Korallen - Zeugen der Urzeit und Erbauer der Eifelriffe

Diethelm Stump, Mürlenbach

Wenn die Rede von Korallen aus dem Unterdevon und insbesondere aus den Kalkmulden des Kreises Vulkaneifel ist, kommen Forscher und Liebhaber von Versteinerungen ins Schwärmen. In der Geologie und Paläontologie wird dieses Gebiet als ein wahres Wunderland für Zeugnisse aus der Vergangenheit bezeichnet. Mehr als 200 Jahre werden versteinerte Korallen auf Baustellen, Feldern und in Steinbrüchen gesammelt, präpariert und wenn möglich beschrieben. Korallen, die auch als Blumentiere bezeichnet werden, traten zu der Zeit in einem großen Formenreichtum auf und sind auf Grund ihres kalkhaltigen Gerüstes bis zur heutigen Zeit versteinert erhalten geblieben. Für Forscher war in der Vergangenheit in den Eifeler Kalkmulden der Tisch mit versteinerten Korallen und der gesamten Begleitfauna wie Seelilien, Brachiopoden, Trilobiten und Schnecken reichlich gedeckt. Das Größenspektrum der Korallen hatte ein nicht zu unterschätzendes Ausmaß von einem Millimeter bis 60 Zentimeter.

Neufunde an Arten sind selten geworden, so dass Forscher immer häufiger auf die in fast allen Museen der Welt ausgestellten oder in

Anschwemmung von Korallen- und Seelilienstielen

Dohmophyllum

Archiven vorhandenen Schönheiten zurückgreifen müssen. Viele Exponate sind den Wirren des letzten Krieges zum Opfer gefallen und so nicht mehr verfügbar, was umso mehr bedauerlich ist, da einige Präparate als Vorlage für Arbeiten über diese Spezies dienten. Wissenschaftler haben diese Meeresbewohner in zwei Gruppen eingeteilt, nämlich in Rugosa und Tabulata. Als Rugosa gelten solitär lebende Einzeltiere, während Tabulata als in Kolonien lebende Wesen bezeichnet werden. Maßgeblich sind Tabulata am Aufbau der Eifelriffe vor 370 bis 400 Millionen Jahren während der Devonzeit beteiligt. Sie bildeten Kolonien, die zu mächtigen Bänken heranwuchsen und so zu den beherrschenden Tieren gegen Ende dieser Periode wurden. Die knolligen, zum Teil auch kugel- oder fladenartigen Individuen waren mit dem Meeresboden verankert und hielten so stärksten Wellenbewegungen stand. Wissenschaftler identifizieren als Lebensraum von Einzelkorallen lagunenartige oder ruhiges Wasser in der Vorriffzone. Die ausgestorbenen Stromatoporen, eine Schwammart, waren ebenfalls am Zustandekommen der in stark bewegtem Wasser erbauten Riffe beteiligt. Korallen ernährten sich zur damaligen Zeit von planktonartigen Kleinlebewesen, die in

dem turbulenten Wasser reichlich vorhanden waren. Durch das Zusammenleben in Symbiose mit Algen ist der Ernährungsplan heutiger Korallen ein anderer. An versteinerten, aufgeschnittenen und polierten Stromatoporen sind die Jahreswachsringe wie am Querschnitt von heutigen Bäumen gut zu erkennen. Die Gerolsteiner Dolomitfelsen, die Riffe im Pelmer Selbüsch, die Felsspitzen in Niederehe, die

Querschnitt vom Favosites goldfussi

Felsenlandschaft im Bolsdorfer Tälchen sowie die Landschaft an der Oberen Kyll im Raum Lissendorf (Dollendorfer Teilmulde) erzählen von der Erdgeschichte und dem Leben der Korallen, als die Eifel mit der Eifler Meeresstraße noch am Äquator lag. Das mühevolle Freilegen der bizarren Blütenknospen und Strahlen bei versteinerten Korallen stellt Fossilpräparatoren vor schwer zu lösende Aufgaben, weil mechanisches Wirken nicht immer genügt und Säuren und Tenside herangezogen werden müssen, um ein im Stein eingebettetes Fossil in all seiner Vollkommenheit zu lösen. Dental-Sandstrahlgeräte können ebenfalls bei Verwendung kleiner Sandkörnungen beim Freile-

Aufgeschnittene und polierte Stromatopora echinata

Cyathophyllum planum tabulatum

gen der Fossilien helfen. Zur Bestimmung von Korallen werden heute Dünnschliffe - das sind Millimeter starke, von dem Korallenkörper abgetrennte und geschliffene Plättchen - benutzt, welche unter dem Mikroskop untersucht werden.

Für die nachkommenden Generationen bleibt nur zu hoffen, dass diese markanten Naturdenkmäler erhalten bleiben und die Erinnerungen an die Urzeit und ihre Riffe im Kreis Vulkaneifel nicht verloren gehen. Insbesondere das in Gerolstein beheimatete Naturkundemuseum beherbergt noch eine große Sammlung mit einem bemerkenswerten Querschnitt durch den Lebensraum der Korallen und zeigt diese in Vitrinen. Kleine Sammlungen in Daun, Hillesheim, Manderscheid und Strohn weisen ebenfalls mit Fossilienfunden auf die

Mesophyllum sp.

Vergangenheit der Eifel hin. Geologische Exkursionen, die im gesamten Kreisgebiet stattfinden, bringen Touristen und Einheimischen das vielfältige Leben zur Devonzeit näher, ohne schadhaft in die Landschaft einzugreifen.

Literaturnachweis

R.Birenheide, rugose Korallen

R.Birenheide, tabulate Korallen

Nosse u. Leindelder, Korallen u. Stomatoporen

A.Müller, Lehrbuch der Paläozoologie