Freitag, der 13.

Annette Thewes, Birresborn

In Erinnerung ist mir Freitag, der 13.! Der 13. März 2020....ich musste mittags nach Mayen, um meinen Sohn vom Blockunterricht zum Wochenende heim zu holen. Eigentlich wollte ich morgens schon gefahren sein, denn in Mayen war Stoffmarkt. Hätte ich das, was kurze Zeit später passierte, damals geahnt, hätte ich einen Besuch riskiert. Doch in Anbetracht der Nachrichten der Tage davor habe ich mich entschieden, alles abzusagen, was nicht unbedingt nötig war, sowie unnötige Besuche zu vermeiden. Denn inzwischen musste jedem bewusst sein, dass es galt, Menschenansammlungen zu meiden, um dem Risiko einer Ansteckung zu entgehen!

In Mayen lud ich meinen Sohn ein und rief der Vermieterin noch zu „bis Sonntag". Mensch, dabei habe ich doch die ganze Zeit im Radio verfolgt, was bei der Sitzung des Landtages beschlossen würde. Rum kam, dass ab Montag, den 16.03. alle Schulen im Land geschlossen bleiben! Mein Sohn hatte wohlweislich schon seinen „ganzen Plunder" eingepackt und ich sah seine Vermieterin Sonntag nicht wieder.. Am Freitag dem 13. gab es auch ein Statement

vom Bistum, wonach alle Termine, Sitzungen, Seminare, Chorproben abgesagt wurden. Also konnte ich in meinem Kalender alle Termine streichen. Der April war somit der erste Monat seit ich mich erinnern kann, bei dem nichts in meinem Kalender stand! Das war schon seltsam.

Weil man sich nicht treffen sollte, tauschten wir per WhatsApp Informationen aus und seither wurde das Handy zum ständigen Begleiter. Über diese „Verbindung" habe ich auch ein Gedicht geschrieben. Es wird im Anschluss an meine Geschichte zu lesen sein... In der Woche drauf packte ich die Nähmaschine aus und suchte in meinen Stoffkisten nach geeigneten Stoffen, um Masken zu nähen. Irgendwo im Internet entdeckte ich eine Nähanleitung der Stadt Essen, die für ihre Feuerwehr Masken nähen ließ. Eine Woche später, Ende März informierte ich unsere Ortsbürgermeisterin über mein neues Hobby und erklärte mich bereit, auch für den Ort zu nähen, sollte es nötig sein. Ebenfalls über WhatsApp habe ich meine Masken zum Verkauf angeboten -selbstverständlich für einen guten Zweck.

Im Oktober 2018 durfte ich eine Besuchsreise nach Tansania in das Partnerbistum der Pfarrei Gerolstein machen, wobei wir uns von der Arbeit dort mit den Aidswaisenkindern überzeugen konnten. Die Kinder haben mich sehr beeindruckt. Das war nun die Chance, Spenden für sie zu sammeln. Zusätzlich zum Verkauf meines Reisetagebuches und meinen genähten Taschen, die ich bei jeder Gelegenheit an den Mann zu bringen versuche. Wenn ich jetzt hier sitze und schreibe, ist es

auch so ähnlich, wie Tagebuch schreiben....

aber „Corona-Tagebuch", nein, so was hört sich wieder mal seltsam an. Ich hab ja kein Corona. Gott sei Dank! Nein, es ist nur meine Geschichte in dieser Zeit. Nach 6 Wochen und 600 Masken war ich es denn endgültig satt mit Nähen und packte die Maschine wieder weg. 300 Stück habe ich allein für die Ortsgemeinde Birresborn genäht. Das war auch nur Dank Materialspenden aus der Bevölkerung möglich (Stoff, Garn, Gummi): Jeder tut, was er kann! So bin ich in dieser Zeit zweigleisig gefahren: Ich habe mit meinem Material und mit dem, was man mir später geschenkt hat, Masken für meine Mission genäht (und noch einige Dutzend für ein Pflegeheim, für die Feuerwehr, für die Caritas, für die Flüchtlingshilfe) und mit dem Material der Gemeinde die Masken für die Gemeinde!

Masken für meine Mission verkaufe ich auch weiterhin - sogar welche aus Stoff aus Tansania und Fußball Masken! Man darf mich also gerne ansprechen und danach fragen und meine Aktion unterstützen! In der Woche vor der Karwoche kam mein Sohn (22) und fragte, ob ich ihm die Haare schneiden möge. Die Frisöre mussten ja (für etliche Wochen) schließen. Für uns kein Problem, da ich meinen Kindern von klein auf die Haare schneide und im Besitz einer Haarschneideschere und einer Haarschneidemaschine bin. Natürlich brauchte/durfte ich das ab einem gewissen Alter nicht mehr.... Aber jetzt war Frisör Mama wieder gefragt, obwohl ich eigentlich nur Mama und kein Frisör bin. Da ich mir eh alle paar Wochen immer selbst den Pony nachschneide, wagte ich mich vor Ostern diesmal auch an das Deckhaar. Und si-

ehe da: es sah ganz passabel aus! Was war ich stolz! Auch wenn ich keine Ahnung hatte, wie meine Frisur von hinten aussah.. Kurz darauf wurde mein Papa fein gemacht und später begab sich sogar mein Mann unter meine Hände! Das wollte natürlich was heißen! So bekamen wir auch diese Zeit überbrückt, ohne verwildert auszusehen...

So, neben dem Nähen hab ich ja noch andere Hobbys, nämlich das Singen! Das macht allein keinen Spaß. Aber Chor ging auch nicht. So ergab es sich Ende März, dass ich meiner Freundin Manu die Sendung Masken für das Pflegeheim mit dem Fahrrad in den Nachbarort brachte. Natürlich hatte ich vorsichtshalber meine Liedermappe mit. Wir setzten uns also -mit Abstand - draußen hin und sangen zusammen. Was bei dem Straßenlärm jedoch nicht viel Spaß machte. Als wir „Unser Freundschaftslied" (was ich 2019 geschrieben habe) für unsere zwei Mädels zuhause aufnehmen wollten, kam uns die Idee, dies in der Kirche zu tun. Da hatten wir Ruhe. Welch eine Akustik! Wahnsinn! Das war eine Freude! Nicht nur für uns! Auch für die zwei zuhause! Nun kam Gründonnerstag und meine Freundin und ich trafen uns wieder kurzfristig in „unserm Tonstudio", um gemeinsam zu beten und das Gloria zu singen! Nach zwei Stunden hatten wir einige Lieder aufgenommen, die wir an unsere Freunde versendeten, an jene, von denen wir annahmen, sie würden sich darüber freuen. Das taten sie auch! So hatten auch sie ein wenig Gründonnerstag. Aber zwei Lieder verschickten wir erst Karfreitag. Damit war auch so für andere etwas Karfreitag. Dann kam uns die Idee, die Mitglieder unserer Singgruppe nach ihren Wunschliedern zu fragen. Prompt äußerten auch andere Freunde ihre Wunschlieder, nachdem sie unseres Vorhabens gewahr wurden. Also trafen Manu und ich uns eine Woche später wieder (Ostern hab ich jetzt übersprungen), um die Wünsche zu erfüllen.

Nach mehr als drei Stunden waren die Lieder im Kasten, bzw. auf dem Handy. Wieder war die Freude groß! Wir haben uns gefreut, dass wir mit unserem Singen und dem Verschicken der Lieder andern eine Freude machen konnten. Das gemeinsame Singen zu zweit war

für uns Glückseligkeit! Im April erreichte die Singgruppe eine Anfrage aus dem Pflegeheim Maternus. So fuhren wir (einzeln) zu dritt nach Gerolstein und sangen draußen (mit Abstand) unsere Volkslieder. Wieder konnten wir Freude verbreiten, dort, wo wir schon öfters zu Gast waren. Gemäß dem Spruch aus dem Poesiealbum: „Willst du glücklich sein im Leben, trage bei zu andrer Glück. Denn die Freude, die wir geben, kehrt ins eigne Herz zurück." Muttertag durften wir zu dritt - unter Einhaltung sämtlicher Sicherheitsmaßnahmen - im

Pflegeheim in Jünkerath singen. Wieder durften wir durch Singen Freude verbreiten in dieser Zeit, zu der Besuche nicht erlaubt waren. Als Ende März diese „Musik am Fenster" ins Leben gerufen wurde, war für mich klar: Ich singe nur mit Rosi! Ihre Terrasse war groß genug für uns zwei und ihre Nachbarschaft war das dankbarste Publikum. So konnte ich also trotz allem weiter singen! Fortan hatte ich also sonntags um 18 Uhr wieder einen Termin in meinem Kalender....