„Beijm1 Steijl" - Der Kirchplatz in Mehren

Roland Thelen, Mehren

Die Bezeichnung „Kirchplatz" für die sich vor der Mehrener Pfarrkirche platzartig aufweitende Hauptstraße ist eigentlich erst seit der letzten Ausbaumaßnahme in den Jahren 2007 bis 2009 gebräuchlich. Bevor in den 1960er Jahren die heutigen Straßennamen eingeführt wurden, hieß dieser Bereich im Volksmund „Beij' da' Kirch'" oder „Beijm' Steijl". Die letztere Bezeichnung ist vermutlich abgeleitet von „steil", denn hier geht die Hauptstraße unmittelbar in die wirklich steile Straße „Am Beckersberg" über. Heute eine für den Durchgangsverkehr mit Schildern und Schranke gesperrte Verbindungsspange zur Steininger Straße, war dieser „Beckersberg" noch bis Anfang des 19. Jahrhunderts die Fortsetzung der grob von Norden nach Süden ausgerichteten bedeutendsten Straßenachse des Dorfes, vermutlich basierend auf der prähistorischen Wegeverbindung von Daun nach Steineberg/ Demerath (Ringwall „Steineberger Ley"). So ist es nur verständlich, dass der zwar kurze, dafür aber steile Straßenabschnitt sich nicht nur bei allen Fuhrleuten einprägte und über viele Generationen zum Namensgeber für diesen Bereich in der Mehrener Dorfmitte an der Kirche wurde.

Der heutige Kirchplatz, der sich im Verlauf der Hauptstraße trapezförmig nach Südosten aufweitet, beginnt an der Einmündung der Allscheider Straße und erstreckt sich bis zu jenem steil abschüssigen „Beckersberg", umfasst aber auch die nordöstlich anschließenden Bereiche um die alte Schule, Pfarrhaus, Pfarrkirche und den ehemaligen Hof Herbrand. Während nach Westen hin private Anwesen in dichter Bebauung den Platzraum begrenzen, geschieht dies nach Osten ausschließlich durch öffentliche Gebäude, nämlich die ehemalige Volksschule, das Pfarrhaus und die Pfarrkirche.

Zwangsläufig etablierte sich dieser Bereich über Jahrhunderte als die gesellschaftliche und wirtschaftliche „Mitte" des Dorfes. Hier gab es neben Schule, Pfarrkirche und Pfarrhaus auch Gasthäuser, ein Hotel, Post, Bankfilialen, Läden, Handwerker und noch bis in die ersten Jahrzehnte des 20. Jahrhunderts wurden hier, zuletzt dreimal jährlich, Kram- und Viehmärkte abgehalten.

Heute erfüllen nur noch Pfarrkirche/Pfarrheim und die zum Bürgerhaus umgebaute ehemali-

ge Volksschule die ihnen ursprünglich zugedachte öffentliche Nutzung beziehungsweise Funktion.

Leerstand, Renovierungsstau und die Überalterung der Bewohner sind, wie in sehr vielen Dorfkernen, symptomatisch für die meisten

privaten Anwesen. Hier bleibt zu hoffen, dass das vom Ortsgemeinderat im Jahr 2019 nach dem Baugesetzbuch ausgewiesene Sanierungsgebiet nun für eine zukunftsorientierte und nachhaltige Entwicklung der Mehrener Dorfmitte die entsprechenden Impulse setzt.

Pfarrkirche und „Steijl" Rekonstruktion nach einer Zeichnung von Peter Otten aus dem Jahr 1948. Die Pfarrkirche St. Matthias mit dem Turm von 1852 und dem „Steijl". Das Kirchenportal ist das frühere Westportal des Klosters Himmerod. Bis in die 1960er Jahre umgrenzte eine hohe Mauer den die Kirche umgebenden Friedhof. An diese Mauer und den Kirchturm war um 1890 das „Spritzenhaus" der Mehrener Feuerwehr angebaut worden. Dieses wurde Anfang der 1950er Jahre abgerissen, als das neue „Spritzenhaus" am Marktplatz fertiggestellt war.

Herbrands Hof Das waren noch Zeiten, als im „Herbrands Hof legendäre Dorffeste gefeiert wurden.

Anfang der 1970er Jahre erwarb die Ortsgemeinde den leerstehenden und verfallenden Hof und baute die an den Kirchplatz anschließende Fläche zum Dorfplatz aus.

Hotel Herbrand

Das Hotel Herbrand, auch „Hotel zur Post" der Familien Knoodt/Herbrand war bis zum 2. Weltkrieg das erste Haus am Platz. Hier befand sich die Haltestelle der Postkutschenverbindung Daun - Lutzerath und auch die Mehrener Post- und Telegrafenstation. Später folgte die Nutzung als Friseursalon, dann als Bankfiliale und zuletzt als Bürogebäude. Heute steht das ortsbild-prägende Haus leider leer.

Pfarrkirche-PfarrhausVolksschule Das den Kirchplatz nach Osten begrenzende Gebäudeensemble aus Pfarrkirche, Pfarrhaus und Volksschule bildet als „städtebaulicher Dreiklang" die Dominate im Mehrener Dorfbild.