dem warmen Wasser den Kürzeren gezogen. Das Wasser hat heute 28 Grad."

„Also, am Freitag wird kein Fisch mehr gegessen?"

„Doch. Aber keine Forellen; wir essen heutzutage Hummer."

„Was ist das denn dort vor Kyllburg, Landi. Das glitzert so?"

„Die Kyll wird alle 15 Kilometer gestaut, damit mit der Kraft des Wassers Strom erzeugt werden kann. Die Kraftwerke sind zwar nicht groß, beliefern aber die kleinen Gemeinden mit Strom. Gleiches gibt es natürlich auch in größerem Maße an der Mosel und am Rhein. Zudem wird das Wasser auch noch zu Trinkwasser aufbereitet, weil..."

„Hör auf, Landi, technische Sachen haben mich nie wirklich interessiert. Die Fantasie ist viel mehr fesselnd... Obwohl, was sind das da für wunderschöne Maschinen?"

„Da auf dem Bedamarktplatz? Das sind schwebende Magnet-Gondeln, Onkel Friedhelm. Es gibt da gerade eine Klimakonferenz."

„Das meinst du nicht im Ernst, Landi. Gibt es die noch immer? Ha,ha,ha, Geldverschwendung. Haben die denn nichts gelernt? In meiner Zeit gab es schon diese Konferenzen. Gelehrte in Genf, die besorgt meldeten, dass die Menschheit zu viel Treibhausgas ausstößt oder anderen Quatsch. Und was ist passiert?"

„Selbstverständlich, Onkel Friedhelm, die Natur hat seinen eigenen Lauf. Aber die Klima -Sachverständigen hatten damals recht. Die Aufheizung der Erde ist Wirklichkeit geworden."

„Aber aus einem anderen Grund als sie die damals berechnet hatten. Anhalten!"

„Wofür?"

„Die alte Brauerei. Die möchte ich noch einmal gern besuchen."

„Okay, Onkel Friedheim, steige mal aus."

„Weißt du, Landi, es fehlt den Klimawissenschaftlern an Fantasie. Die denken nur in eine Richtung und zwar: Wie können wir die Zerstörung der Ozonschicht vermindern?"

„Moment, wir müssen uns hier beim Schalter mal melden ... Hallo, junge Dame, wir möchten uns mal kurz im Brauereimuseum umschauen. Okay, Onkel Friedhelm, also die Klimawissenschaftler versuchen das Vergrößern des Ozonlochs zu verringern."

„Genau, Landi. Aber es geht auch einfach anders."

„Du meinst, auswandern auf einen anderen Planeten, oder?"

„Nein, Landi, ihr sollt Ozon produzieren."

„Geht das denn so leicht, Onkel Friedhelm? Ozon entsteht doch nur bei einem kräftigen Gewitter."

„Genau, lieber Neffe. Also, wenn man über den Ozeanen jeden Tag einige Gewitter entstehen lässt... "

„Ist das so einfach?"

„Donnerwetter, guck mal Landi, wie wunderschön! Hier in der Brauerei hat sich nichts verändert. Immer noch Kessel aus Kupfer, oh und der Duft! Ich rieche Hopfen und Gerste und Malz."

„Onkel Friedheim, du weinst ja?"

„Landi, ich bin im siebten Himmel. Du hast mich glücklich gemacht. Komm, drücke mich."

„Onkel Friedhelm? Wo bist du auf einmal? Onkel Friedhelm? ... Entschuldigung junge Dame, haben Sie einen alten Mann gesehen mit weißer Hose und runder Brille?"

„Nein, tut mir leid. Und es ist fünf Uhr, wir schließen jetzt ab."