Das Weinfelder Friedenskreuz und seine Geschichte

Bernd Schlimpen, Schalkenmehren

Wer die Friedhofskapelle in Weinfeld besucht, dem fällt auch ein besonderes Denkmal auf. 70 Jahre steht das Friedenskreuz aus rotem Sandstein nun auf dem Gottesacker, und Zeitzeugen erinnern sich noch an die Erstellung des Mahnmals. Der 90-jährige Nikolaus Scho-mmers aus Schalkenmehren weiß noch, dass dieses Gedenkkreuz aufgestellt wurde, aber damals wurden auch im Innern der Kapelle ebenso Veränderungen vorgenommen wie am Altarraum der Pfarrkirche St. Martin in Schalkenmehren.

Das 3,60 Meter hohe Kreuz in Weinfeld, das der damalige Schalkenmehrener Pastor Nikolaus Schäfer (1890 bis 1963 / Von 1944 bis 1960 Pfarrer in Schalkenmehren) im Jahre 1950 von Schalkenmehrener Männern in Schwerstarbeit errichten ließ, ist ein „Dankeskreuz" für das Ende des schrecklichen Zweiten Weltkrieges. Es ist ein „Kriegerdenkmal" der Ortsgemeinde Schalkenmehren, das zu Weinfeld gehört. Oben auf dem Kreuz sind Maria und der Apostel Johannes zu erkennen, unter dem Kreuz wahrscheinlich der heidnische Hauptmann, der im Gekreuzigten Gottes Sohn sieht. In der Mitte des Kreuzes fallen drei Reliefbilder auf, die drei Lebensstufen der Eifel darstellend: eine junge Familie mit dem Erstgeborenen, einen Sämann mit der Bäuerin und die betenden alten Bauersleute, die gefasst auf den Tod warten.

Das Friedhofskreuz, auch ein Dankes- und Gedenkkreuz in Weinfeld: es mahnt, zeigt in seinen Darstellungen das arbeitsreiche Leben der Eifeler und erzählt auch die Geschichte eines kriegsverschollenen Schalkenmehrens und seiner Familie, eine Geschichte, die während der vergangenen Jahrzehnte in Schalkenmehren kaum noch bekannt ist. © Bernd Schlimpen

Nikolaus Schneider kümmerte sich nach seiner Heimkehr um die Bearbeitung des Brennholzes im Anwesen Schneider. © Familie Schneider-Schild

Auf der Rückseite des roten Sandsteindenkmals gedenkt die Gemeinde Schalkenmehren ihrer im letzten Krieg gefallenen und vermissten Söhne. Und hier entsteht eine zweite, spannende Geschichte von den Wirren des schrecklichen Zweiten Weltkrieges, die von den Zeitzeuginnen Gisela Schneider (87 Jahre) und Hedwig Stolz (90 Jahre) aus Trautzberg, beides Töchter der Hoteliersfamilie Schneider, sehr zum Erstaunen manches Schalkenmehreners erzählt wird: Der Name des Familienmitglieds Nikolaus Schneider, 1893 geboren, steht auf diesem Kriegerdenkmal, weil er elf Jahre vermisst war und als gefallen galt. Seine letzte Feldpost aus Frankreich teilte seine Verwundung mit, und niemand wusste, was aus dem Eifeler geworden war. Was geschah? Der verwundete Nikolaus Schneider schleppte sich in Frankreich zu einem Bauernhof, wo er gesund gepflegt wurde. Nach seiner Genesung hielt ihn das abgelegene Hofgut mit großer Waldwirtschaft als Knecht und ließ ihn vorerst glauben, dass der Krieg noch nicht beendet sei. Als er von Durchreisenden hörte, dass der Krieg schon längst vorbei sei, erklärten die Gutsherrn: „Wir haben uns nach deinem Heimatort Schalkenmehren erkundigt. Dort hat der Krieg alles zerstört und die Einwohner getötet. Es gibt dort niemanden mehr aus deiner Familie, und du kannst bei uns alt werden. Wir sind doch mittlerweile wie deine Familie!". Jeden Sonntag ging Nikolaus Schneider zum Gottesdienst ins

nächste Dorf nach Hof. Dort kam er dann und wann mit Einheimischen ins Gespräch und klagte sein Heimweh, weinte und erzählte von der Zerstörung Schalkenmehrens. Er erregte das Mitgefühl eines Mannes, der einen Brief an die Gemeinde Schalkenmehren und den Ortsbürgermeister Felix Jungen (Demertz Felix) schrieb in der Hoffnung, dass sein Schreiben noch in dem zerstörten Dorf ankam, und so erreichte der Brief Ortsbürgermeister Jungen. Die Familie Schneider machte sich mit ihrem Onkel Philipp Schneider aus Ellscheid, der damals ein Auto besaß, auf den Weg zum Absender der Nachricht und dann war die Freude und Überraschung riesengroß. Im März 1956 kehrte der Vermisste nach Hause in sein geliebtes Schalkenmehren zurück, wo er mit viel Wohlwollen der Familie und der Dorfbewohner empfangen wurde, und „Nikla", wie er in der Familie genannt wurde, lebte bis zu seinem 94-igsten Lebensjahr bei seinen Angehörigen in der Eifel bei seiner richtigen Familie. Das Sandsteinkreuz ist nach einem Entwurf des bekannten Wittlicher Künstlers Hanns Scherl (1910 bis 2001) einfach und doch kunstvoll gestaltet. Das Kreuz steht nun 70 Jahre vor dem Eingang der Friedhofskapelle und wurde am 17. September 1950 von Definitor Lojo aus Mehren eingesegnet. An dieser Feier nahmen auch der Kirchenchor Schalkenmehren und eine Großzahl Besucher aus der Umgegend teil.

Der Kriegsspätheimkehrer, den man schon tot glaubte, „Nikla" Schneider © Familie Schneider-Schild