Die Römerstraße Trier -Köln bei Weißenseifen

Ernst Becker, Mürlenbach

Die große Heerstraße Trier - Köln wurde von den Römern gebaut. Aber schon vor der Ankunft der Römer muss ein verzweigtes Netz von Straßen und Wegen bestanden haben, benutzten doch die technisch ebenfalls hoch entwickelten Kelten bereits vierräderige Pferdewagen. Zudem ist die Eroberung so ausgedehnter feindlicher Gebiete ohne bereits vorhandene Straßen kaum vorstellbar. So ist es wahrscheinlich, dass der Vormarsch der Römer über ein Netz vorhandener Straßen, zumindest unbefestigte Naturwege, erfolgte. Die großen Römerstraßen sind dann erst nach der Eroberung des Gebietes erbaut worden. Die zahlreichen vorhandenen Wege verblieben als kreuzende und abzweigende Nebenstraßen. Die Römerstraße war perfekt geplant und gebaut. Mehrere Schichten aus Steinen, Kies und Erde bildeten einen Damm, dessen Seiten mit Steinen und Steinplatten befestigt waren. Es wurde das Material genutzt, das vor Ort verfügbar war. In unserem Gebiet erhielt die Fahrbahn der Straße einen Belag aus Kies. Die Straßendecke war so gewölbt, dass das Regenwasser abfließen konnte. Links und rechts verliefen Gräben zur Entwässerung. Ein hoher Wissensstand und präzise Messinstrumente wie z. B. Chorobat, Nivellierlatte, Groma oder das römische Winkelkreuz. ermöglichten den Baumeistern, die optimale Linienführung der Straßen zu erreichen. Mit dem Untergang des römischen Reiches gingen diese Fähigkeiten verloren. Erst in der Neuzeit konnte deren Stand wieder erreicht werden. Die römische Heerstraße Trier - Köln verlief von der Kaiserstadt an der Mosel über die Römerbrücke und weiter über Bitburg - Büdesheim/Oos - Jünkerath - Marmagen - Zülpich ihrem Ziele, der Provinzhauptstadt am Rhein, der „Colonia Claudia Ara Agrippinensium"

zu. Von der Höhe zwischen Neidenbach und Balesfeld her kommend reichte sie in unser Gebiet und führte westlich der Pilgerstraße, im Verlauf jedoch nicht so kurvig wie diese, auf Weißenseifen zu und weiter zur Pferde-Wechselstation Ausava bei Büdesheim/Oos. Sie ist nur noch auf solchen Teilstrecken zu erkennen, die durch Wald oder Heide vor menschlicher Nutzung und Zerstörung geschützt waren.

Auf Ackerflächen hat eine Jahrhunderte lange Bewirtschaftung streckenweise nur noch eine leichte Wölbung in der Landschaft von dem alten Straßendamm übrig gelassen, meistenteils ist aber nichts mehr vorhanden. Andernorts ist sie von neuzeitlichen Wegen überbaut. An vielen Stellen haben Feld- und Waldwege einen römischen Unterbau. Auch die verkehrsreiche Bundesstraße 51 verläuft zwischen Trier und Bitburg weitgehend auf der Trasse der römischen Heerstraße. Ebenso die Straße zwischen Bitburg und Staffelstein. Die Heerstraße wurde für militärische Zwecke erbaut, für schnelle Truppenbewegungen und Nachrichtenübermittlungen. Wenngleich sie vorrangig dem Militär diente, förderte sie daneben den überregionalen Handel und Verkehr und ermöglichte einen schnellen und günstigen Warentransport. Beiderseits der Straße entstanden Ansiedlungen, Herbergen, Pferde-Wechselstationen, militärische Straßenposten sowie Heiligtümer und Weihestätten.

Menschen und Wagen, Reit- und Zugtiere bevölkerten die Heerstraße. Privater Reiseverkehr im Sinne von Tourismus spielte dabei eher keine Rolle. Die einfachen Soldaten und die meisten Reisenden gingen zu Fuß. Bessergestellte ritten auf Pferden, Eseln oder Maultieren. Auch als Lastenträger und Zugtiere für Wagen und Karren wurden diese Tiere eingesetzt. Im Abstand einer Tagesetappe gab es Herbergen; diese boten Bäder und Verpflegung, Übernachtung, Ställe zur Versorgung der Tiere, Unterstellmöglichkeiten für die Wagen und allerlei Reisebedarf. Ihr Angebot war mit dem unserer heutigen Raststätten vergleichbar, wenngleich das Angebot bei weitem nicht so vielfältig war.

In der Nähe der Kaisereiche ist der Damm der Römerstraße noch gut zu erkennen.

Seitenansicht des etwa 1,60 m hohen Dammes der Römerstraße bei Weißenseifen.

Auf der Straße herrschte ein reges Treiben. Gigantische Truppenbewegungen sind aus dem Jahre 69 n. Chr. bekannt. In Rom herrschte Bürgerkrieg um die Kaiser-Nachfolge. Der römische Befehlshaber der Rheinarmee, Vitellius, ließ sich in Köln zum Imperator ausrufen und setzte seine 70 000 Mann starken Heere auf zwei Wegen nach Italien in Marsch, davon 40 000 über die Heerstraße von Köln über Trier (s. Bonner JB 78, 1884, S. 9). Man kann sich gut vorstellen, wie in den Wäldern auf Weißenseifen der Gleichschritt tausender Sandalen schallte, begleitet vom Rattern der Wagen und lauten Befehlen. Als Vitellius seine Sache in Rom entschieden hatte, sandte er einen Teil seiner Legionen im Eilmarsch zurück an die durch den Abzug geschwächte Rheingrenze -gewiss wieder über unsere Römerstraße. Die Soldaten übten das Marschieren im Gleichschritt zur Ausbildung, wobei sie mit Gepäck 20 römische Meilen in 5 Stunden schaffen mussten (1 römische Meile = 1000 Doppelschritte = 1482 m), somit fast 30 km in 5 Stunden! Bei Eilmärschen wurde ein weit höheres Tempo gefordert. Wie schnell eine Truppe außerhalb von Übungsmärschen war und welche Strecke sie an einem Tag zurücklegen konnte, hing von den Umständen ab. Bei dringenden Einsätzen wurden Teilstrecken im Laufschritt zurückgelegt. Nach dem anstrengenden Tagesmarsch mussten die Söldner selbst ein Lager für die Nacht errichten. Sie schliefen zu je 8 Mann in den mitgeführten Gemeinschaftszelten. Zum Schutz vor Überfällen wurde das Lager befestigt und Wachen eingeteilt.

Hier endet der römische Straßendamm, und ein neuzeitlicher Waldweg führt auf der Trasse der Heerstraße weiter zur L 16. Koordinaten: Lat 50.14668, Lon 6.54650

Streckenweise wird der Unterbau der alten Römerstraße bis heute genutzt, überbaut von neuzeitlichen Wegen, wie diesem Waldweg bei Weißenseifen.

Römische Meilensteine

An den überregionalen Römerstraßen standen in regelmäßigen Abständen Distanzsäulen, bekannt als Meilensteine. Sie waren meist übermannshoch, mit einem Durchmesser von rund 50 cm. Hierauf waren wichtige Informationen eingemeißelt, wie die Entfernung zum Ausgangsort. Hauptsächlich waren sie aber Ehrendenkmäler zur Huldigung des Kaisers. Ferner enthielten sie Name und Titel des Erbauers der Straße.

Es gab bereits Straßenkarten, mit den Besonderheiten der Strecke, wie den zurückzulegenden Tagesetappen, Herbergen und Pferde-wechselstationen. So war eine zuverlässige Reiseplanung möglich. Bekannt ist die im Jahre 1508 im Besitz von Konrad Peutinger befindliche Straßenkarte des römischen Imperiums - eine 6,75 Meter lange Rolle. In der Mitte der „Peutmger-Karte" ist Rom als Zentrum der Welt. Von dort gehen Straßen aus, die über das gesamte römische Imperium von Britannien bis hin zum Indus führen.

Es sind nur wenige Meilensteine erhalten. Umso bedeutender ist der Fund, der im Jahresbericht 1911 des Provinzialmuseums Trier, Seite 24, wie folgt beschrieben ist:

„Einen besonders wichtigen Fund machte im Oktober vorigen Jahres Lehrer Pesch aus Seiwerath im Kyllwald. Dort zieht sich die römische Strasse Trier - Köln in schnurgerader Linie als ein hoher Damm durch den Wald hin, der aber heute gar nicht mehr als Strasse, nicht einmal als Waldweg benutzt wird, sondern dicht mit Bäumen bestanden ist. Auf diesem Damm bemerkte Lehrer Pesch eine verstümmelte Säulentrommel, auf der noch ein Zahlzeichen X zu erkennen war. Er wälzte den Stein heraus und stellte eine längere Inschrift auf demselben fest, die er dem Museum mitteilte. Es war die fast vollständig erhaltene Meileninschrift des Kaisers M. Piaonius Victorinus. Die Entfernung ist als X/X leugae angegeben, was der Entfernung von Trier bis zur Fundstelle gleich 44 km entspricht... Später fand Lehrer Pesch unweit davon bei Neustrassburg eine ähnliche Meilenstein-Säulentrommel, an der aber die Inschrift sorgfältig abgesägt war..." Bevor die Römer kamen, hatten die Kelten schon ein eigenes Längenmaß. In unserem vormals keltischen Gebiet wurde daher zeitweilig die Entfernung in gallischen Meilen („Leugen" = 2223 m; römische Meile = 1482 m) gemessen. Zuvor schon von den Römern geduldet, wurde diese Messung ab dem Jahre 202 in Gallien und Germanien amtlich.

Die Abbildung zeigt den Meilenstein (oder richtiger "Leugenstein") des Victorinus.
Bildquelle: Rhein.
Landesmuseum Trier,
E_1970_0220

Die Höhe des von Lehrer Pesch aufgefundenen Leugenstein-Fragmentes ist 57 cm. Das Bruchstück ist Teil eines größeren Leugensteines. Die Inschrift enthält dennoch alles Wesentliche: Die Huldigung an den Kaiser Victorinus (ab 267/268 Kaiser des gallischen Sonderreiches („Imperium Galliarum"). 271 wurde er in Köln ermordet. ) und die Angabe der Entfernung vom Ausgangsort Treverorum (Trier), nämlich XX (20) Leugen, das sind 44,460 km.