Das Oberelzer Heiligenhäuschen

Tamara Retterath, Lirstal

Das Oberelzer Heiligenhäuschen liegt mitten im Fichtenwald, zentral der Orte Lirstal, Arbach, Salcherath, Retterath und Oberelz. Es ist ein beliebter Treffpunkt für Spaziergänger aus diesen Dörfern und ein Anlaufpunkt für Jung und Alt. Meistens trifft man dort Gleichgesinnte. Ältere Leute, die nicht mehr gut gehen können, werden auf dem gut befahrbaren Waldweg mit dem Auto dorthin gebracht, um Andacht und innere Einkehr zu halten. Beim Wandern macht ein Jeder am Heiligenhäuschen halt, betet oder zündet eine Kerze an und bringt der Gottesmutter sein Anliegen vor. Dazu passt der Sinnspruch, der über dem Eingang der Waldkapelle zum Nachdenken einlädt: „Man sagt, der Wanderer sei ein Sünder, weil er nicht oft zur Kirche geht. Jedoch ein stiller Blick zum Himmel ist besser als ein falsch' Gebet." Das kleine Häuschen bietet Platz für etwa acht Personen, die auf zwei gegenüberliegenden Bänken sitzen können. Auch Touristen suchen die Heiligenstätte gerne auf und sind dankbar, wenn sie diesen Insider-Tipp von ihren Gastgebern erhalten, der in keinem Reiseführer steht. Einmal im Jahr, am Pfingstmontag, findet eine Sternwallfahrt zu der Kapelle statt. Die Gläubigen aus den umliegenden Orten kommen um 14 Uhr zu einer gemeinsamen Andacht mit einem Priester zusammen. Dabei stehen

Der Künstler Johann Peter Allroggen hat das Oberelzer Heiligenhäuschen zur Winterzeit gemalt.

Das Oberelzer Heiligenhäuschen

die meisten Pilger draußen um das Heiligenhäuschen herum und beten und singen voller Inbrunst.

Weil die Spaziergänger auch gerne ein Schwätzchen mit ihresgleichen halten, wurde für das gemütliche Beisammensein vor ein paar Jahren neben dem heiligen Ort auf einer Terrasse eine Sitzgruppe mit Tisch errichtet. Eine Bekannte aus Mayen ist an einem sonnigen Sonntag extra mit ihrer Frauen-Clique hingefahren, um dort zu picknicken. Das Heiligenhäuschen wurde 1823 erbaut, so steht es außen sichtbar auf einem Balken des Fachwerks. Es soll aufgrund eines Gelübdes nach einem verheerenden Dorfbrand in Oberelz 1814 und schlimmer Notjahre 1816/1817 erbaut worden sein. Möglicherweise befand sich hier schon vorher eine ältere Betstelle. An dieser Waldwegekreuzung soll früher eine Pferdewechselstation der Postlinie Köln - Trier gestanden haben.

Das Kapellchen besteht aus verputztem, außergewöhnlich dickem Bruchsteinmauerwerk mit zwei Giebeldreiecken aus Fachwerk. Der Eingang ist, wie bei vielen alten Gebäuden, sehr niedrig gehalten. Im Innenraum ist ein Tonnengewölbe prägend. In der Waldkapelle steht frontal in einer Wandnische eine Marienstatue in der Darstel-

lung, wie man sie in Lourdes findet, rechts und links neben ihr hängen handgemachte Engel an der Wand. Ein Rosenkranz ist über einem Christus-Kreuz angebracht, und eine Dankestafel links neben dem Eingang zeugt von der Wohltätigkeit Mariens. Im Frühjahr und Sommer schmücken echte Blumen das Häuschen, in den Wintermonaten zwei Gestecke aus Stoffblumen jeweils rechts und links der Madonna und zur Adventszeit zwei Weihnachtsgestecke.

Dass das Oberelzer Heiligenhäuschen ein sehr beliebter Ort der Anbetung ist, sieht man auch an den zahlreich dort stehenden Öllichtern und brennenden Kerzen.

Hierzu wurde mir einmal eine kleine Anekdote erzählt:

Eines Tages war die Betstelle Thema einer Wette. Ein Schlitzohr aus Oberelz fuhr mit dem Moped nach Retterath, um dort einen Bekannten zu besuchen. Er wettete mit diesem um 100 DM, dass im Heiligenhäuschen mindestens 23 Lichter brennen würden. Dem Bekannten kam das viel vor und er hielt dagegen. Beide machten dann einen gemeinsamen Spaziergang von Retterath zu der Waldkapelle. Man glaubt es kaum. Tatsächlich brannten dort 24 Lichter. Der Oberelzer hatte somit die 100 DM gewonnen. Was er dem Bekannten aber nicht verriet, wohl aber mir, war, dass er mit seinem Moped vor dem Besuch nicht die öffentliche Straße von Oberelz nach Retterath gefahren war, sondern den Weg quer durch den Wald genommen hatte, wo er am Heiligenhäuschen Halt gemacht und die Lichter vorher bereits genauestens gezählt hatte. Dazu hatte er noch eine Risikokerze abgerechnet, die in der Zwischenzeit noch vom Wind hätte ausgehen oder herunter gebrannt sein können. Zwischenzeitliche zusätzliche Kerzenaufsteller wären willkommen gewesen, da er ja in seiner Wette von „mindestens" gesprochen hatte. Die Oberelzer Bürgerinnen und Bürger halten das Heiligenhäuschen, das seit dem 15. April 1986 unter Denkmalschutz steht, sehr sauber. Die Männer pflegen den Außenbereich und streichen jedes Jahr die von den vielen Kerzen rußgeschwärzten Innenwände. Die Frauen sorgen für die schöne Blumendekoration und das immer gefüllte Weihwasserkesselchen.