Die Klopapier-Krise

Margret Heinzen, Feusdorf

Ich sag immer, ich könnte Bücher zum Thema „Stilles Örtchen" schreiben, denn man erlebt doch so allerhand in nicht heimischer Umgebung. Naja, wer weiß, vielleicht mache ich das ja irgendwann tatsächlich einmal... Aktuell, in Coronazeiten, scheint deutschlandweit jedoch nicht die Keramik-Schüssel an sich das eigentliche Problem zu sein, sondern eher das zugehörige Equipment... Seit Wochen ist überall und ständig das Klopapier ausverkauft. So bald etwas ins Regal geräumt wird, ist es auch schon wieder weg. Letzte Woche beim Einkaufen, ab und zu muss das ja auch in Krisenzeiten einmal sein, ging ich also so durchs Geschäft und dabei natürlich auch an dem vermutlich meist frequentierten Regal der letz-

ten Zeit vorbei. Und, was soll ich sagen? Man glaubt es kaum, dort lag doch tatsächlich noch ein ganzes Paket der heißbegehrten Ware!!! Sechs wohlgeformte Rollen, jeweils bestehend aus 250 aneinander gereihten, nur durch eine zierliche Perforationsnaht zusammengehaltene, zarte Blättchen. Und diese Blättchen auch noch in vier einzelnen, in Schnörkeln geprägten Lagen, hübsch bedruckt mit Blümchen, Herzchen und Bärchen. Welch ein Luxusobjekt, das MUSS ein wahrer Popo-Streichler sein!! Der dazu gehörende Preis bereitete mir im ersten Moment dann auch eine kurze Schnapp-Atmungs-Attacke... Aber nun denn, et nutzt ja nix, wat sein muss, muss sein! Und so ergriff ich Gelegenheit und Papier und brachte meine

Beute alsbald stolz nach Hause. Dort angekommen räumte ich erst einmal alles, was nicht in den Kühlschrank musste, ins Küchenspind. Später brauchte ich fürs Mittagessen ein Paket Nudeln. Als ich die Tür zum Spind öffnete, kam mir ein leicht penetranter Parfümgeruch entgegen. „Uah", dachte ich, „was riecht denn hier so?" Ich vermutete eine offene Seifenoder Shampoopackung, fand aber auf Anhieb nichts und so widmete ich mich erst dem Essen. Danach hatte ich das Ganze dann auch wieder vergessen, bis ich nachmittags im Bad das Klopapier auffüllen wollte. Ich schnappte mir im Spind meine morgendliche Errungenschaft und schritt zur Tat. Als ich die Packung öffnete, wusste ich mit einem Schlag, warum mein Spind heute Morgen so nach Freudenhaus gerochen hat. Zu meiner Nase bestätigten mir jetzt auch meine lesenden Augen, dieses Toilettenpapier war mit „zartem Frühlingsduft" versehen, wobei man an dieser Stelle über die

Definition von „zart" streiten kann. In der nächsten Zeit begleiteten uns also beim morgendlichen Geschäft besagte Frühlingsdüfte gepaart mit bunten Blümchen und Herzchen. Dazu, nicht zu vergessen, Bärchen mit Luftballons in der einen, und Schildern mit „Springtime" oder „Hello Spring" in der anderen Hand. Tja, und was soll ich nun sagen? - Der hiesige Praxistest hat nach sechs Rollen und ungefähr 300 Einsätzen klar ergeben, dass das morgendliche Häufchen auch mit dem besten Toilettenpapier nicht sonderlich schmeichelhaft riecht... Vielleicht wollte das Bärchen mit dem Springtime-Schild auch einfach nur ganz lieb und nett darauf hinweisen, dass nach „getaner Arbeit" schlicht die beste Zeit ist, zum Fenster zu „springen" und es zu öffnen. Ach, wer weiß denn schon, welche Dramen manche Leute so tagein tagaus ereilen, während sie ihr duftendes Toilettenpapier benutzen.