Johanna Franziska von Bolen

in Daun geboren, in München beerdigt

Alois Mayer, Daun-Pützborn

Auf dem Winthirfriedhof München steht ein fast 200 Jahre alter, kunstvoll gestalteter Grabstein, eines von vielen beeindruckenden Grabmälern, das nicht besonders erwähnenswert wäre, wenn da nicht auf der erhaben gemeißelten Inschrift der Name „Daun" zu lesen wäre: „Ihrer unvergesslichen Mutter Joh. Franziska Schmitz, Oberbergraths Witwe, gebornen von Bolen, die dankbaren Kinder. Geb. 30. Mai 1759 zu Daun in der Eifel. Gest. 1. Dez. 1822 zu Nymphenburg". Jetzt ist heimatkundliches Interesse geweckt, die Spurensuche beginnt. Am 26. März 1719 wurde Johann Albert von Bolen geboren, Sohn einer in Daun bekannten und wohlhabenden Kleinadelsfamilie. Mit 20 Jahren studierte er in Trier Jura, wurde ein Jahr später Amts- und Gerichtsschreiber in Daun und dann 1757 vom Trierer Kurfürsten als Amtsverwalter und Landrichter eingesetzt. Zu dieser Zeit war Johann Albert schon seit neun Jahren mit Johanna Franziska Harter, vermutlich aus Rosenheim, verheiratet, die bereits vier Kinder geboren hatte. In der Wohnung in dem Dauner Burggebäude kamen dann noch drei weitere Kinder zur Welt. Darunter auch als sechstes Kind die Tochter Johanna Franziska. Im Gegensatz zum Datum auf ihrem Grabstein (* 30.5.1759) nennt das Kirchenbuch als Geburtstag jedoch den 27.05.1758. Im Alter von 30 Jahren heiratete sie in Daun am 13.02.1788 Johann Jakob Schmitz aus Uxheim, Ratgeber bei der arenbergischen herzoglichen Regierung. Aus dieser Ehe gingen vier Kinder hervor. Noch in Daun geboren wurde Karl Franz Ludwig (1788-1824), der später Betriebsleiter der Porzellanmanufaktur Nymphenburg wurde. In der Eifel wurde es nach der Französischen Revolution und durch das Vordringen der Revolutionsheere unruhig und kriegerisch.

Die französische Revolutionsregierung löste Kurfürstentümer und Adelsherrschaften auf. Die Familie Schmitz-Bolen musste die Eifel verlassen und zog nach Bonn, wo Vater Johann Jakob als Oberstbergrat tätig war und zwei weitere Kinder geboren wurden. Auch aus Bonn vertrieben, ließ sich die Familie 1796 in München nieder, wo dann noch als letztes Kind Katharina Josefa (* 1797) zur Welt kam.

Zu hohem Ansehen und beachtlichem Vermögen brachte es das dritte Kind, Christoph Maria Josef Schmitz (* 21.1.1796 in Bonn). Nach seinem Abitur trat Christoph 1813 in das Münchener Bergeleven-Institut ein. Bereits zwei Jahre später wurde er bei den Generaldirektionen der Porzellanmanufaktur Nymphenburg und der Gewehrfabrik Amberg tätig. 1816 wurde er stellvertretender Betriebsleiter seines Bruders Karl bei der Porzellanmanufaktur Nymphenburg, wo er zehn Jahre später bereits zum Betriebsbeamten und 1829 zum Inspektor befördert wurde. Dabei erwarb er sich herausragende Verdienste um die technische Entwicklung der Manufaktur. Er verbesserte und baute u. a. Maschinen für die Aufbereitung der Porzellanmassen und des feuerfesten Tones, beaufsichtigte die Glasurherstellung und führte technische Neuerungen ein, die er in in- und ausländischen Manufakturen kennengelernt hatte. Ende 1836 folgte die Beförderung zum Oberberg- und Salinenrat der General-Bergwerks- und Salinen-Administration. Nun beschäftigte sich Christoph Schmitz verstärkt mit nutzbaren Rohstoffvorkommen. Er veröffentlichte viele Aufsätze und bis heute anerkannte Fachliteratur und erhielt ebenfalls zahlreiche Auszeichnungen, Ehrungen, Verdienstmedaillen und Orden. 1834 hatte Christoph Schmitz in München Henriette Maximiliana von Kobell (18071875; Tochter des adligen Wilhelm von Kobell, Maler und Professor an der Akademie der Bildenden Künste in München) geheiratet, die ihm zwei Söhne und eine Tochter schenkte.

All dies konnte die Daunerin, Mutter Johanna Franziska von Bolen, nicht mehr erleben. Sie war am 1. Dezember 1822 im Alter von 64 Jahren gestorben und ruht bis heute an der südlichen Kirchenmauer auf dem Friedhof Nymphenburg bei München. „Spinn-Mutter", wurde sie genannt, weiß die Friedhofsführung zu berichten. „Denn sie gründete 1810 in Neuhausen-Nymphenburg Spinnstuben und lud einheimische Mädchen

und Frauen ein, bei ihr die niederländische Flachsspinnerei zu erlernen. Der wirtschaftliche Erfolg war so groß, dass Johanna Franziska mithilfe des Kaufmanns Andreas M. Dall'Armi (1765-1842) weitere Spinnstuben im Großraum München bis Fürstenfeldbruck eröffnete. Die zahlreichen Mitglieder der »Spinn-Verschwisterung« begingen bis in das 20. Jahrhundert hinein alljährlich ihren Todestag mit einer Singmesse auf dem Win-thirfriedhof."

Ihr bekannter Sohn Christoph Schmitz starb mit 70 Jahren am 15.6.1866 in München, wo er auf dem alten katholischen südlichen Friedhof bestattet wurde.

Literatur:

www.deutsche-biographie.de