„Um halva siwwen ob da Kräiz Strohs"

Harald Billen, Niederstadtfeld

Eindeutiger Treffpunkt meiner Jugend in Niederstadtfeld war die Straßenkreuzung an der Kirche, hier im Besonderen auf der Treppe vor unserem damaligen Edeka Geschäft „Bei Hey". Oft saßen wir mit so viel Leuten auf der Treppe, dass die Kunden nicht mehr rein und raus kamen. Hey Annemie kam dann ab und an raus und sorgte etwas für Ordnung. Natürlich sind die meisten von uns auch ins Geschäft und haben sich was gekauft. In meinem Fall war das meist ein Wassereis oder ein Mohrenkopf. Schiwa Harry hat sich immer eine

Dose Cola gekauft. Das war schon ein Ritual. Auch wusste man eigentlich schon vorher wer auftaucht, ob von uns oder auch Kunden des Ladens.

Treffzeit für uns Jugendliche war meist nach dem TV Vorabendprogramm, nach Tom und Jerry, Dick und Doof, Rauchende Colts oder Stuntman Colt Seavers. Einer nach dem anderen kam an und hatte was zu erzählen. Im Zeitalter ohne Handy gab es ja noch einige Neuigkeiten vom Tag, die nicht schon jeder wusste.

Aufnahme aus der Entfernung: Hier sitzen die Jugendlichen auf der Treppe des Ladens.

Blick in die Kreuzstraße

Oft haben wir nur da gesessen und erzählt, um dabei das zweite oder dritte Wassereis zu schlürfen. Meist war aber auch schnell eine Idee da, was gemacht werden könnte. Zum Beispiel Völkerball oder Tip Top ein paar Meter weiter bei „Hedmaisch" im Ecken mitten auf der Straße. Oder runter zu Karel und Gretchen in die Brückenschänke, Flipper spielen. Hoch im Kurs war natürlich immer Fußball auf der Wiese gegenüber dem Drees. Zwei Jacken links und rechts als Torpfosten und los ging's. Den Durst konnte man ja am Drees stillen, einfach die Klingel vom Fahrrad abdrehen und als Becher benutzen. Natürlich haben wir auch oft auf dem Sportplatz Fußball gespielt, in der „Millewiss", zwischen Nieder- und Oberstadtfeld gelegen. Wir sind damals sogar vom Sportplatz bis zum Drees was trinken gefahren, trotz der Entfernung von über einem Kilometer.

Ein weiterer Treffpunkt im Dorf war auch das Bushäuschen, weiter unten im Dorf gelegen. Vor allem wettergeschützt konnte man sich hier aufhalten. Das Highlight hier war, dass

man mit dem Fahrrad um das Häuschen fahren konnte und das Gelände eine Art Steilkurve bot. So sind wir unzählige Runden mit dem Fahrrad um das Ding gebrettert, unermüdlich. Mir fällt dabei das Bonanza - Rad ein. Langer Sattel, hoher Lenker. Die Könige, die damals damit auftrumpfen konnten. Ich hab damals ein gelbes Rennrad vom ortsansässigen Geschäft Elektro Brück bekommen. Zehn Gänge, das war sensationell! Ein Idol der damaligen Zeit, Didi Thurau der Radprofi, Sportler des Jahres 1977. Auch in guter Erinnerung bleibt unser damaliger Jugendraum im Keller der alten Schule. Diesen haben wir damals mit viel Liebe in Eigenleistung hergerichtet und ihn über Jahre in Schuss gehalten. Hier haben wir viele tolle Partys gefeiert, oft zum Leidwesen der direkten Nachbarschaft. An Schlaf war da nicht immer zu denken, was man heute verstehen kann, damals als Jugendlicher natürlich nicht. Es sind schöne Erinnerungen an die Jugendzeit und die Gemeinschaft im Dorf. Als ich damals in die Jugendgruppe kam, gab es eine Mitgliederliste. Es wurde von jedem zwei Mark Monatsbeitrag eingesammelt. Über 30 Jugendliche waren auf dieser Liste. Das war wirklich viel für ein recht kleines Dorf. Wir waren uns einig, und das war ein gutes

Gefühl.

Unser Edeka Laden 1967